Gasumlage: Es knirscht im Gebälk der Koalition

SPD, Grüne und FDP wollen Gasimporteure vor der Insolvenz retten, aber finden keinen populären Weg. Das heizt die Spannungen zwischen den drei Parteien an. Ein Kommentar.

In der Koalition knirscht es: Aus den Reihen der Sozialdemokraten wird die Kritik an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lauter. Ein Grund dafür ist die Gasumlage, über welche die Bürger Gasimporteure vor der Insolvenz bewahren sollen – über die aber auch profitable Unternehmen unterstützt werden.

SPD-Chef Lars Klingbeil warf Habeck nun handwerkliche Fehler vor und forderte statt "schöner Worte" Korrekturen und eine Politik mit Substanz. Mit seinen Worten wollte Klingbeil aber nicht nur Kritik äußern, sondern auch einen politischen Konkurrenten bloßstellen.

Denn Habeck ist seit geraumer Zeit der Liebling der Medien, wird als der "bessere Kanzler" gegen Scholz aufgebaut und als jemand präsentiert, der vermeintlich die politische Kommunikation revolutioniert.

Auf die Sozialdemokraten muss das wie ein Affront wirken; ihr Kanzler ist schließlich das komplette Gegenteil von dem, was man Habeck andichtet. Olaf Scholz (SPD) wirkt wie der klassische Bürokrat: bar von Charisma – dafür arrogant.

So verwundert es nicht, dass Klingbeil in seiner Kritik auf Habecks "interessanten Kommunikationsstil" anspielt. Zweifellos nutze er ihn und man merke, "dass das in der Öffentlichkeit gut ankommt", sagte Klingbeil gegenüber Zeit Online. Am Ende zählten aber nicht nur schöne Worte: "Es muss vor allem die Substanz stimmen".

Es könne nicht sein, so Klingbeil, dass Unternehmen einerseits in der Krise Milliarden verdienten und andererseits mit weiteren Milliarden unterstützt würden. Die handwerklichen Fehler der Gasumlage müssten gemeinsam ausgeräumt werden. Welche Fehler wie beseitigt werden könnten, sagte der SPD-Vorsitzende nicht.

Habeck hatte seinerseits angekündigt, Korrekturen prüfen zu wollen. Er wolle rechtssichere Möglichkeiten ausloten, um "Trittbrettfahrer" bei der Umlage wieder auszusortieren. Also diejenigen Unternehmen, die zwar Gas zu höheren Preisen importieren und die Kosten nicht weiterreichen können, die deswegen aber nicht vor dem Ruin stehen.

Wie dieses Problem gelöst werden kann, ist noch nicht klar. Eine Korrektur gilt als juristisch kompliziert. Wohl auch, weil das EU-Wettbewerbsrecht mitzudenken ist, das staatliche Beihilfen bis auf einige Ausnahmen untersagt.

Aus der SPD kommt dennoch der Vorschlag, die Gasimporteure "prioritär über staatliche Direkthilfen" zu retten. Laut Handelsblatt hatte die energiepolitische Sprecherin Nina Scheer diesen Vorschlag unterbreitet. Der Staat müsste sich dafür an dem Unternehmen direkt beteiligen und dann weiteres Kapital aus Steuermitteln zur Verfügung stellen.

Doch diesem Vorschlag haftet ebenfalls ein Problem an: Er ließe sich wohl kaum der Öffentlichkeit gegenüber rechtfertigen. Über die Umlage sollen rund 34 Milliarden Euro eingespielt werden, die dann an – bislang – zwölf Unternehmen verteilt werden. Allein Uniper bekomme laut Handelsblatt rund 23 Milliarden Euro ab.

Diese Summen aus dem Staatshaushalt zu nehmen, würde bedeuten, dass sie an anderer Stelle eingespart werden müssten. Gleichzeitig würde die Bundesregierung damit signalisieren: Geld ist da – nur nicht für die armen Menschen in der Gesellschaft. Schließlich hat es die Koalition bislang nicht eilig, für sie zeitnah ein weiteres Entlastungspaket zu verabschieden.

In der Bundesregierung hat das zu einer eigenartigen Situation geführt: Die Grünen suchen die Schuld bei der FDP, die FDP bei den Grünen und die SPD-Führung sucht sie bei Robert Habeck – doch keiner sucht sie bei sich selbst.

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