Klimawandel: Globale Erwärmung könnte uns 40 Prozent des Wohlstands kosten

Ein brennendes Feuerzeug mit den Symbolen von Kohle, Öl und Gas.

(Bild: M_Alf / Shutterstock.com)

Schäden des Klimawandels für Weltwirtschaft werden massiv unterschätzt. Eine neue Studie korrigiert bisherige Prognosen nach oben. Warum der Kollaps droht.

Laut einer neuen Studie meiner Kollegen und mir, die die globale Reichweite extremer Wetterereignisse und ihrer Folgen berücksichtigt, werden die Schäden des Klimawandels für die Weltwirtschaft wahrscheinlich massiv unterschätzt.

Bisherige Prognosen über die Auswirkungen des Klimawandels auf das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) gingen im Großen und Ganzen von geringen bis moderaten Schäden aus. Dies hat teilweise dazu geführt, dass nationale Anstrengungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen nicht mit der notwendigen Dringlichkeit angegangen wurden.

Diese Modelle haben jedoch häufig einen grundlegenden Fehler: Sie gehen davon aus, dass eine Volkswirtschaft nur vom Wetter im eigenen Land betroffen ist. Die Auswirkungen von Wetterereignissen in anderen Ländern, z. B. Überschwemmungen in einem Land auf die Nahrungsmittelversorgung in einem anderen, werden in den Modellen nicht berücksichtigt.

Unsere neue Studie soll hier Abhilfe schaffen. Nachdem wir die globalen Auswirkungen extremer Wetterereignisse in unsere Modelle einbezogen hatten, waren die prognostizierten Schäden für das globale BIP weitaus größer als bisher angenommen – und betreffen das Leben von Menschen in allen Ländern der Erde.

Wetterkatastrophen überall und auf einmal

Die globale Erwärmung wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Wirtschaft aus.

Am offensichtlichsten sind die Schäden durch extreme Wetterereignisse. Dürren können zu Ernteausfällen führen, während Stürme und Überschwemmungen große Zerstörungen anrichten und die Versorgung mit Gütern unterbrechen können. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen auch, dass Hitzewellen, die durch den Klimawandel verstärkt werden, zur Inflation der Lebensmittelpreise beigetragen haben.

Hitze verringert auch die Produktivität von Arbeitnehmern. Sie beeinträchtigt die menschliche Gesundheit und die Übertragung von Krankheiten und kann zu Massenmigration und Konflikten führen.

Die meisten bisherigen Studien gehen davon aus, dass selbst eine extreme Erwärmung um 4 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts nur geringe negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben wird – zwischen sieben und 23 Prozent.

Solche Modellrechnungen basieren in der Regel auf den Auswirkungen extremer Wetterereignisse in der Vergangenheit. Diese waren jedoch vorwiegend lokal oder regional begrenzt und wurden durch Bedingungen an anderen Orten ausgeglichen.

Es gab etwa in der Vergangenheit in Südamerika Dürren, während es in anderen Teilen der Welt reichlich regnete. Südamerika konnte daher auf den Import von Agrarprodukten aus anderen Ländern zurückgreifen, um Versorgungsengpässe im eigenen Land auszugleichen und einen Anstieg der Lebensmittelpreise zu verhindern.

Der Klimawandel wird jedoch das Risiko erhöhen, dass extreme Wetterereignisse in verschiedenen Ländern gleichzeitig und mit zunehmender Häufigkeit auftreten. Dies wird die Produktions- und Versorgungsnetze stören, den Handel beeinträchtigen und die Möglichkeiten der gegenseitigen Hilfe zwischen den Ländern einschränken.

Der internationale Handel ist für die globale Wirtschaftsproduktion von grundlegender Bedeutung. Daher haben wir untersucht, wie das zukünftige Wirtschaftswachstum eines Landes von den Wetterbedingungen in anderen Teilen der Welt beeinflusst wird.

Was haben wir herausgefunden?

Eines war sofort klar: Ein weltweit warmes Jahr führt zu einem geringeren globalen Wachstum.

Wir haben drei führende Modelle korrigiert, um die Auswirkungen des globalen Wetters auf die Volkswirtschaften zu berücksichtigen, und dann ihre Ergebnisse gemittelt. Unsere Analyse konzentrierte sich auf das globale Pro-Kopf-BIP – also die Wirtschaftsleistung der Welt, geteilt durch ihre Bevölkerung.

Wir fanden heraus, dass der geschätzte Schaden für die Weltwirtschaft von durchschnittlich elf Prozent (unter früheren Modellannahmen) auf 40 Prozent (unter unseren Modellannahmen) steigen würde, wenn sich die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als drei Grad erwärmt. Diese Schäden könnten die Lebensgrundlagen in weiten Teilen der Welt zerstören.

Frühere Modelle gingen davon aus, dass Volkswirtschaften in kalten Teilen der Welt, wie Russland und Nordeuropa, von höheren globalen Temperaturen profitieren würden. Wir haben jedoch festgestellt, dass die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft so groß sind, dass alle Länder stark betroffen sein werden.

Kosten vs. Nutzen

Die Reduzierung von Emissionen verursacht kurzfristig wirtschaftliche Kosten. Diese müssen gegen den langfristigen Nutzen der Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels abgewogen werden.

Jüngste ökonomische Modellrechnungen zeigen, dass dieses Gleichgewicht erreicht werden könnte, wenn die Emissionen in einem Umfang reduziert würden, der eine Erderwärmung von 2,7 Grad Celsius zulässt.

Dies entspricht in etwa dem derzeitigen Erwärmungspfad der Erde. Es liegt jedoch weit über den Zielen des Pariser Abkommens und den von Klimaforschern empfohlenen Grenzwerten für die globale Erwärmung. Außerdem basiert es auf den oben diskutierten falschen Annahmen.

Nach unseren neuen Forschungsergebnissen liegt das optimale Maß an globaler Erwärmung, das kurzfristige Kosten und langfristigen Nutzen ausgleicht, bei 1,7 Grad Celsius – ein Wert, der weitgehend mit dem ehrgeizigsten Ziel des Pariser Abkommens übereinstimmt.

Kurswechsel

Unsere neue Studie zeigt, dass frühere Prognosen über die Auswirkungen einer solchen Erwärmung auf die Weltwirtschaft viel zu optimistisch waren. Sie ergänzt andere aktuelle Belege dafür, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels stark unterschätzt wurden.

Der derzeitige Emissionspfad der Erde gefährdet eindeutig unsere Zukunft und die unserer Kinder. Je früher die Menschheit begreift, welche Katastrophen durch den Klimawandel drohen, desto eher können wir umsteuern.

Timothy Neal ist Dozent für Wirtschaftswissenschaften am Institute for Climate Risk and Response der University of Sydney (UNSW) in Sydney.

Dieser Artikel wurde zuerst von The Conversation unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Lesen Sie den Originalartikel. Übersetzer: Bernd Müller