Gasvorkommen im Senegal: Auch Deutschland will ein Stück vom Kuchen
Umweltorganisationen kritisieren deutsches Engagement zur Förderung von Erdgas im Senegal. Es geht um einzigartige Naturparks und den Klimaschutz, den die Bundesregierung oft nur mit Worten angeht.
Die Rohstoffe Afrikas sind in Deutschland begehrt. Hatte die Bundesregierung lange daraufgesetzt, Afrika als Quelle von grünem Wasserstoff zu erschließen, so wecken jetzt auch Erdöl und Erdgas das Interesse in Berlin.
Als das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) im letzten Jahr seinen "PtX-Atlas" vorstellte, hieß es noch, die Länder Westafrikas können den weltweiten Bedarf an grünem Wasserstoff decken. Auch das Bundesforschungsministerium hatte einen "Potenzialatlas Wasserstoff" veröffentlicht.
In diesem Jahr sind wieder die fossilen Energieträger in den Fokus geraten. In Russland möchte man sie nicht mehr einkaufen, deshalb sollen andere Lieferanten erschlossen werden. Der Senegal ist eines der Länder, auf die man jetzt hofft.
Vor der Küste des Senegal und seines nördlichen Nachbarn, Mauretanien, will der Ölkonzern BP gemeinsam mit anderen Investoren ein großes Gasfeld erschließen und ausbeuten. Geplant ist auch der Bau eines schwimmenden Exportterminal für verflüssigtes Erdgas (LNG). Ab Ende 2023 sollen ungefähr 3,4 Milliarden Kubikmeter pro Jahr verschifft werden.
Deutschland setzt sich für Investitionen in fossile Energieträger ein
Zunächst soll der Export nach Asien gehen. Aber Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall eine Zusammenarbeit angeboten – sicher mit dem Hintergedanken, auch einen Teil des deutschen Bedarfs mit Gas aus dem Senegal zu decken. Wie viel die Bundesregierung zu dem 4,8 Milliarden US-Dollar teuren Projekt beisteuern wird, ist bislang nicht bekannt geworden.
Dass die Bundesregierung trotz aller Bekenntnisse zum Klimaschutz an Projekten mit fossilen Energieträgern interessiert ist, hatte Scholz beim G7-Gipfel deutlich gemacht. Unter der deutschen Präsidentschaft wurde ein Bekenntnis zu neuen staatlichen Investitionen in fossile Energieträger in das Abschlussstatement aufgenommen.
Umweltorganisationen riefen die Bundesregierung nun zu einem Umdenken auf. "Mit Energiesicherheit und nachhaltiger Entwicklung haben die Pläne der Bundesregierung im Senegal nichts zu tun: Frühestens ab Ende 2023 könnte eine geringe Menge an fossilem Flüssigerdgas über das geplante Terminal exportiert werden", erklärte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die Energielücke im kommenden Winter schließe man damit nicht.
Dagegen ermögliche man es, die Förderung von fossilen Energieträgern noch über Jahrzehnte gewährleisten. Das Terminal wird mit einer Laufzeit von 20 Jahren geplant; aber die Kapazität der umliegenden Gasfelder würde es ermöglichen, die Produktion für 30 bis 50 Jahre fortzusetzen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von DUH und urgewald.
Einzigartige Ökosysteme sind bedroht
Hinzu kommt, dass durch das Gasfeld einzigartige Ökosysteme bedroht werden. Es sei eine Region mit einer reichen Tierwelt, heißt es in der Erklärung; sie biete unter anderem Millionen von Vögeln Zuflucht auf ihrer Reise zwischen Afrika und der Arktis. Außerdem lägen in der Nachbarschaft mehrere Nationalparks, ein Meeresschutzgebiet und das größte Kaltwasserkorallenriff der Welt. Bislang spielen sie aber nur eine untergeordnete Rolle.
Regine Richter von urgewald kritisierte, dass sich die Regierungen scheinbar nur wenig für den Klimaschutz kümmern. Denn der Senegal sei nur ein Land von vielen, "in dem die Gasinfrastruktur für den Export ausgebaut werden soll". Allein in Afrika seien in Kamerun, Dschibuti, Mosambik, Nigeria, Republik Kongo und Tansania LNG-Terminals für den Export geplant. Und westliche Konzerne wie BP oder Eni oder Total seien eingebunden. Und die Regierungen würden mit Krediten und Garantien unterstützen.
Eigentlich hatten die Regierungen das Gegenteil beteuert. Im Glasgow Statement hatten sie sich und öffentliche Banken verpflichtet, ab 2023 keine neuen Kohle-, Öl- und Gasprojekte mehr mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen.
Der Krieg in der Ukraine bietet allerdings die passende Ausrede, sich nicht daran halten zu müssen.