Grenzkonflikt auf Rädern: Polens Lkw-Fahrer blockieren Übergänge zur Ukraine

(Bild: Monika, Pixabay)

Polnische Lkw-Fahrer blockieren Grenzen als Protest gegen Billigkonkurrenz. Schutzmaßnahmen und Begrenzung ukrainischer Transporte gefordert. Das ist die Lage.

In Polen haben Lkw-Fahrer am Montag damit begonnen, Grenzübergänge zur Ukraine zu blockieren. Mit der Aktion protestieren die Fernfahrer gegen die Billigkonkurrenz aus dem Nachbarland. Sie werfen der Regierung in Warschau vor, tatenlos zuzusehen, wie sie ihr Geschäft an ausländische Konkurrenten verlieren.

In der europäischen Transportbranche herrscht seit Jahren ein harter Wettbewerb, immer mehr Billiganbieter aus Osteuropa drängen auf den Markt. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat sich die Situation weiter verschärft.

Lkw-Fahrer aus der Ukraine bräuchten keine Genehmigung, um die Grenze nach Polen zu überqueren, erklärten polnische Fahrer laut Reuters. Aber auch russische Spediteure und Unternehmen aus Weißrussland umgingen die Sanktionen, indem sie kurzerhand Niederlassungen in Polen gründeten.

Forderungen der Protestierenden: Eine Begrenzung der Billig-Speditionen

Gegen diese Konkurrenz richten sich nun die Proteste und Blockaden an den Grenzübergängen. Karol Rychlik, Vorsitzender des polnischen Fernfahrerverbandes, sagte Reuters, man protestiere gegen die Benachteiligung polnischer Spediteure "durch den unkontrollierten Zustrom weißrussischer, russischer und ukrainischer Firmen mit Kapital aus dem Osten".

Abhilfe soll etwa dadurch geschaffen werden, dass die Zahl der in der Ukraine zugelassenen Lkw in Polen wieder begrenzt wird. Außerdem sollten Transportunternehmen, die mit Kapital von außerhalb der Europäischen Union arbeiten, verboten werden.

Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes werden an den drei betroffenen Grenzübergängen durchschnittlich mehrere Hundert Lastkraftwagen pro Tag und Richtung abgefertigt.

Die Demonstranten ließen nach eigenen Angaben einen Lkw pro Stunde passieren. Einige Lieferungen seien jedoch von der Blockade ausgenommen, darunter Ausrüstung für die ukrainische Armee, humanitäre Hilfe, flüchtige Stoffe und Viehtransporte.

Handelsdynamik: Polens Rolle im ukrainischen Export

Nach Angaben des ukrainischen Infrastrukturministeriums überqueren durchschnittlich 40.000 bis 50.000 Lastwagen pro Monat die Grenze zu Polen über acht Grenzübergänge, doppelt so viele wie vor dem Krieg. Der Großteil der Güter wird von der ukrainischen Transportflotte befördert.

Dem Bericht zufolge exportiert die Ukraine über Polen mehr Waren als über alle anderen Nachbarländer zusammen.

Das Verhältnis zwischen Polen und der Ukraine wird durch die Proteste zusätzlich belastet. Vasyl Zvarych, ukrainischer Botschafter in Warschau, schrieb auf der Social-Media-Plattform X, die Blockade der Grenzübergänge sei "ein schmerzhafter Stich in den Rücken der Ukraine".

Die polnischen Lkw-Fahrer verglichen ihre Situation jedoch mit der der Landwirte in Polen. Nachdem diese gegen billige Agrarimporte aus der Ukraine protestiert hatten, wurden ihnen von der Regierung Zugeständnisse gemacht.

Ursache: Sozialdumping in der Logistikbranche

Die Proteste sind Ausdruck des verschärften Wettbewerbs in der Logistikbranche der Europäischen Union. Auch in Deutschland beklagen Verbände seit Jahren ein weitverbreitetes Sozialdumping.

Um die Transportkosten niedrig zu halten, wurden in den vergangenen Jahren vermehrt Spediteure aus osteuropäischen Ländern angeheuert, wo der Mindestlohn bei zwei Euro pro Stunde beginnt. Mittelständische Unternehmen in Deutschland könnten den Lohnunterschied kaum ausgleichen, klagte der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) bereits 2021.

Eine Folge ist, dass deutsche Spediteure zunehmend unter Wettbewerbsdruck geraten. Eine andere ist der ausgeprägte Fachkräftemangel. Denn immer weniger Menschen wollen den von niedrigen Löhnen und hohem psychischem Druck geprägten Beruf "Fachkraft im Fahrbetrieb" ergreifen.

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