Gaza-Krieg: Israel bereitet finalen Einmarsch vor, trotz Warnungen vor Katastrophe

Israelische Panzer sammeln sich am Rand des Gazastreifens bei ersten Einsätzen 2023

Israelische Panzer sammeln sich am Rand des Gazastreifens bei ersten Einsätzen 2023. Bild: IDF

Israelische und ägyptische Vertreter sprechen von sechswöchiger Operation. Satellitenbilder zeigen Evakuierungscamps. Über den Plan und seine Folgen.

Eine Evakuierung der Zivilbevölkerung aus Rafah unter den gegenwärtigen Bedingungen sei nicht "möglich", da der Gazastreifen völlig zerstört ist. Das erklärten Vertreter des Roten Kreuzes gestern, während Israel sich auf die Invasion der Stadt vorbereitet.

Wohin sollen die Menschen fliehen?

"Wenn wir das Ausmaß der Zerstörung im mittleren Teil (des Gazastreifens) und im Norden sehen, ist es für uns nicht klar, wohin die Menschen gebracht werden sollen ... wo sie eine angemessene Unterkunft und die wichtigsten Dienstleistungen erhalten können", sagte Fabrizio Carboni, Direktor für den Nahen Osten beim Roten Kreuz, gegenüber AFP.

Mit den Informationen, die wir haben, und von unserem Standpunkt aus, halten wir diese (massive Evakuierung) nicht für möglich.

Nach Berichten des Wall Street Journals (WSJ) bereitet sich das israelische Militär darauf vor, in den südlichen Gazastreifen um Rafah einzumarschieren. Dort sind bis zu 1,5 Millionen Palästinenser geflohen, da der Norden vom israelischen Militär eingenommen wurde.

Washington und Kairo wollen scheinbar kooperieren

Die Invasion wurde seit einiger Zeit angekündigt und scheint nun bevorzustehen, während Israel seine Angriffe auf den gesamten Gazastreifen intensiviert und bei Angriffen am Wochenende 22 Menschen in Rafah tötete, darunter 18 Kinder. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu sagte am Sonntag:

In den kommenden Tagen werden wir den militärischen und diplomatischen Druck auf die Hamas erhöhen, denn nur so können wir unsere Geiseln frei bekommen und unseren Sieg erringen.

Nach Angaben von WSJ, das sich auf ägyptische Quellen beruft, soll Israels Evakuierung von Zivilisten aus der Stadt zwei bis drei Wochen dauern. Die Durchführung geschehe dabei in Zusammenarbeit mit den USA, Ägypten und anderen arabischen Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate.

Evakuierungszonen und Zeltkomplexe

"Erstens: Es wird geschehen. Zweitens werden wir einen sehr straffen Einsatzplan haben, weil die Situation dort sehr komplex ist. Drittens gibt es gleichzeitig eine humanitäre Reaktion", sagte ein israelischer Sicherheitsbeamter.

Die Invasion soll dabei schrittweise umgesetzt werden. Die israelischen Streitkräfte werden sich dabei auf Gegenden konzentrieren, wo Hamas-Führer vermutet werden. Die Operation soll laut WSJ voraussichtlich mindestens sechs Wochen andauern.

Im Rahmen der Evakuierung sollen Zivilisten unter anderem in die nahe gelegene Stadt Khan Younis in Gaza gebracht werden, wo Israel Unterkünfte mit Zelten, Lebensmitteln und medizinischen Einrichtungen einrichten wird. Satellitenfotos, die von Associated Press untersucht wurden, zeigen offenbar einen neuen Zeltkomplex, der in der Nähe der Stadt errichtet wurde.

Die israelische Zeitung Haaretz berichtet, dass Ägypten das Lager im Hinblick auf eine mögliche israelische Offensive in Rafah aufbauen lasse, ohne allerdings die Quelle dafür zu benennen. Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte erklärten gegenüber AP, dass sie nicht hinter dem Bau der Zelte stehen.

Warnungen vor humanitärer Katastrophe

Nach Reuters-Berichten und Satellitenbildern vom Februar hat Ägypten auf dem Sinai in der Nähe der Grenze zu Rafah bereits eine Sicherheitszone errichtet. Es wurde gemutmaßt, dass es Exodus-Vorkehrungen sein könnten, um fliehende Gaza-Bewohner im Zuge eines israelischen Einmarsches aufzunehmen. Kairo erklärte, dass es sich lediglich um ein Logistik-Zentrum für Hilfslieferungen für den Gazastreifen handele.

Nach israelischen Angaben ist Rafah, wo nach Angaben von Tel Aviv vier intakte Bataillone der Hamas stationiert sind, die letzte große Hochburg der Hamas in Gaza, nachdem die israelischen Streitkräfte im Norden und im Zentrum der palästinensischen Enklave einmarschiert sind und kämpfen.

Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe, sollte Israel seine Pläne im Süden durchführen. Auch der wichtigste Verbündete Tel Avivs, die USA, haben sich von dem Vorhaben distanziert. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Freitag:

Präsident Biden hat sich in dieser Frage sehr deutlich geäußert: Wir können eine größere Militäroperation in Rafah nicht unterstützen.