Griechenland: Staatsanwalt sieht "Rassismus gegen Deutsche"
Anklage wegen fremdenfeindlicher Attacke in Griechenland. Es geht um vier Deutsche, die am vergangenen Wochenende von zwei Kretern mit dem Auto gerammt und bewaffnet bedroht wurden.
In Griechenland sind zwei Gewalttäter nach einem Angriff auf deutsche Touristen wegen rassisch motivierter Gewalt angeklagt worden. Der oberste Staatsanwalt am obersten Strafgerichtshof Areopag, Isidoros Dojakos, machte von seinem Weisungsrecht gebrauch und wies die Staatsanwaltschaft von Rethymno an, eine Anklage zu erheben.
Es gehe um "versuchte gefährliche und schwere Körperverletzung in Tateinheit mit einer rassistischen Motivation, gefährlichem Fahren mit potenzieller Gefährdung von Personen, unerlaubtem Führens einer Waffe sowie gefährliche und einfache Körperverletzung".
Dojakos griff ein, nachdem die beiden Angeklagten tagelang auf freiem Fuß blieben und er eine Verzögerung der Strafverfolgung moniert hatte. In seiner Anweisung verlangt er, dass die Untersuchung besonders gründlich durchgeführt werden muss.
Der Staatsanwalt begründet seinen Eingriff unter anderem mit dem "schweren Charakter der Tat einerseits wegen des mutmaßlichen Zeitpunkts, also mitten in der Touristensaison, und andererseits aufgrund des Tatorts Kreta, einer Insel, die Touristen aus allen Ländern der Welt anzieht".
Die mutmaßlichen Täter werden in nahezu allen Medien als "Daides", Mobber, bezeichnet. Allerdings existieren Videos, die zunächst im staatlichen Fernsehen ERT gezeigt wurden. Sie zeigen in eindeutiger Weise, dass die beiden Kreter brutal und rücksichtslos den Mietwagen der deutschen Touristen rammten.
Die Kreter nahmen bei ihrer Aktion keinerlei Rücksicht auf weitere, unbeteiligte Verkehrsteilnehmer. Die Strafverfolgungsbehörden und die Kommentatoren sind überzeugt, dass die beiden Angeklagten es sich nicht getraut hätten, so gegen Einheimische vorzugehen.
Für den Anwalt der Angreifer hingegen ist alles ganz anders. Er sieht seine Mandanten als Opfer und behauptet seinerseits, dass es keine so scharfe Strafverfolgung und mediale Aufmerksamkeit gegeben hätte, wenn die Touristen Einheimische gewesen wären. Der Anwalt geht sogar so weit, den Deutschen vorzuwerfen, sie hätten seine Mandanten selbst angegriffen.
Was bisher über die Tat bekannt ist
Dem widerspricht alles, was bislang bekannt ist. Die Kreter hatten das Mietauto der vier Deutschen touchiert und wollten Fahrerflucht begehen. Die Deutschen verlangten die Personalien, um den Unfall zu melden und einer der beiden Kreter, der Fahrer, stieg aus seinem Pickup aus, trat an die Beifahrertüre des Autos der Deutschen und versetzte dem Beifahrer einen heftigen Faustschlag.
Es kam zum Handgemenge, bei dem auch der zweite Kreter beteiligt war und der kretische Fahrer ebenfalls von einem Faustschlag getroffen wurde. Laut seinem Anwalt wurde er dabei verletzt, was ein ärztliches Attest belegt.
Verletzt ging er zurück zu seinem Auto und ergriff ein Messer und ging damit auf die Deutschen los. Diese ergriffen daraufhin mit ihrem Auto die Flucht. Daraufhin verfolgten die Kreter die Deutschen mit dem Pickup und rammte das Mietauto mehrfach. Erst das Eingreifen weiterer Einheimischer rettete die vier Deutschen vor der Wut ihrer Verfolger.
Die beiden Kreter wurden in der Zwischenzeit festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt. Sie hatten sich nach Tagen des Versteckens selbst gestellt. Der Fahrer des Pickups wurde in Untersuchungshaft genommen. Sein Beifahrer ist vorerst wieder auf freiem Fuß.
Rassismus in Griechenland
Rassismus gegen Touristen ist in Griechenland bislang kaum als Problem bekannt. Weitaus stärker verbreitet – bis in höchste Regierungskreise – sind hingegen verschwörungstheoretische Narrative vom „großen Bevölkerungsaustausch“. Dabei sticht besonders der Vizevorsitzende der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia, Adonis Georgiadis, hervor.
Als Minister ist er für die Wirtschaft des Landes zuständig. Als Dauergast politischer Talkshows referiert er hingegen gern darüber, dass Griechenlands Bevölkerung von Flüchtlingen und Migranten sowie einem organisierten Plan zur "Umformung der Bevölkerung" bedroht sei.
Jüngstes Beispiel für rassistisch motivierte Einlassungen ist Premier Kyriakos Mitsotakis selbst. Bei der Parlamentsaussprache zum aktuellen Abhörskandal warf er der Opposition vor, sie missbrauche das Schicksal eines auf der Insel Evros verstorbenen syrischen Flüchtlingskindes und habe ihm "sogar den Namen der Jungfrau Maria gegeben. Eine Schande!".
Dem Redenschreiber des Premiers war offensichtlich nicht bekannt, dass Maryam, das arabische Pendant zum Namen Maria, mehrfach im Koran erwähnt wird. Auch in einem aktuellen Beitrag des Spiegel wird der Name des syrischen Kindes mit Maria angegeben.