Gewalt im Freibad: Was tun gegen prügelnde und Frauen belästigende Machos?

Lösungsvorschläge zwischen harten Linien, Placebo-Politik und Pädagogik: Die größten Wasserfontänen machen Paketbomben von rechts. Die Linke hat nichts zu bieten?

Damit die Bademeister weiter ihre gemütlichen Runden in Schlappen ziehen können, will man ihnen in Österreich Deeskalationsteams zur Seite stellen, das Alarmierungssystem in Freibädern updaten und die Verbindung zur lokalen Polizei verbessern.

Die Angst vor "Berliner Verhältnissen" schwappt sogar über die Alpen, berichtet die Berliner Zeitung. Grund: Jugendgangs bedrohen Bademeister mit Fahrradketten.

In den Niederlanden steht die Polizei an manchen Bädern im Mannschaftswagen bereit, das Personal wird mit Bodycams ausgestattet. Es sind meist Bäder in der Grenzregion zu Belgien. "Die belgischen Männer haben wiederholt für schlechte Stimmung in den Bädern gesorgt", heißt es dazu.

Ein Problem der ganzen Republik?

In Deutschland türmen sich gerade die Vorschläge für ein friedlicheres Baden und Sonnen an den öffentlichen Pools.

Ganz oben auf dem Zehnmeter-Turm steht der neue Shooting-Star der CDU, Carsten Linnemann, der als designierter Generalsekretär eine neue Erkennungsmelodie für seine Partei sucht. Die Konservativen sind in der Krise, die Freibäder in Berlin auch, also schallt es vom Turm: "Hart durchgreifen".

Wer mittags im Freibad Menschen angreift, muss abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden. Auch am Wochenende.

Carsten Linnemann, Tagesschau

Grund sind die tatsächlich erschreckenden Bilder von Gewalt in Berliner Freibädern (meist als besonders übel hervorgehoben, die Zustände im Columbiabad). Dazu kommen Meldungen von sexuellen Übergriffen an Frauen. Dass die Bademeister damit überfordert sind, braucht keine Erklärung.

Was aber ist sinnvolle Unterstützung?

Der Linnemann-Vorschlag wurde zwar auch im Süden der Republik gehört – und heute Morgen dankbar vom bayerischen Justizminister Georg Eisenreich, CSU, unterstützt: Ein berechtigtes Anliegen, sagte er, weil bei "Straftaten durchgegriffen werden muss und dass die Strafe zügig erfolgen muss" (Bayern 2).

Die Unterstützung aus dem tiefen Süden ist keine Überraschung. Die bayerische Justiz hat, wie sich beim Umgang mit den Klimaaktivisten der letzten Generation zeigte, ihre Erfahrungen in Schnellverfahren. Und ist daher prinzipiell sehr dafür.

Außerdem hat man derzeit kein auffallendes Problem mit Gewalt in Freibädern. "Die Situation in Bayern ist nach allen Zahlen, die ich sehe, überhaupt nicht mit der Situation in Berlin vergleichbar", so Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im Radiosender Antenne Bayern.

In Deutschland wäre die Justiz mit der Forderung Linnemanns personell überfordert, so der Deutsche Richterbund: Das sei "nicht umsetzbar".

Auch die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) schränkte ein: Solche Schnellverfahren kämen nur "bei einfachen Sachverhalten mit eindeutiger Beweislage in Betracht". Bei Jugendlichen sei das Verfahren zudem nicht möglich.

Politik mit Placebo-Effekt

Linnemann weiß, dass es nur eine Ansage war, kein Sprung. Den Vorwurf einer Politik mit Placebo-Effekt kann man auch dem Regierenden Bürgermeister machen. Kai Wegner hatte zum vergangenen Wochenende eine Ausweispflicht für den Eintritt in die Bäder verfügt.

Immerhin eine konkrete Maßnahme, die aber praktisch offensichtlich so gehandhabt wird, dass es "wie wenig durchdachter Aktionismus wirkt", wie der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi seine Erfahrungen in einem Weddinger Freibad beschreibt:

Es wurde nur kontrolliert, ob man einen Ausweis dabei habe, aber: "eine Ausweiskontrolle macht ja nur Sinn, wenn ich z.B. über eine Liste von Leuten mit Hausverbot o.ä. verfüge und diese entweder lückenlos (hoher Aufwand) oder nach Verdacht kontrolliere. Das war eindeutig nicht der Fall.

Platscher vom Einser

Bei den Drukos zu diesem Tweet kommen dann die Paketsprünge vom Einser, die viel Platsch machen, Wasserfontänen und Klatscher garantiert: Wie es denn sein könne, dass jeder nach Deutschland ohne Pass reinkommt, aber für Freibäder brauche man als Bürger einen Ausweis?

Das könnte der Sieger im Sprungwettbewerb der populärsten Sprüche zum Thema sein. Begleitet wird er von bekannten Spung-Figuren vom Drei-Meter-Brett: "Wir müssen endlich über die Machokultur unter Muslimen sprechen", meint Kristina Schröder.

Sollten wir das Kind nicht offen beim Namen nennen? Es sind überwiegend männliche Jugendliche und junge Männer mit muslimischem Hintergrund, die derzeit in unseren Schwimmbädern für Stunk sorgen. Von "Machos, die zugewandert sind", spricht erfreulich unverblümt der Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister (BDS), Peter Harzheim.

Es seien vor allem "Jugendliche aus arabischen Familien", die sich vom Personal "nichts sagen lassen und als Mob auftreten", so Mitarbeiter des Berlin-Neuköllner Columbiabades in einem Brandbrief.

Kristina Schröder

Ihr Vorschlag? Es gibt keinen. Nur ganz allgemein: "operative Maßnahmen". Die Ausweispflicht könne "die Lage vielleicht situativ entspannen, unser Problem aber mit Sicherheit nicht lösen". Das Problem? Sehr groß: eine "wachsende Gruppe in unserer Gesellschaft (…), die im Binnenverhältnis Normen und Werte lebt, die mit unserer Art zu leben kaum vereinbar sind".

Unterstützung gibt es von der FAZ: "Jugendliche mit Migrationshintergrund erklären Freibäder zu ihrem Territorium. Frauen gelten als Freiwild. Das ist das Ergebnis einer jahrelangen Schönfärberei. Man hätte längst etwas dagegen tun müssen."

Aber was? "Schnellere Strafen und mehr Polizei (…). Sollte das nun tatsächlich realisiert werden, wofür man Justiz und Polizei erst einmal in die Lage versetzen müsste, wäre das ein Anfang."

Von Links sind keine Vertreter auf den Sprungtürmen, die etwas vorführen, das die Aufmerksamkeit der Badegäste bekommt.

Dafür gibt es von einem Psychologen, der sich seit Jahrzehnten mit Migrations- und Integrationsfragen beschäftigt, den probat klingenden Vorschlag, mal mit den Eltern der Halbstarken-Jugendlichen ins Gespräch zu gehen.

Wir stehen am Anfang und sind dazu verdammt, klein anzufangen. Wir müssen zu den Elternhäusern und dort ins Gespräch kommen, präventive Arbeit leisten. Viele Eltern wissen gar nicht, dass die Kinder auffällig und gewalttätig geworden sind.

Kazım Erdogan

Zum Schluss noch ein anspruchsvoller Sprung mit pädagogischem Effekt: Zutritt in Freibäder nur mit dem Goldenen Schwimmabzeichen. Schließlich soll der Nachwuchs richtig schwimmen lernen und die überschüssigen Kräfte woanders hingelenkt werden.