Gewinner und Verlierer des Ukraine-Kriegs
Nach einem Jahr Krieg: Wer leidet, wer profitiert? Eine Auflistung, die nur eine Schlussfolgerung zulässt: Jeder weitere Tag ist eine Katastrophe, für die Ukraine und die Welt.
Wie jeder Krieg produziert auch der Ukraine-Krieg viele Verlierer. Es gibt aber auch Profiteure, die aus den Kriegshandlungen ihren Vorteil ziehen und an Einfluss gewinnen.
Ein Überblick über die Gewinner und Verlierer nach einem Jahr Krieg.
Verlierer 1: Menschen und Soldaten in der Ukraine
17,6 Millionen Menschen – das sind fast 40 Prozent der ukrainischen Bevölkerung – sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Mehr als 7.000 Zivilisten wurden getötet. Das sind nur die von der Uno bestätigten Zahlen. Die tatsächliche Zahl der zivilen Opfer ist sicherlich höher. Schätzungen gehen zudem davon aus, dass auf beiden Seiten mehr als 100.000 Soldaten getötet oder verwundet wurden.
Fast acht Millionen Menschen sind in die Nachbarländer geflohen. 5,3 Millionen Menschen wurden zu Binnenvertriebenen, von denen viele in Sammelunterkünften Schutz suchen. Der Ukraine-Krieg löste damit die größte Flüchtlingskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg aus.
Unzählige Menschen haben sich tage- und wochenlang in Kellern verschanzt, um Schutz vor Bomben zu suchen. Wohnhäuser, Schulen, Krankenhäuser und andere wichtige zivile Infrastrukturen wurden zerstört. Ganze Städte, Ortschaften und Dörfer wurden schwer beschädigt.
Pramila Patten, UN-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten, berichtet zugleich von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen im Zuge des Krieges, siehe den Telepolis-Beitrag dazu. Bereits zwei Monaten nach Kriegsbeginn lagen der UN 124 Berichte über derartige Übergriffe vor, die überprüft worden waren. In 102 Fällen soll es sich bei den Tätern um russische Soldaten, in zwei weiteren Fällen um mit Russland verbundene Streitkräfte gehandelt haben.
Aber, wie Patten betont, handele es sich dabei nur um "die Spitze des Eisbergs", denn über Vergewaltigungen werde vor allem in Kriegsgebieten "chronisch zu wenig berichtet".
Die ukrainische Wirtschaft ist während der Kriegshandlungen um mindestens 35 Prozent geschrumpft, und das trotz 46 Milliarden Dollar Wirtschaftshilfe, die allein von den US-Steuerzahlern aufgebracht wurden, zusätzlich zu 67 Milliarden Dollar Militärhilfe.
Verlierer 2: Menschen im globalen Süden
Der Krieg hat eine Reihe von Welleneffekten insbesondere auf Länder des Globalen Südens gehabt. Die Auswirkungen des Konflikts zeigen sich in Form von Unterbrechungen der Lebensmittelversorgungsketten, von in die Höhe schießenden Energiepreisen und einer rasant steigenden Inflation.
94 Prozent der einkommensschwachen Länder, darunter auch Syrien, das gerade von einem tödlichen Erdbeben heimgesucht wurde, kämpfen derzeit mit einer Kostenexplosion, die zum Teil durch die Auswirkungen des Krieges auf die Lebensmittel- und Kraftstoffpreise begründet werden kann. Viele Menschen in armen Ländern sind von den ukrainischen Weizenexporten abhängig.
In den 20 Ländern, die laut der Beobachtungsliste des Internationalen Roten Kreuzes am stärksten von neuen humanitären Notsituationen bedroht sind, liegt die Inflation der Lebensmittelpreise bei fast 40 Prozent, so dass es für die Menschen noch schwieriger wird, ihre Familien zu ernähren, selbst wenn auf den Märkten Lebensmittel erhältlich sind. Rund 70 Millionen Menschen, die seit kurzem Zugang zu Strom erhalten haben, können sich diesen nun nicht mehr leisten.
Die Effekte des Krieges auf die Rohstoff- und Treibstoffpreise haben darüber hinaus zu einer weltweiten Krise der Ernährungssicherheit beigetragen. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2023 rekordverdächtige 349 Millionen Menschen in 79 Ländern von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sein.
Während die Menschen in Ostafrika weiterhin mit extremem Hunger zu kämpfen haben, wird die Schwarzmeer-Getreide-Initiative im März auslaufen, genau ein Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine. Die erneute Blockade könnte die Einfuhr von 80 Prozent des Getreides aus der Region auf den afrikanischen Kontinent behindern, so dass Länder wie Somalia am Rande einer Hungersnot stehen.