Gottes Krieger im Weißen Haus – Wenn Glaube zur Staatsdoktrin wird

Christoph Jehle
Weißes Haus Nordseite

Das Weiße Haus, Regierungssitz des Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Wer nur eurozentrisch denkt, übersieht gerne, dass in anderen Kulturen andere Denkmuster vorherrschen können. Dies gilt auch für die USA. Wer kann die Evangelikalen richtig einschätzen?

Die Tatsache anzuerkennen, dass die EU nicht der Nabel der Welt ist, fällt nicht nur deutschen Politikern schon lange schwer, sondern auch großen Teilen der Bevölkerung. In einer immer komplexer werdenden globalisierten Welt stoßen inzwischen unterschiedlichste Denkmuster ungeschützt aufeinander.

Dass dabei vieles nicht so ist, wie es erscheint, wird zunehmend verdrängt und alles, was nicht in die eigenen Denkmuster passt, schlichtweg bestritten.

Trennung von Kirche und Staat gilt nicht weltweit

Den weitgehend säkularen Mitteleuropäern fällt es nicht so leicht zu verstehen, dass es im Weißen Haus in Washington D.C. jetzt ein ″White House Faith Office″, auf Deutsch ein "Glaubensbüro", gibt. Dessen Ziel ist es laut offizieller Mitteilung, ″glaubensbasierte Einrichtungen, Gemeindeorganisationen und Gotteshäuser zu befähigen, Familien und Gemeinden zu dienen".

Zudem soll das Glaubensbüro die Diskriminierung von Christen in den USA bekämpfen.

Es ist auch von einer Taskforce die Rede, die antichristliche Voreingenommenheit innerhalb des Regierungsapparats auslöschen und antichristliche Gewalt und Vandalismus in der Gesellschaft verfolgen solle. In diesem Zusammenhang sollen auch Programme zur Gleichstellung und dem Schutz der Angehörigen von ethnischen oder sexuellen Minderheiten im öffentlichen Dienst gestrichen werden.

Unter "Christen" versteht man in diesem Zusammenhang nicht die Gläubigen der katholischen Kirche, die gerne als Papisten abgewertet werden, sondern die Rechtgläubigen oder Evangelikalen, die an Gottes Wort glauben und jede Exegese als verwerflich ablehnen.

Dazu wurde bekannt, dass Trump, der sich für von Gott persönlich gerettet hält, jetzt die Rolle der Evangelikalen, die mindestens 30 Prozent der US-Bürger ausmachen, stärken will. Dazu meldet die Frankfurter Rundschau:

US-Präsident Donald Trump hat die Gründung einer neuen Arbeitsgruppe angekündigt, die sich der Bekämpfung angeblicher 'anti-christlicher' Diskriminierung widmen soll. Diese Taskforce wird unter der Leitung der neuen Justizministerin Pam Bondi stehen und hat das Ziel, 'anti-christliche Voreingenommenheit' innerhalb des Regierungsapparats zu beseitigen und 'anti-christliche Gewalt und Vandalismus' in der Gesellschaft zu verfolgen. Trump äußerte sich dazu beim 'Nationalen Gebetsfrühstück' in Washington.

Wenn dem Glauben mehr Bedeutung als wissenschaftlichen Kategorien zukommt

Wer sich an den Wortlaut der Bibel hält, dem müssen Erkenntnisse der Wissenschaften, die jünger als die Texte der Bibel sind, wie reine Blasphemie vorkommen. Wobei die Texte, welche wir heute als Bibel bezeichnen, nicht die gesamten Überlieferungen umfassen, sondern eine erst im 4. Jahrhundert abgeschlossene Textauswahl, von der die Gläubigen damals überzeugt waren, dass sie göttlich inspiriert seien.

Viele Evangelikale halten Trump für den Messias. Dieser soll nach Meinung der Bibelgläubigen am Ende der Welt wieder auf der Erde erscheinen. Wenn man dies glaubt, ist die Aussage: ″Wer gegen Trump ist, ist gegen Gott″ eine nachvollziehbare Konsequenz.

Und wenn man in den Wissenschaften einen Verstoß gegen Gottes Willen sieht, ist es auch durchaus konsequent, jede staatliche Förderung einer solchen Gotteslästerung zu untersagen. Das geht auf eine angejahrte Idee bei den Republikanern zurück, die jetzt wieder reaktiviert wird.

Diese Idee wurde nämlich schon 2005 im Band ″The Republican War on Science" von Chris Mooney aufgezeigt. Er warf der US-Regierung schon vor rund zwanzig Jahren vor, dass sie wissenschaftliche Erkenntnisse verzerrt oder unterdrückt habe, um die eigenen politischen Ziele zu fördern.

Endgame als Voraussetzung für den Einzug ins Paradies

Christliche Elemente bestimmen die Politik in den USA deutlich stärker als beispielsweise in Asien. Zu den verbreiteten biblisch geprägten Vorstellungen zählt auch die Erwartung des Jüngsten Gerichts, bei dem Gott die Guten rettet und die Bösen der Verdammnis überlässt.

Dass God's own country sich da sicher ist, auf der Seite der Guten zu stehen, versteht sich von selbst.

Damit sieht man sich auch dem Internationalen Gerichtshof nicht unterworfen. Ja, man hat Ermittlungen gegen die USA mit Sanktionen gekontert und ein Gesetz verabschiedet, das im Falle einer Verurteilung eines US-Staatsbürgers durch den Internationalen Gerichtshof einen militärischen Einmarsch beim Nato-Partner Niederlande zwingend vorsieht.

Wenn die Erwartung eines Jüngsten Gerichts, vor dem man als US-Bürger nur gewinnen kann, womit dann der Weg ins Paradies offensteht, das größte denkbare Risiko darstellt, kann man sich ziemlich unbefangen für Wege entscheiden, die anderen nicht offenstehen.

Die Idee des endzeitlichen Kampfs geht auf die biblische Offenbarung des Johannes zurück und kam schon mit den ersten Siedlern nach Amerika.

Die Einzigartigkeit der Evangelikalen

Viele dieser Siedler waren aus ihrer alten Heimat in Europa ausgewandert, weil sie einerseits nach wirtschaftlichem Erfolg strebten, andererseits jedoch auch religiöse Vorstellungen anhingen, die im damaligen Europa Minderheitsmeinungen darstellten.

Zudem wurde für die Überfahrt auf überfüllten Schiffen eine gehörige Portion Gottvertrauen benötigt. Dieses wurde dann auch durch die erfolgreiche Ankunft in Nordamerika bestätigt.

Die evangelikalen Gemeinden sind so grundlegend in ihrer Überzeugung gefangen, wonach sie allein von Gott auserwählt sind und ihnen allein das ewige Leben offenstehe, dass sie Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund im besten Falle ignorieren, meist jedoch verachten.

Menschen, die auf der Basis anderer Kulturen anderen Vorstellungen folgen als Gottes Auserwählte in den USA, müssen in der Folge bekämpft werden.