RWE will um jeden Preis roden
Seite 2: Kipppunkt Permafrost
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Die Pariser Klimaziele könnten noch schneller überschritten werden als bislang erwartet, meinen Wissenschaftler des Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA). In den bisher berechneten Budgets von Kohlendioxid, das die Menschheit noch freisetzen darf, sind demnach Rückkopplungseffekte durch den Klimawandel zu wenig eingeflossen. Denn wenn Permafrostböden auftauen, werden große Mengen der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan freigesetzt, die das restliche "Budget" schmälern.
Das Auftauen des Permafrosts wird ein über die nächsten Jahrhunderte andauernder irreversibler Prozess sein. Bezieht man die Treibhausgase aus dem Permafrost mit ein, wird vor allem der Pfad des "Overshooting" fragwürdig. Demnach könnte die Menschheit erst eine globale Erwärmung bis 2 Grad zulassen und diese dann, durch zusätzliche Maßnahmen wieder auf 1,5 Grad beschränken. Doch beim 2-Grad-Szenario würden mehr Treibhausgase aus dem Permafrost freigesetzt, die insgesamt wieder zur globalen Erwärmung beitrügen, ein Zurück würde also unwahrscheinlicher.
Mauern für die Antarktis
Unterdessen sind Michael J. Wolovick von der Princeton University und John C. Moore von der Beijing Normal University auf die Idee gekommen, Eisverlusten in der Antarktis mit sogenanntem Geoengineering beizukommen. Im Fachjournal The Cryosphere beschreiben sie, wie Mauern am Meeresgrund das Eindringen von wärmerem Wasser auf die Unterseite der Gletscher verhindern könnte.
Das Auftauen von der Unterseite ist momentan der Hauptgrund für das Abschmelzen antarktischer Eisschilde. Dadurch verlieren die Eisschilde die Bodenhaftung und fließen ungehindert ins Meer. Eine unterseeische Mauer könnte daher sowohl die Schmelze verhindern, als auch eine neue Barriere für das Eis darstellen. Auf diese Weise könnte der Anstieg des Meeresspiegels zumindest zeitweilig gebremst werden und die Bewohner von Küsten mehr Zeit zur Anpassung gewinnen.
Wolovick und Moore haben theoretisch durchgespielt, welche technischen Maßnahmen nötig wären, um den 80 bis 100 Kilometer breiten Thwaites-Gletscher aufzuhalten. Ein Abfließen von Thwaites stellt den Wissenschaftlern zufolge ein Risiko für die Stabilität des gesamten westantarktischen Eisschilds dar und könnte letztlich einen Anstieg des Meeresspiegels um drei Meter zur Folge haben. "Das wichtigste Ergebnis [unserer Studie] ist, dass ein bedeutsamer Eingriff sich weitgehend in der Größenordnung menschlicher Errungenschaften bewegt", erklärt Wolovick.
Wenn auch vielleicht möglich, so wären die nötigen technischen Anstrengungen immens. Würde man nur rund 300 Meter hohe Erdhügel am Meeresgrund aufschütten oder Säulen bauen, die den Gletscher am Fuß bremsen würden, müsste schon so viel Material bewegt werden wie beim Bau des Suezkanals oder dem Aufschütten der künstlichen Palminseln von Dubai. Ein derartiger Eingriff hätte eine 30prozentige Chance, einen Kollaps der Westantarktis infolge des Gletscherabflusses zu verhindern. Eine durchgehende Mauer, die auch das Vordringen warmen Wassers an die Gletscherunterseite vermeiden würde, wäre ein anspruchsvolleres Projekt, das aber die Wahrscheinlichkeit, den westantarktischen Eisschild für die nächsten tausend Jahre zu bewahren, auf 70 Prozent erhöhen würde, so die Forscher.
Wolovick und Moore betonen, dass derartige Maßnahmen nicht die Emissionsreduktion ersetzen könnten. Sie wären auch lediglich ein Weg, den Anstieg des Meeresspiegels zu bremsen, nicht aber andere negative Folgen des Klimawandels wie die Ozeanversauerung, Dürren oder Hitzewellen. Bei einem weiteren Temperaturanstieg würden die Eisschilde außerdem auch von oben wegschmelzen.