Geklautes Foto: Verfassungsschutz abgemahnt

Inlandsgeheimdienst hatte Foto widerrechtlich verwendet. Fotograf wehrte sich erfolgreich. Warum er auf einen problematischen Passus im Vergleich nicht einging.

"Ein Freund hat mich angerufen und mir gesagt: 'Du bist im Verfassungsschutzbericht'", schilderte der Fotograf Julian Rzepa gegenüber Telepolis. Dadurch habe er erfahren, dass der Verfassungsschutz von Baden-Württemberg ohne seine Einwilligung ein Foto verwendete, das er auf der Homepage des freien Senders Radio Dreyeckland veröffentlicht hatte und das mit Copyright versehen war.

Dort wird über eine Demonstration nach der Räumung eines Hauses in Freiburg im Dezember 2021 berichtet. Dort ist ein Foto von Rzepa zu sehen, auf dem Demonstranten ein Transparent tragen. Darauf steht: "Jede Räumung hat ihren Preis".

Das Foto wird von einem Text flankiert, aus dem die Sympathie mit den Hausbesetzern spricht:

Wo vor wenigen Tagen noch zwei bunte, einladende Häuschen standen, sind nur noch Trümmer und Bauzäune vorzufinden. Ein weiterer Freiraum in der Freiburger Innenstadt ist einfach weg. Am Montag, den 29. November wurden zwei besetzte Häuschen in der Gartenstraße 19 ausgeräumt und abgerissen.

Der Verfassungsschutz hingegen stellte Rzepas Foto unter einen Text, der sich eindeutig gegen die Besetzung positionierte, was schon in der Überschrift deutlich wurde:

"Linksextremisten reagieren auf Abriss des Freiburger Szeneobjekts G19", heißt es dort. Darunter wird noch einmal die Lesart der Ereignisse aus Sicht des Inlandsgeheimdienstes bestätigt:

Der polizeilich durchgesetzte Abriss des ehemals besetzten Szeneobjekts Gartenstraße 19 ("G19") hat in Freiburg zu mehreren Protestkundgebungen und Resonanzstraftaten geführt, die alle von der linksextremistischen Szene initiiert wurden. In Zeiten steigender Mietkosten und Wohnungsnot bietet das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" Linksextremisten die Möglichkeit zum Schulterschluss mit zivilgesellschaftlichen Akteuren.

Landesamt des Verfassungsschutzes Baden Württemberg

Aktuell findet man die Seite allerdings nur noch im Internetarchiv. Auf der Homepage des Verfassungsschutzes kann sie nicht mehr aufgerufen werden. Das liegt an einer erfolgreichen Abmahnung des Landesamtes für Verfassungsschutz durch Radio Dreyeckland.

Schnelle Solidarität

Als er von der widerrechtlichen Nutzung des Fotos durch den Verfassungsschutz erfahren hat, sei er zunächst ratlos gewesen, wie er sich dagegen wehren kann, berichtete der Fotograf gegenüber Telepolis. Daher habe er über die sozialen Netzwerke gefragt, ob eine Klage erfolgversprechend ist. Die Reaktionen hätten ihn positiv überrascht.

Es haben nicht nur zwei Medienanwälte ihre Unterstützung angeboten. Ich bekam auch sofort Informationen über einen ähnlichen Fall.

Im Jahr 2014 hatte das Berliner Landgericht entscheiden, dass der Inlandsgeheimdienst von Mecklenburg-Vorpommern nicht ohne Zustimmung ein Foto der Band Feine Sahne Fischfilet hätte übernehmen dürfen. Die antifaschistisch orientierte Punk-Band wurde damals von den Diensten im Bereich Linksextremismus aufgelistet.

Von den positiven Reaktionen und Informationen ermutigt, beauftrage Rzepa den Rechtsanwalt David Werdermann mit der Klage gegen den Verfassungsschutz. Der Jurist hat sich in den letzten Jahren immer wieder der juristische Verteidigung der Grundrechte im Medienbereich gewidmet. Auch in diesem Fall hatte er Erfolg.

Keine Verschwiegenheitspflicht akzeptiert

Der Verfassungsschutz hatte zunächst einen Vergleich angeboten, in dem eine Verschwiegenheitspflicht enthalten war. Doch diese Klausel wurde Werdermann und seinen Mandanten nicht akzeptiert. Der Verfassungsschutz ging darauf ein, sodass die juristische Auseinandersetzung damit beendet ist – und wir berichten können.

Rzepa bekommt eine Entschädigung von 1.500 Euro. Doch wichtig ist für ihn auch das Signal: Man kann sich gegen Rechtsverstöße des Geheimdienstes wehren:

Mir war es wichtig, dass der Verfassungsschutz mein Foto nicht nutzt. In dementsprechenden Medien möchte ich meine Bildwerke nicht sehen. Der Verfassungsschutz arbeitet alles andere als journalistisch, sondern hetzt in dem Artikel beispielsweise. gegen linke Proteste.

Daher stand für ihn auch nie zur Debatte, nur eine Honorarforderung für das Foto an den Verfassungsschutz zu stellen: "Ich wähle meine Kundinnen und Kunden aus und der Inlandsgeheimdienst gehört zu dieser Gruppe genauso wenig wie auch rechte Verlage."

Daher war es ihm auch wichtig, nicht an eine Verschwiegenheitspflicht gebunden zu sein. Diese Klausel ist auch dafür verantwortlich, dass man bisher über Fälle, in denen sich Journalist:innen erfolgreich gegen die unberechtigte Verwendung ihrer Fotos durch die unterschiedlichen Ämter des Verfassungsschutzes wehren, wenig bekannt ist.

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