"Impfpflicht wird genauso wie in Österreich scheitern"

Matthias Schrappe über das die Impfpflichtdebatte, effektive Pandemiebekämpfung und die Folgen von zwei Krisenjahren

Herr Schrappe, die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist nun da, Gesundheitsämter winken, geht es um die Kontrollen, aber ab. Was soll das alles bringen?

Matthias Schrappe: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist die erste Vorbotin einer sich obrigkeitsstaatlich gerierenden Steurung der Epidemie. Sie wird zu einer weiteren Polarisierung und außerdem zu erheblichen Versorgungsstörungen führen.

In Frankreich haben sich zwei Prozent der im Gesundheitswesen Beschäftigten, rund 15.000 Personen, von ihrer Arbeit abgewandt, das wäre in unserer angespannten Personalsituation eine Katastrophe.

Matthias Schrappe ist emeritierter Professor für Innere Medizin. Von 2007 bis 2011 war er stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung im Gesundheitswesen.

Moralisierende Argumente sind nicht hilfreich, stattdessen wäre ein zugehendes Vorgehen und verlässlichere Erfassung der Nebenwirkungen in einer Form, die Vertrauen schafft, sinnvoll.

Gerade Gesundheitsexperten sehen sehr wohl, dass bei den Impfnebenwirkungen der ursächliche Zusammenhang zwischen Ereignis und Impfung in Zweifel gezogen wird, während es uns zum Beispiel bei der Sterblichkeit an Corona seit zwei Jahren nicht möglich ist, zwischen Tod "an" oder "mit" Corona zu unterscheiden – hier spielt die Ursache augenscheinlich keine Rolle.

Wie ist Ihre Prognose für die allgemeine Impfpflicht in der Bundesrepublik? In Österreich wurde sie ja gerade wieder kassiert.

Matthias Schrappe: Die Impfpflicht wird genauso wie in Österreich scheitern. Das Konzept ist unausgegoren und weder hinsichtlich Eignung, Notwendigkeit noch Verhältnismäßigkeit zu begründen.

Ein Konzept mit solchen Defiziten kann in einer intakten Gesellschaft niemals Wirklichkeit werden, man kann nicht gegen solche fundamentalen gesellschaftlichen Grundsätze regieren.

Dennoch scheinen zahlreiche meisten Abgeordneten im Bundestag an der allgemeinen Impfpflicht festzuhalten. Halten Sie sie für prinzipientreu oder unflexibel?

Matthias Schrappe: Ich denke, viele der Abgeordneten können ohne Gesichtsverlust nicht zurück. Sie haben nicht die Kraft einzugestehen, dass sie sich auf den Holzweg begeben haben. Anders ist es nicht zu erklären – was aber ein Riesenproblem darstellt.

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