Hochwasser: Der lachende RWE-Mitarbeiter

Die Energie- und Klimawochenschau: Von Klimaprotesten, fehlendem Katastrophenschutz, Bergrecht in Tabuzonen und einem gutgelaunten Lobbyisten

Gut drei Jahre ist es inzwischen her. Am 20.8.2018 setzte sich ein junges schwedisches Mädchen vor das Parlament in Stockholm und verkündeten über die sozialen Medien, sie werde nun jeden Freitag hier protestieren und ihre Schule bestreiken, bis Parlament und Regierung die Klimakrise endlich ernst nehmen und das Ruder herumreißen.

Dass sie damit eine globale Jugendbewegung anstoßen würde, hatte sich Greta Thunberg damals sicherlich nicht träumen lassen. Doch offensichtlich hatte sie bei Jugendlichen in aller Welt einen Nerv getroffen. Auf allen Kontinenten gehen sie seitdem jeden Freitag auf die Straße und an einigen besonderen Aktionstagen sind es mitunter Millionen gewesen.

Am 24.9. soll es mal wieder so weit sein. Besonders in Deutschland wird zwei Tage vor der Bundestagswahl kräftig mobilisiert und zu dezentralen Demonstration und Schulstreiks im ganzen Land aufgefordert. Auch die Erwachsenen sollen sich anschließen. In Deutschland sind bereits in 190 Städten Aktionen angemeldet.

"Eine andere Welt ist möglich", heißt es im Aufruf zum Protest, der damit an die globalisierungskritische Bewegung der Nuller Jahre anknüpft, die bereits von einem großen, internationalen Unbehagen am Zustand und Kurs der Welt, der wachsenden Ungerechtigkeit, Naturzerstörung und Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft geprägt war.

Hier gibt es aus Anlass des dritten Jahrestags der Schulstreiks für das Klima eine Zusammenstellung von Reden, Interviews und Veröffentlichungen von Greta Thunberg in deutscher Übersetzung, die zugleich einen wichtigen Teil einer noch zu schreibenden Chronologie der Fridays-for-Future-Bewegung darstellen.

CO2-Konzentration in der Atmosphäre, gemessen auf dem Berg Mauna Loa auf Hawaii. Die dortige Messreihe ist die weltweit längste und ihre Werte gelten aufgrund der Ferne der Station zu Quellen und Senken als in guter Näherung repräsentativ für den mittleren CO2-Gehalt der unteren Atmosphäre. Bild: NOAA

Die Jugend ist ungeduldig geworden, und das ist gut so. Insbesondere in Sachen Klimaschutz hat sie allen Grund hierfür, denn die Untätigkeit der Regierungen ist dramatisch. Rund die Hälfte des durch menschliche Aktivitäten seit Beginn der Industrialisierung verursachten Anstiegs der CO2-Konzentration in der Atmosphäre (siehe Grafik) ist erst erfolgt, nach dem sich 1992 fast alle UNO-Mitglieder mit der UN-Klimaschutzkonvention darauf verständigt haben, einen gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Nicht nur das. Das Tempo des weiteren Anstiegs hat sich seitdem sogar noch von Jahrzehnt zu Jahrzehnt beschleunigt.

Das Ahrtal

Mitte Juli hatte auch Deutschland mit den schweren Unwettern im Rheinland einen gewissen Vorgeschmack bekommen, welche Dramen der Klimawandel verursachen kann, insbesondere wenn er auf planlose und unvorbereitete staatliche Organe ohne adäquate Katastrophenpläne, -übungen und -kommunikationssysteme trifft. Wir hatten gestern an dieser Stelle bereits berichtet, dass Meteorologen und Klimamodellierer inzwischen gezeigt haben, dass der bereits eingetretenen Klimawandel von global 1,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau Extremereignisse wie die rechtsrheinischen Juli-Hochwasser erheblich wahrscheinlicher machen (Ahr-Hochwasser: Es war der Klimawandel).

Derweil ist im Ahrtal und im Rheinland das Aufräumen noch lange nicht abgeschlossen und vom Wiederaufbau ist kaum zu reden. Aber die politische und vor allem juristische Aufarbeitung hat bereits begonnen. Spiegel TV hat in diesem Zusammenhang kürzlich eine sehenswerte Dokumentation zusammengestellt, die eine Chronologie der Katastrophe und der Versäumnisse des Krisenstabs im Ahrtal am 14. Juli nachzeichnet.

Tödliches Bergrecht

Etwas nördlich der aus der Eifel abfließenden Ahr, in Erftstadt-Blessem nordwestlich von Bonn, hatte die Katastrophe eine etwas andere Form angenommen. Dort war die Erft über die Ufer getreten, durch den Ort geflossen und hatte sich in eine nahegelegene Kiesgrube ergossen. Das Wasser hat binnen kurzer Zeit in der aus Schwemmland bestehenden Niederung den Grubenrand bis zum Dorf erodiert, so dass eine Reihe von Wohnhäusern unterspült wurden und einstürzten. Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben. Nun hat eine Recherche des ARD-Senders Westdeutscher Rundfunk ergeben, dass diese Grube im "gesetzlich festgelegten Überschwemmungsgebiet der Erft" liegt, wie es im Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahre 1998 heiße.

Der Wasserwirtschaftsverband habe sogar seinerzeit gegen die Kiesgrube geklagt, da Überschwemmungsflächen für die Erft verloren gingen. Doch der Kiesabbau wurde nach Bergrecht genehmigt, das der Ausbeutung von mineralischen Rohstoffen eine hohe Priorität einräumt. Umweltschutz und Anwohnerrechte haben da selten eine Chance.

Eigentlich, so die Darstellung des WDR, gilt ein Überschwemmungsgebiet als Tabuzone für den Rohstoffabbau, wobei das Tabu aber ohnehin in der Raumplanung als ein weiches definiert worden sei. Entsprechend konnte die Grube, trotz der durchaus bekannten Gefahren, in nur 400 bis 500 Meter von den nächsten Wohnhäusern eingerichtet werden. Windräder müssen in Nordrhein-Westfalen hingegen seit neuestem auf Beschluss der schwarz-gelben Landtagsmehrheit 1.000 Meter Abstand zur nächsten Wohnbebauung halten.

Verbindungen

Die Kiesgrube wird übrigens seit 2016 von einem Tochterunternehmen des in Nordrheinwestfalen aufs engste mit der Politik verflochtenen Braunkohlekonzerns RWE betrieben. Am 17. Juli und den Folgetagen sorgte eine Szene aus Erftstadt für große bundesweite Empörung, als während eines Pressestatements des Bundespräsidenten Steinmeiers CDU-Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet im Hintergrund mit einigen Personen offenbar bestgelaunt herumscherzte.

Einer der sichtlich Gutgelaunten, hinter Laschet stehend, war der CDU-Landtagsabgeordnete Gregor Golland. Golland ist zugleich der örtliche CDU-Kreisvorsitzende, seit 2004 Mitglied des Kreistags Rhein-Erft, und nahm im gleichen Jahr eine Teilzeittätigkeit in der RWE-Abteilung Rohstoffeinkauf auf. Später wechselte er zur RWE-Tochter innogy. Im Landtag gehört er unter anderem den Ausschüssen für Klima- und Umweltschutz sowie für Wirtschaft und Energie an. Alle Informationen laut Wikipedia.

2017 schrieb Abgeordnetenwatch über ihn, dass er jährlich 90.000 Euro für seine Nebentätigkeit bei RWE erhalte, was ihn zu einem der bestverdienenden Abgeordneten in NRW machte.

In anderen Jahren scheint er nach verschiedenen Medienberichten sogar über 100.000 Euro "Nebenverdienst" gehabt zu haben. Aber wie die Szene aus dem Juli zeigte, scheint ihm die Mitverantwortung seines Arbeitgebers für das tragische Unglück in seinem Wahlkreis nicht die Stimmung verdorben zu haben.