Gefahr für Europas Obstkorb: Dürre in Spanien bedroht Anbau von Exportfrüchten

Blaubeeren wachsen auch in Deutschland, kommen aber eben nur saisonal. Sie kommen hierzulande zum Teil aus Spanien. Foto: Knulclunk / CC-BY-SA-2.0

Hohe Ernteverluste, kleinere Früchte – Meerwasserentsalzung als Notlösung: Warum Lebensmittelpreise weiter steigen könnten.

Der Frühling hat eben erst begonnen, da vermeldet Spanien schon seinen ersten großen Waldbrand: Ende März brannten 4.600 Hektar bei Villanueva de Viver im Osten des Landes nieder. Rund 1600 Menschen mussten vor den Flammen fliehen. Als eine mögliche Ursache vermuten die Behörden eine falsch durchgeführte landwirtschaftliche Verbrennung. Spanien erlebe das fünfte Dürre-Jahr in Folge, erklärte Teresa Ribera, Ministerin für Ökologischen Wandel. Man müsse ab jetzt auch außerhalb der Brandsaison immer öfter mit größeren Feuern rechnen.

Erlebe Spanien noch einen Sommer, in dem die Temperaturen 20 Tage lang nicht unter 35 Grad fallen und es vier Monate lang nicht regnet, werde die Vegetation beim ersten Blitzeinschlag in Flammen aufgehen, fürchtet der Waldexperte Pablo Martín Pinto.

Im Süden des Landes dauert die Trockenheit bereits seit 2015 an. Im vergangenen Herbst und Winter blieb der Regen weitgehend aus. Rund um Sevilla und Málaga sind die Stauseen teilweise nur noch zu zehn Prozent gefüllt. In Sevilla regnete es im Dezember gerade mal 20 Liter pro Quadratmeter. Normalerweise fallen im langjährigen Mittel bis Ende März 120 bis 160 Liter. Auch die Flüsse sind nahezu ausgetrocknet. Unterdessen sinkt der Grundwasserspiegel immer tiefer.

In 200 Meter Tiefe finde man zwar hier und da noch Wasser, jedoch in schlechter Qualität, erklärt der Mitarbeiter eines Wassertransportunternehmens, das täglich die Becken der Plantagen befüllt, im Interview mit wetteronline.de. Zum Einen sei es zum Bewässern zu salzig, zum Andern reiche es ohnehin nicht aus für alle Plantagen.

Im Nordosten, in der Region um Barcelona sind die Stauseen gerade mal zu einem Fünftel gefüllt. In den Bergen hat es im Winter kaum geschneit. In den letzten zwei Jahren war es in Spanien sehr trocken, weiß Klima-Experte David Volken. Es sei um 0,5 bis 0,7 Grad wärmer. Die Verdunstung nimmt zu, somit verbleibt weniger Wasser in den Böden. Das Wasser wird für die landwirtschaftliche Bewässerung aber auch für die Stromproduktion genutzt.

Der Staussee bei Barcelona wurde in den 1960er Jahren geflutet, um das Wasser aus der Schneeschmelze aufzufangen und Strom zu produzieren. Inzwischen muss die Landwirtschaft mit einem Viertel weniger Wasser auskommen, die Viehzucht mit zehn Prozent weniger.

Auch auf Mallorca war es im Herbst und Winter (außer im Februar) außergewöhnlich trocken. Die Wasserspeicher sind noch maximal bis zur Hälfte gefüllt. Auf Mallorca gibt es weder Flüsse noch Seen, die Insel ist abhängig vom Grundwasser, erklärt Juana Muntana. Wenn sich die Wasserspeicher nicht bald wieder auffüllen, werde die Situation im Sommer schwierig, fürchtet die Direktorin der Wasserressourcen der Balearen.

Die trockenen Perioden sind länger geworden, die Regenzeiten kürzer, dafür heftiger. Immer häufiger komme es zu Sturzfluten. Das Wasser kann dann vom Boden nicht so schnell aufgenommen werden. Während der Hitzewellen verdunstet noch mehr Wasser, weshalb die Pflanzen noch mehr Wasser brauchen. Über die Jahrhunderte haben sich die Pflanzen an das Klima auf der Insel angepasst, sagt Miquel Serra vom Landwirtschaftsverband Apaema.

Innerhalb der letzten Jahrzehnte habe sich das Klima drastisch verändert. Von der Dürre sind die Mandel- und Feigenbäume auf der Insel bedroht. Einen weiteren Extrem-Dürre-Sommer werden Kichererbsen, Wassermelonen, Tomaten und andere Gemüsearten sicher nicht überstehen. Das Schlimmste sei, dass man sich nicht mehr auf die Regenfälle am Ende des Sommers verlassen könne. Auch der Tourismus könnte unter der extremen Dürre leiden.

Südspanien: Friedhof der Avocado-Bäume

In den Bergen von Malaga werden Plantagen immer höher an den Hängen angebaut, obwohl die Grenze für die Bewässerung gerade mal bei 140 Höhenmetern liegt. Avocados brauchen besonders viel Wasser: Eine Pflanze verschlingt 800 bis 1000 Liter. Hier in Andalusien gibt es zwar viel Sonne, aber zu wenig Wasser.

In der Hoffnung, dass die jungen Bäume überleben, rissen einige Bauern inzwischen alte Bäume heraus, doch einige Stümpfe treiben wieder neu aus. Andere reißen mit Bulldozern auch jüngere Bäume mit den Wurzeln heraus. Antonio Gil bewässert seine Plantage über eine Bewässerungsanlage mit Wasser aus einem Brunnen, doch auch seine Pflanzen leiden unter der Dürre. So fielen die Früchte im letzten Sommer deutlich kleiner aus.

Mit einem neuartigen effizienten Bewässerungssystem bringt Avocado-Bauer José Fernandez das Wasser bis an die Wurzeln, so dass kein Tropfen verschwendet wird. Damit konnte er seinen Wasserverbrauch zwar halbieren, einen Teil seiner Ernte verlor er trotzdem.

Statt Avocados will er nun Mangos anbauen, weil die weniger Wasser verbrauchen. In der Region lagen die Verluste der letzten Ernte bei 40 Prozent. Landwirtschaftsexperte Thomas Hettinger, der die Avocado-Plantagen kontrolliert, erschrecken besonders die kaputten Bäume. Er befürchtet, dass die nächste Bio-Avocado-Ernte in der Region ausfallen könnte.

Der extreme Wassermangel ist nicht nur Ergebnis des vergangenen Jahres, ist sich der Ökologe Rafael Yus sicher. Es sei das Ergebnis von mehreren Jahren starker Übernutzung durch landwirtschaftlichen Verbrauch, kombiniert mit ausbleibendem Regen. Zwar habe die spanische Regierung im August 2022 Wassersparpläne aktiviert, doch die Maßnahmen kamen zu spät, um das Reservoir noch zu retten. Längst stünde ein Wandel in der Landwirtschaft an.

Doch noch ist man im größten Avocado-Garten Europas offenbar nicht bereit für einen Wandel in der Landwirtschaft. Zu groß sind die Gewinnspannen bei Mangos und Avocados, zu hoch die Nachfrage aus dem Norden Europas.

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