Guterres' Putin-Händedruck: Verrat an westlichen Werten?
UN-Generalsekretär Guterres bei Brics-Gipfel in Russland. Westliche Medien kritisierten Handschlag mit Putin. Doch hatte sein Besuch einen tieferen Sinn?
UN-Generalsekretär António Guterres nahm am Brics-Gipfel in Kasan, Russland, teil. Der Gipfel versammelte Staatschefs aus 30 Ländern, darunter die Brics-Mitglieder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sowie Länder wie Ägypten, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Diese Nationen repräsentieren zusammen fast 50 Prozent der Weltbevölkerung. Die Teilnahme von Guterres stieß in westlichen Medien auf Kritik.
Einige Medien kommentierten seine Anwesenheit negativ: Die Augsburger Allgemeine bezeichnete ihn als "peinlich", während Die Welt titelte, der UN-Generalsekretär habe "einem Mörder die Hand geschüttelt". Die Süddeutsche Zeitung sprach von einem "Bückling" vor Putin.
Guterres’ Agenda auf dem Brics-Gipfel
Eine Analyse offizieller Quellen der Vereinten Nationen zeichnet jedoch ein differenziertes Bild.
António Guterres nutzte die Gelegenheit, um über den UN-Zukunftsgipfel zu sprechen, der im September 2024 in New York stattfand. Dort wurde ein 40-seitiger "Zukunftspakt" verabschiedet, der einen Fahrplan zur Stärkung des Multilateralismus in den Bereichen Frieden, Klima, Finanzen und Technologie enthält.
Guterres betonte die Notwendigkeit von Frieden in Regionen wie Gaza, Libanon, Sudan und Ukraine. Insbesondere in Bezug auf die Ukraine bekräftigte er die Notwendigkeit eines gerechten Friedens im Einklang mit der UN-Charta, dem Völkerrecht und den Resolutionen der Generalversammlung. Er forderte die Einhaltung der UN-Grundsätze, einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Souveränität und territorialer Integrität.
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Gespräche mit politischen Führern
Am Rande des Gipfels führte Guterres Gespräche mit politischen Führern, darunter der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi, der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas und der indische Außenminister Vikram Misri.
Ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin diente dazu, Guterres’ Forderung nach einem gerechten Frieden in der Ukraine zu bekräftigen. Er konfrontierte Putin mit der Verletzung der UN-Charta durch den Angriff auf die Ukraine.1
Guterres’ Rede auf dem Brics-Gipfel
In seiner Rede auf dem Brics-Gipfel betonte Guterres, dass keine Nation allein globale Herausforderungen bewältigen könne. Er forderte eine Reform der UNO, vornehmlich des Sicherheitsrats, um dessen Strukturen an die heutigen globalen Gegebenheiten anzupassen.
Er hob hervor, dass Afrika einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat erhalten sollte, um eine gerechtere Repräsentation zu gewährleisten und die Ansichten des Kontinents zu Frieden und Sicherheit besser einzubeziehen.
Die Kritik aus westlichen Medien erscheint unbegründet, da Guterres als UN-Generalsekretär die Interessen aller 193 Mitgliedsstaaten im Blick behalten muss. Sein Engagement für eine Reform des UN-Sicherheitsrats ist ein Beispiel für seine Bemühungen, die Institutionen der Vereinten Nationen zu stärken und an die sich verändernde geopolitische Landschaft anzupassen.
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Guterres’ Forderungen nach einer stärkeren Vertretung des Globalen Südens im Sicherheitsrat, einschließlich eines ständigen Sitzes für Afrika sowie für Indien und Brasilien, spiegeln die sich verschiebenden geopolitischen Gewichte wider. Die Rolle der USA und des Westens könnte in den kommenden Jahrzehnten an Einfluss verlieren, während der Globale Süden und Asien an Bedeutung gewinnen.
Die Struktur des UN-Sicherheitsrats
Der UN-Sicherheitsrat besteht derzeit aus 15 Mitgliedern, darunter fünf ständige Mitglieder – die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich – sowie zehn nichtständige Mitglieder, die von der Generalversammlung für jeweils zwei Jahre gewählt werden.
Die Dominanz der fünf ständigen Mitglieder und ihr Vetorecht haben in der Vergangenheit oft dringende Entscheidungen blockiert. Guterres setzt sich dafür ein, diese Strukturen zu reformieren, um eine effektivere und repräsentativere Entscheidungsfindung zu ermöglichen.2
Die Notwendigkeit einer solchen Reform wird durch die globalen Herausforderungen unterstrichen, denen sich die Weltgemeinschaft gegenübersieht. Die UNO muss sich an veränderte geopolitische Realitäten anpassen und sicherstellen, dass alle Kontinente angemessen vertreten sind, um eine nachhaltige Friedensordnung zu fördern.
Guterres’ Rolle und Verpflichtungen
Guterres’ Bemühungen auf dem Brics-Gipfel und seine fortwährende Arbeit zur Stärkung des Multilateralismus zeigen, dass seine Rolle weit über die Interessen einzelner Länder oder Bündnisse hinausgeht. Als Generalsekretär ist er verpflichtet, die Anliegen aller Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen und globale Lösungen zu fördern.
Rolf Bader, geb. 1950, Diplom-Pädagoge, ehem. Offizier der Bundeswehr, ehem. Geschäftsführer der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte:innen für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte:innen in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW).