RWE will um jeden Preis roden
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Die Energie- und Klimawochenschau: Von Zerstörung als Unternehmenswille, ungesicherten Folgekosten des Bergbaus und ingenieurstechnischen Gedankenspielen zur Rettung der Antarktis
Nach dem tödlichen Unfall im Hambacher Forst am vergangenen Mittwoch gab es kurzfristig ein wenig Hoffnung auf Menschlichkeit. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul hatte verkündigt, die Räumungsarbeiten würden "bis auf Weiteres" ausgesetzt. Doch wie berichtet räumte die Polizei auch am Wochenende an verschiedenen Stellen des Waldstücks weiter. Am Montagmorgen wurde außerdem mit der Räumung der Baumhaussiedlung "Kleingartenverein" begonnen.
Gleichwohl kamen am Sonntag nach Angaben der Veranstalter 7.000 Menschen zum Waldspaziergang im Hambacher Forst, um gegen die Rodung zu protestieren und sich solidarisch mit den Aktivisten im Wald zu zeigen. Der vom Waldpädagogen Michael Zobel geführte Waldspaziergang findet seit Jahren regelmäßig statt. Allerdings durften die Spaziergänger an diesem Sonntag nicht bis in den Wald vordringen, sondern nur eine Kundgebung in der Nähe des Waldes abhalten. Einigen hundert Personen schafften es dennoch in den polizeilich gesperrten Wald.
Hintergrund der anhaltenden Polizeiaktionen ist die unnachgiebige Haltung RWEs. Der RWE-Vorstandsvorsitzende Rolf Martin Schmitz äußerte am Donnerstagabend bei Mayrit Illner: "Dieses Stück Wald ist nicht zu retten."
Ein von Greenpeace beauftragtes Gutachten kommt hingegen zu dem Schluss, dass die ab Mitte Oktober geplante Rodung rechtswidrig wäre. "Nur wenn es für den Betrieb des Tagebaus "erforderlich" beziehungsweise "unerlässlich" ist, darf RWE Bäume fällen. Beides ist nicht gegeben. Der Konzern selbst räumt ein, dass eine "betriebliche Notwendigkeit" zu roden erst ab dem 15. Dezember besteht.
"Eine bergbauliche Stellungnahme des Beratungsunternehmens Plejades weist weiter nach, dass der Hambacher Wald ein weiteres Jahr unangetastet bleiben kann, ohne den Betrieb des Tagebaus einzuschränken", heißt es in einer Presseerklärung der Umweltorganisation. Mit verschiedenen Maßnahmen wäre es möglich, die Rodung auf den Herbst 2019 zu verschieben. Umweltverbände haben immer wieder einen Rodungsmoratorium gefordert, solange in der Kohlekommission über den Kohleausstiegsfahrplan verhandelt wird.
Eine Publikation des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zum Kohleausstieg in NRW legt nahe, dass die Tagebaue Garzweiler und Hambach in einem schnellen Ausstiegsszenario kaum noch benötigt würden. "Durch die Verringerung der benötigten Kohlemenge könnte auch auf die Rodung des wegen Naturschutzes schützenwerten Hambacher Waldes verzichtet werden", schreibt das DIW.
In der Studie geht es unter anderem darum, wie durch die Abschaltung von Kohlekraftwerken die Klimaziele für 2030 noch erreicht werden können. Bis dahin sollten laut DIW alle Braunkohlekraftwerke vom Netz gehen und die Steinkohlekapazitäten von 16 Gigawatt auf 8 Gigawatt reduziert werden. Die Versorgungssicherheit sei in allen Szenarien gewährleistet, so das DIW.
Unternehmen sollen für Folgekosten haften
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Klima-Allianz fürchten unterdessen, dass die Steuerzahler auf den Folgekosten des Braunkohlebergbaus sitzen bleiben könnten. "Es ist inzwischen offensichtlich, dass die großen Energiekonzerne jede Möglichkeit ergreifen, sich der immensen Folgekosten ihres Geschäfts zu entledigen. Bei Leag und Mibrag ist schon heute klar, dass der tschechische Mutterkonzern im Pleitefall nicht haften wird. Das sollte den Landesregierungen in Dresden, Magdeburg und Potsdam die Schweißperlen auf die Stirn treiben", erklärt Tina Löffelsend, Energieexpertin beim BUND.
Für Folgeschäden der Tagebaue sollten die Konzerne schleunigst in einen öffentlichen Fonds einzahlen, außerdem fehlten Regelungen zur Nachhaftung der Konzerne. Umstrukturierungen bei RWE sowie der Verkauf von Vattenfalls Braunkohlesparte in Brandenburg und Sachsen an die tschechische EPH verringern die Möglichkeiten, die Kohlekonzerne langfristig haftbar zu machen.
Die von den Umweltverbänden beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) beauftragte Studie kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die betreffenden Landesregierungen bislang wenig unternommen haben, um die Folgekosten des Bergbaus abzusichern. Einzig in Sachsen sollen ab 2021 Sicherheitsleistungen für den Tagebau Nochten erhoben werden.
Die Folgekosten entstehen, da anstelle der Tagebaue erst wieder funktionsfähige Ökosysteme hergestellt werden müssen, vor allem aber, da die Tagebaue einen langfristigen Eingriff in den Wasserhaushalt darstellen, der sich möglicherweise erst in mehreren hundert Jahren wieder selbst regulieren wird. Die FÖS-Studie kritisiert hier, dass unternehmensinterne Kostenschätzungen intransparent blieben und die Öffentlichkeit so nicht nachvollziehen könne, ob die angesetzten Rückstellungen angemessen seien. Zudem drohten Finanzierungsausfälle, wenn die Unternehmen in die Insolvenz gingen. Eine Haftung der Mutterkonzerne, d.h. etwa der EPH für die LEAG sei derzeit nicht garantiert.
Das FÖS empfiehlt unabhängige Kostengutachten für die Folgekosten des Braunkohleabbaus erstellen zu lassen, einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzurichten sowie die Mutterkonzerne über ein Nachhaftungsgesetz in die Pflicht zu nehmen. Die Bergbehörden sollten außerdem ihr Recht ausschöpfen, von Bergbaubetreibern Sicherheitsleistungen zu verlangen.