Hitzige Diskussion um Verkehrsdaten
Verkehrsdaten fallen unter das Recht auf vertrauliche Kommunikation, meint die niederländische Datenschutzbehörde - EU noch unentschieden
Die niederländische Datenschutzbehörde, De Registratiekamer vertritt den Standpunkt, dass Verkehrsdaten für Internet- und Telefonkommunikation unter das verfassungsmässige Recht auf Schutz vertraulicher Kommunikation fallen.
Die holländische Regierung hat vorgeschlagen, das Recht auf vertrauliche Kommunikation zum Bestandteil der verfassungsmäßig geschützten Rechte der holländischen Bürger zu machen. Eine Verletzung dieser Rechte ist nur unter besonderen Umständen gestattet, zum Beispiel bei Abhörmaßnahmen von Strafverfolgungsbehörden. Dafür ist aber in jedem einzelnen Fall ein Gerichtsbeschluss nötig. Die Weitergabe von Verkehrsdaten an die Polizei ohne gerichtliche Verfügung stelle daher eine Verletzung von Artikel 8 der Europäischen Konvention für Menschenrechte dar, meinen die Strassburger Richter.
Laut der Registratiekamer sollte das Recht auf vertrauliche Kommunikation den Inhalt der Kommunikation betreffen ebenso wie die "in vielen Fällen gleich wichtigen Informationen darüber, wer wen zu welchem Zeitpunkt angerufen hat". Wenn die Freiheit und Vertraulichkeit der Kommunikation allein darauf bezogen sei, dass der Regierung hinsichtlich der Möglichkeit des Abhörens von Kommunikationsinhalten Beschränkungen auferlegt werden, "dann ist der Schutz des Rechts auf vertrauliche Kommunikation nicht ausreichend sichergestellt". Die Registratiekamer meint, dass dieser Umstand noch mehr Bedeutung gewinnen wird, weil mit den Telekommunikationsinfrastrukturen des Digitalzeitalters mehr und mehr Verkehrsdaten anfallen würden:
"Die Frage um die es dabei geht, ist nicht, ob Verkehrsdaten viel über Personen aussagen können, sondern der Punkt dabei ist, dass diese Kommunikationskanäle nicht vertraulich genutzt werden können, wenn der Staat ihre Nutzung im Detail überwachen kann".
Der Streit um das Thema Verkehrsdaten wir in Europa zunehmend hitziger geführt. Die Europäische Kommission unterbreitete letztes Jahr einen Vorschlag fuer eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation. (Richtlinie, siehe auch Brüssel an Strafverfolger: Es gibt ein Recht auf Privatsphäre) . In Artikel 6 der Richtlinie heißt es "Verkehrsdaten, die sich auf Teilnehmer und Nutzer beziehen und die für die Übertragung einer Nachricht verarbeitet und vom Betreiber eines öffentlichen Kommunikationsnetzes oder -dienstes gespeichert werden, sind nach Beendigung der Übertragung [...] zu löschen oder zu anonymisieren".
In einem kürzlich von Statewatch in deren Nachrichtenbulletin veröffentlichtem Dokument der Europäischen Arbeitsgruppe für polizeiliche Zusammenarbeit ist zu lesen, dass mehrere Delegationen (Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Schweden und Vereinigtes Königreich) Vorbehalte über die Implikationen dieses Artikels geäußert hätten. "Diese Maßnahmen würden es unmöglich machen, die jüngsten Aktivitäten einer unter Ermittluing stehenden Person ausfindig zu machen, weil keine Informationen über ihre Kommunikation zur Verfügung steht. Die Möglichkeit des schnellen Zugriffs auf Verkehrsdaten ist von großer Wichtigkeit für das Aufklären von Verbrechen", heißt es in dem Bericht. Die Arbeit an der Richtlinie ist bereits weit fortgeschritten. Sie soll bis zum 31.Dezember 2001 in nationales Recht Eingang finden. Die Polizei-Arbeitsgruppe drängt daher darauf, dass die gesetzgebenden Organe der Mitgliedsstaaten "die ernstlichen Konsequenzen der Richtlinie in Betracht ziehen" und sie bei den entsprechenden Autoren der Richtlinie zu Gehör bringen.
Die Europäische Kommission nimmt in ihrer letzten Veröffentlichung zum Thema Cyberkriminalität, "Creating a Safer Society by Improving the Security of Information Infrastructures and Combating Computer-related Crime" (PDF-Dokument), keinen Standpunkt hinsichtlich der heiklen Frage der Verkehrsdaten ein. Darin heißt es nur, diese schwierigen Fragen müssten zunächst vonStrafverfolgungsbehörden und Industrievertretern diskutiert werden, damit akzeptable Lösungen gefunden werden, in denen Rechte und Pflichten ausgeglichen sind.
Während einer Anhörung zu den Vorschlägen der der Europäischen Kommission im letzten Monat erklärte ein britischer Polizeibeamter, dass die europäischen Regelungen zum Schutz der Privatsphäre die Ermittlungen gegen Kinderpronographie blockieren würden. Eine britische Untersuchung gegen einen Kinderporno-Ring mit 500 Mitgliedern sei in einer Sackgasse, weil die Provider die Verkehrsdaten nicht speichern würden, sagte der britische Beamte. (siehe auch Brüssel gibt Gas bei der Bekämpfung der Computerkriminalität)