Große Bäume atmen tiefer

Seite 2: Ältere und größere Bäume speichern mehr Kohlenstoff

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In Mitteleuropa sind Rotbuchenwälder die am meisten verbreitete Waldgesellschaft. Ohne menschliche Eingriffe würden sie nahezu die gesamte Landesfläche bedecken. Auf Grund intensivster Nutzung wurden die Waldanteile inzwischen auf 30 Prozent ihrer ursprünglichen Gesamtfläche reduziert, während vielerorts heimische Rotbuchenwälder durch Nadelbäume ersetzt wurden. Weniger als fünf Prozent der Landesfläche sind hierzulande von Buchenwäldern bedeckt. Und diese werden nahezu ausschließlich bewirtschaftet.

In einem Forschungprojekt unter dem Namen SilValuta untersuchen Wissenschaftler der RWTH Aachen seit 2010 die Nachhaltigkeit verschiedener Managementstrategien und deren Einfluss auf Ökosystemfunktionen am Beispiel der Eifel. Im Fokus stehen Vitalität und Struktur der Lebensgemeinschaften, aber auch Aspekte des Wasserhaushaltes in Fichten- und Douglasien-Altersklassenwäldern sowie in bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rotbuchenwäldern.

Veröffentlicht werden die Ergebnisse erst zum Jahresende, doch klar ist schon jetzt: Um das Ökosystem Wald mit allen seinen Funktionen für kommende Generationen zu erhalten, ist eine nachhaltige Bewirtschaftung nötig.

Artenreiche Wälder haben im Vergleich zu artenarmen Beständen einen schnelleren Kohlenstoffkreislauf. Mit zunehmender Artenvielfalt speichern sie immer mehr Kohlenstoff sowohl ober- als auch unterirdisch in Stämmen, Wurzeln, Boden und Totholz.

Wie ein internationales Wissenschaftler-Team an der Universität Zürich kürzlich berechnete, werden mit jeder zusätzlichen Baumart auf einer Parzelle 6,4 Prozent mehr Kohlenstoff kompensiert. Außerdem fanden sie heraus, dass ältere Bäume mehr Kohlenstoff akkumulieren als jüngere.

Dass gleichmäßig wachsende, große Bäume Kohlendioxid effektiver aus der Atmosphäre aufnehmen, bestätigte auch ein 2014 veröffentlichtes Forschungsprojekt am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig.

Demzufolge nimmt ein Baum mit rund einem Meter Durchmesser dreimal so viel an Biomasse auf wie ein Baum von einem halben Meter Durchmesser. Das Team um den amerikanischen Waldökologen Nate Stephenson hatte hierfür Daten von rund 673.000 Bäumen von mehr als 400 Arten in diversen Klimazonen auf allen Kontinenten ausgewertet.

Ergebnis: 97 Prozent aller untersuchten Baumarten wuchsen umso schneller, je größer sie wurden. Mit anderen Worten: Je länger Bäume leben und je größer sie werden, umso mehr Kohlenstoff können sie aufnehmen.

Kein Ersatz für den Hambacher Wald

Aus diesem Grund ist auch der Wald bei Hambach nicht einfach durch Aufforstungen bzw. Obstwiesen oder Ackerland zu ersetzen, selbst wenn die Ersatzlandschaften etwas mehr Fläche einnehmen sollten. Denn ein 12.000 Jahre alter Wald ist nicht einfach eine Ansammlung von Bäumen, sondern ein lebendiges Ökosystem, das Jahrhunderte brauchte, um sich zu einem solchen zu entwickeln.

Ein vergleichbarer Wald, der Wohnraum für 140 Tierarten bietet, ist nicht in kürzester Zeit nachgewachsen. Das Klima schützt er gleich mehrfach: Zum einen würden die durch die Rodung verlorengegangenen Bäume kein Kohlendioxid mehr binden. Zum andern wird die Kohle, die darunter weggebaggert und verfeuert wird, die Atmosphäre immer weiter anheizen.

Wollte man das so freigesetzte Kohlendioxid wieder binden, müsste man eine Fläche aufforsten, die 13.000 Mal größer wäre als der jetzige Wald, heißt es in einem Video von Quarks (WDR). Nun sind Wiederaufforstungen in diesem Umfang vermutlich nicht vorgesehen.

Wie sich inzwischen aber herausstellte, könnte die Rodung um ein weiteres Jahr verschoben werden, ohne dass RWE den Kohleabbau einstellen müsste. Letztlich aber kann das komplexe Ökosystem mit all seinen Tierarten und Klimaschutzleistungen nur gerettet werden, wenn man diesen alten, wertvollen Wald dauerhaft in Ruhe ließe.

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