Immer mehr deutsche Unternehmen steigen in die Rüstungsbrache ein
Die Rüstungsindustrie boomt. Immer mehr deutsche Unternehmen wollen vom Aufrüstungstrend profitieren. Doch was bedeutet das für die Zukunft?
Deutschland stellt auf Kriegswirtschaft um. Immer mehr deutsche Unternehmen zeigen Interesse, Rüstungsgüter zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen. Darunter sind nach einem Bericht der Financial Times (FT) Mittelständler und Großkonzerne aus dem Fertigungs- und Maschinenbausektor.
Deutschlands Unternehmen entdecken die Rüstungsbranche
Nach dem Zweiten Weltkrieg vermieden es viele Unternehmen, mit dem Militär zusammenzuarbeiten. Ein wichtiger Grund dafür war ihre Zusammenarbeit mit dem Nazi-Regime. Doch nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine brechen sie mit diesem Tabu und beteiligen sich zunehmend an Rüstungsaufträgen, heißt es in dem Bericht.
Ein Beispiel ist der Motorenhersteller Deutz. Dessen Aktienkurs stieg in der vergangenen Woche um mehr als 20 Prozent, nachdem das Unternehmen angekündigt hatte, künftig auch Panzermotoren bauen zu wollen.
100-Milliarden-Euro-Sondervermögen als Anreiz
Dieser Sinneswandel kommt nicht von ungefähr: In Zeiten von Krieg und Aufrüstung lässt sich mit Rüstungsgütern viel Geld verdienen. Das von der Bundesregierung aufgelegte 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen hat die Neujustierung der Unternehmensziele unterstützt. Aber auch die langfristige Erhöhung des Wehretats bietet erhebliche Anreize.
Hinzu kommt auch die schwächelnde Wirtschaft in China, die die Nachfrage nach Produkten aus Deutschland sinken lässt. Aber auch der fortschreitende Wandel im Verkehrssektor macht sich bemerkbar: Weil sich die deutschen Autobauer mit der Umstellung ihrer Produktion auf Elektroautos schwertun, mussten einige bereits einen massiven Stellenabbau ankündigen.
Da kommt ein Krieg, der nicht enden will, gerade recht – zumal auch nach einem möglichen Friedensschluss weiter aufgerüstet wird. Aber schon jetzt erfordert die westliche Unterstützung der Ukraine in diesem Abnutzungskrieg die Produktion großer Mengen von Rüstungsgütern.
Krieg als Konjunkturmotor: Zivile Unternehmen unterstützen Aufrüstung
Entsprechend wird geprüft, ob nicht wenig genutzte zivile Produktionskapazitäten und Technologien die Aufrüstung unterstützen können. So stellen Unternehmen wie Continental und Lufthansa Technik zunehmend Personal und Wartungsdienstleistungen für Rüstungsunternehmen bereit. An den Börsen macht sich der Rüstungsboom längst bemerkbar.
Europas Aufrüstung: Vorbereitung auf US-Rückzug nach 2024?
Ein weiterer Grund für die Aufrüstung ist, dass sich die USA nach den Präsidentschaftswahlen 2024 zunehmend aus Europa zurückziehen könnten. In Washington stehen der indopazifische Raum und die Rivalität mit China im Vordergrund.
Deutschland und Europa müssen daher wieder lernen, auf eigenen Beinen zu stehen und ihre Streitkräfte für den Ernstfall entsprechend vorbereiten. Offen bleibt allerdings die Frage, ob die zunehmende Aufrüstung Kriege verhindert oder wahrscheinlicher macht.
Diese Frage ist umso brisanter, als in den USA bereits darüber nachgedacht wird, drei Kriege gleichzeitig zu führen. Aufgerüstete Armeen in Europa, die im amerikanischen Interesse agieren, sind dafür die Voraussetzung.