Gehirnprogrammierung mit Licht
Forschern ist es gelungen, Nervenzellen von Mäusen mit Licht sowohl zu aktivieren als auch auszulesen
Wenn Ophiocordyceps unilateralis eine Ameise befällt, setzt der Pilz zunächst eine Spore auf dem Außenskelett des Tieres ab. Daraus wächst ein Pilzfaden in den Kopf und programmiert das Verhalten der Ameise auf chemische Weise derart um, dass diese wie ferngesteuert zum Erdboden kriechen (wo es für die Entwicklung des Pilzes angenehm warm und feucht ist), in die Ader eines Blattes beißen und sich nicht mehr rühren, bis sie gestorben sind.
Toxoplasma gondii verändert das Verhalten der Maus derart, dass diese sich nicht mehr vor Katzen fürchtet - so landet der Erreger der Toxoplasmose schneller in seinem Hauptwirt, wo er sich am wohlsten fühlt. Bisher sind sich die Biologen noch nicht sicher, wie der Parasit das bewerkstelligt, bleibt die Verhaltensänderung doch auch nach dem Abklingen der Infektion erhalten. Vermutlich nehmen von Toxoplasma gondii produzierte Proteine der Maus die überlebenswichtige Angst.
Menschliche Forscher haben sich einen anderen Weg ausgedacht, Nervenzellen zu aktivieren und ihren Zustand auszulesen. Im Wissenschaftsmagazin Nature Methods beschreiben sie ihr Vorgehen.
Zur Anwendung kommen dabei drei Tricks, die für sich genommen nicht neu sind: Zum einen erweiterten sie die Neuronen der im Experiment eingesetzten Mäuse genetisch um ein Molekül, das bei Anwesenheit von Kalzium in der Zelle durch Fluoreszenz reagiert. Das ist ein Zeichen dafür, dass eine solche Zelle durch einen elektrischen Impuls aktiviert wurde. Zum zweiten fügten sie den Nervenzellen ein Sehpigment hinzu, ein Molekül also, das bei Reizung durch Licht elektrische Impulse abgibt.
Auf diese Weise lässt sich der Zelle künstlich ein Reiz aufprägen. Nun braucht man bloß noch das Schreiben und Auslesen der Impulse zu organisieren. Das erfolgte im Experiment unter einem Mikroskop (Lesen) beziehungsweise mit Hilfe von ultrakurzen Laser-Impulsen (Schreiben). Die Lichtblitze bei der Aktivierung waren dabei kurz genug, das Auslesen der Lichtsignale der Fluoreszenz nicht zu behindern.
Auf diese Weise konnten die Forscher erfolgreich in Echtzeit beobachten, wie in der Hirnrinde einer lebenden Maus die elektrischen Signale von Neuron zu Neuron weitergegeben werden. Das könnte, hoffen die Forscher, sowohl zum Verständnis der Hirnfunktion beitragen als auch der Diagnose von Fehlschaltungen dienen. Mit dem Verfahren, betonen die Forscher, können sie Aktivitätsmuster nicht nur aufzeichnen, sondern auch erneut abspielen - und so am Verhalten der Maus beobachten, was eine bestimmte Veränderung bewirkt.