Heizungsgesetz im Bundestag: "Verfahren missachtet Parlamentsrechte"
Telepolis dokumentiert: CDU-Abgeordneter kritisiert Durchpeitschen des Gebäudeenergiegesetzes. Antrag beim Verfassungsgericht. Hier die Erklärung von Thomas Heilmann.
Im Rahmen eines Organstreitverfahrens beim Bundesverfassungsgericht beantragt der Berliner Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann (CDU) festzustellen, dass das Gesetzgebungsverfahren in Bezug auf das Gebäudeenergiegesetz (GEG) massiv seine Rechte als Abgeordneter auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung verletzt.
Gleichzeitig wurde Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, welche dem Bundestag untersagen soll, die abschließende Beratung und Abstimmung zum GEG durchzuführen, ohne dass der maßgebliche Gesetzentwurf nicht mindestens 14 Tage vorher den Abgeordneten schriftlich zugegangen ist.
Lesen Sie zu diesem Thema bei Telepolis auch: "Verfassungsgericht eingeschaltet: Heizungsgesetz doch erst nach der Sommerpause?"
Heilmann begründet seinen Schritt mit den massiven Mängeln des Gesetzes selbst und unzulässigen Fristverkürzungen: "Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren. Die parlamentarisch maximal verkürzten Beratungen zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erlauben es nicht, die konzeptionellen Schwächen dieses Gesetzespakets aufzuzeigen und zu ändern."
Selbst Bundesminister Robert Habeck resümierte in der Fernsehsendung von Anne Will am 18. Juni 2023, es werde "durch das Gebäudeenergiegesetz erstmal unwahrscheinlicher, dass wir die Klimaziele einhalten".
Der Antrag des Abgeordneten richtet sich dabei ausdrücklich nicht gegen das inhaltliche Ziel des Gesetzes, sondern gegen das sehr mangelhafte parlamentarische Verfahren. Ihm ist vor allem wichtig, mit einem gut durchdachten Gesetzespaket einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Hierfür ist es unabdingbar, im Wege der einstweiligen Verfügung sofort sicherzustellen, dass das Parlament genug Zeit bekommt, ordnungsgemäß über das Gesetz beraten zu können.
Der Bundestag und damit auch er, als Abgeordneter im zuständigen Ausschuss für Klima und Energie, haben das Recht, angesichts der Bedeutung des Kampfes gegen den Klimawandel, aber auch die Pflicht, eine ordnungsgemäße Behandlung des sog. Heizungsgesetzes durchzusetzen. Dazu Heilmann weiter:
Hunderte Seiten Änderungstexte, die eventuell am Freitagabend gemailt, am Mittwoch im Ausschuss und am Donnerstag abschließend im Plenum beraten werden, haben mit parlamentarischer Demokratie nichts mehr Zu tun. Aber genau das praktiziert die Ampel seit Monaten.
Die praktisch vollständig geheim ablaufenden Verhandlungen der Ampel sowie die seit Wochen anhaltende Weigerung der Koalitionsparteien, einen konkreten Zeitplan vorzulegen, kommentiert der Abgeordnete wie folgt: "Die ampelinternen ‚Therapie-Gespräche' ersetzen natürlich keine parlamentarische Beratung. Sie sind vielmehr verspätete Verhandlungen zur nachträglichen Korrektur ihrer eigenen Gesetzesvorlage. Das aber verletzt massiv die Regeln zum Recht der Gesetzesinitiative in Art 76 GG."
Rechtliche Argumente
In seinem Antrag führt der Abgeordnete weiter aus, dass sowohl seine Rechte aus seinem Abgeordnetenstatus, als auch die verfassungsrechtlich verankerten Grundsätze der Öffentlichkeit des demokratischen Parlamentarismus und die grundlegenden Regeln des Gesetzgebungsverfahrens durch das Vorgehen der Regierung und Ampelfraktionen schwer beschädigt werden.
Das, jedem Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zustehende, Beratungs- und Erörterungsrecht sowie, das in der Norm ebenfalls angelegten Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung, wird durch die, von den Ampelfraktionen vorgesehene, extrem kurze Beratungszeit klar beschnitten. Insbesondere ist eine künstliche Deadline im Hinblick auf die Sommerpause keine Rechtfertigung für diese extreme Verfahrenskürzung; welche wiederum auch erst auf interne Streitigkeiten der Ampel-Koalition zurückzuführen ist.
Zweiseitige "Leitplanken" in Form eines Stichpunkte-Thesenpapieres oder auch sonstige außerparlamentarischen Willensbekundungen werden diesem Informationsanspruch bei Weitem nicht gerecht und sind somit im Hinblick auf parlamentarische Beratungszeiträume wertlos.
Mit dem gegenwärtigen Vorgehen wird auch das Öffentlichkeitsprinzip des Parlaments aus Art. 42 GG verletzt. Nicht nur den Abgeordneten, auch der allgemeinen Öffentlichkeit gegenüber müssen Parlamentsprozesse transparent abgehalten werden.
Auch hier verletzen die Koalitionsfraktionen daher das Verfassungsrecht. Sie nehmen darüber hinaus auch einen Vertrauensschaden der Bevölkerung in den demokratischen Parlamentarismus in Kauf.
Genauso schwer wiegt der Umgang mit den Verfahrensregeln des Gesetzgebungsprozesses aus Art. 76 GG. Um den oben geschilderten Sachverhalt überhaupt möglich zu machen, überdehnen die Ampelfraktionen die Gesetzgebungsregeln verfassungswidrig stark.
Obwohl es sich ausweislich der "Leitplanken" und sonstiger Äußerungen seitens der Regierungskoalition um einen praktisch vollständig neuen Aufschlag für die Novellierung des GEG handeln soll, wird weiterhin der ursprüngliche Antrag im Parlamentsverfahren aufrechterhalten, um so das komplett überarbeitete Gesetz kurzfristig als Änderungsantrag in den Deutschen Bundestag einzubringen.
Diese Umgehungen der verfassungsrechtlich und geschäftsordnungsrechtlich vorgegebenen und durch Parlamentspraxis seit Jahrzehnten etablierten Verfahren sind insbesondere in ihrer Häufigkeit, seit Antritt der Ampelregierung, nicht weiter hinnehmbar. Der Antragsteller Thomas Heilmann dazu abschließend:
Wir leben in politisch extrem fordernden Zeiten, in dem wir als. Abgeordnete des Bundestages und als einzig direkt gewählte Vertreter unserer Mitbürger immer wieder uns dem Vorwurf der Intransparenz und Entkopplung stellen müssen. Ich meine, es ist Zeit, wieder zu sauberen parlamentarischen Prozessen zurückzukehren und es gibt keinen besseren Anlass dafür als eine gut geführte Klimaschutz-Debatte!
Thomas Heilmann, MdB, ist direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für Berlin-Steglitz-Zehlendorf und seit 2017 im Deutschen Bundestag. Er ist Mitglied des Fraktionsvorstandes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der Landesgruppe Berlin in der Unionsfraktion. Im Bundestag ist er ordentliches Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Ehrenamtlich leitet er als Bundesvorsitzender die Klimaunion, ein der CDU und CSU nahestehender Verein, der sich für besseren Klimaschutz engagiert.