zurück zum Artikel

Impfstoffproduktion gegen Cholera ungenügend

Cholera-Bakterien

3D-Darstellung von Cholera-Bakterien. Bild: Kateryna Kon / shutterstock

Zahl der Cholerafälle nimmt laut WHO drastisch zu. 2023 zählte man 700.000 dokumentierte Fälle. Gerechnet wird mit einer Steigerung. Impfen wäre sinnvoll.

Die akute Darminfektion Cholera überträgt sich durch Lebensmittel und Wasser, die mit Fäkalien kontaminiert sind, die das Bakterium Vibrio cholerae enthalten.

Dies ist besonders häufig wenn nach Naturkatastrophen oder in kriegerischen Konflikten die Infrastruktur zerstört ist und weder sauberes Trinkwasser zur Verfügung steht, noch die Möglichkeit Wasser vor dem Konsum abzukochen.

Aufgrund des Klimawandels treten Extremwetterereignisse immer häufiger und heftiger auf und verursachen große Schäden an der Infrastruktur.

Cholerafälle in 23 Ländern

Ihren Ursprung soll die Cholera in Zentralasien gehabt haben. Von Indien startete sie dann seine weltweite Verbreitung. 1854 beschrieb der Italiener Filippo Pacini das Bakterium als gekrümmtes, kommaförmiges, hochbewegliches Bakterium. Die Bewegung wird durch eine Geißel verursacht, welche für die Fortbewegung verantwortlich ist.

1884 konnte Robert Koch zusammen mit Bernhard Fischer und Georg Gaffky aus dem Darm verstorbener Patienten das Bakterium gewinnen und in Reinkultur züchten [1].

Cholera wird nach Angaben der WHO aktuell aus 23 Ländern [2] gemeldet. Am schwersten betroffen sind die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Haiti, Somalia, der Sudan, Syrien, Sambia und Simbabwe.

Häufung der Fälle: "So schlimm, wie schon lange nicht"

Die aktuelle Cholera-Pandemie ist die siebte [3] und seit 1961 aktiv. Die gemeldeten Cholerafälle [4] häufen sich seit 2021.

Im Jahr 2022 soll es mehr als doppelt so viele Fälle gegeben haben wie im Jahr davor, insgesamt 473.000, meldet die WHO. Vorläufige Daten für 2023 deuteten darauf hin, dass es im vergangenen Jahr mehr als 700.000 Fälle gab.

Mit den Cholerainfektionen in Malawi, Simbabwe und Mosambik soll es in den vergangenen drei Monaten so schlimm sein wie schon lange nicht mehr. Seit Beginn des Ausbruchs im Herbst 2023 [5] wurden in diesen Ländern mehr als 200.000 Fälle registriert, mehr als 3.500 Menschen seien inzwischen an der Krankheit gestorben.

Europa wird aufmerksam

Zwei kürzlich bekannt gewordene Übertragungsfälle aus Mayotte [6] und La Reunion [7] haben die Krankheit auch in Europa wieder in das Blickfeld gerückt.

"Cholera ist eine hoch ansteckende, akute Magen-Darm-Infektion, die durch Cholera-Bakterien hervorgerufen wird und mit schweren Durchfällen und Erbrechen sowie in der Folge einem hohen Flüssigkeitsverlust einhergehen kann. Betroffen sind Kinder und Erwachsene gleichermaßen", stellt Ärzte ohne Grenzen [8] fest.

"Pro Jahr erkranken weltweit bis zu vier Millionen Menschen an Cholera. Unbehandelt kann die Cholera mitunter innerhalb von wenigen Stunden tödlich verlaufen: Bis zu 140.000 Menschen sterben jährlich daran."

"Arme Leute-Krankheit"

Die Tatsache, dass sich Ärzte ohne Grenzen mit dem Thema befasst, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich bei Cholera um eine "Arme Leute"-Krankheit handelt.

Das hat ernsthafte Konsequenzen, denn da lohnt sich die Impfstoffproduktion kaum. Denn, wenn genügend Impfstoff gegen Cholera produziert würde, könnte man mittels Schluckimpfung gegen Cholera gut impfen und die Krankheit könnte ihren Schrecken verlieren.

Welche Impfstoffe gegen Cholera sind in Deutschland zugelassen?

Nach Aussage des Paul-Ehrlich-Instituts [9] (PEI), dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, einer Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) sind in Deutschland zwei oral zu verabreichende Impfstoffe gegen Cholera zugelassen.

Es handelt sich dabei zum Einen um Dukoral [10] von Valneva Sweden [11]und zum Anderen um Vaxchora [12] von Bavarian Nordic [13].

Die Ständige Impfkommission (STIKO) und die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTG) empfehlen Reiseimpfungen [14] zum individuellen Schutz Reisender mit einem Expositionsrisiko gegenüber bestimmten impfpräventablen Erkrankungen und um den Import von Infektionserregern in das bereiste Land oder bei Rückreise nach Deutschland zu verhindern.

Für die Deutschen, die aus welchen Gründen auch immer in die Krisenregionen reisen, mögen die verfügbaren Impfstoffe gegen Cholera ausreichend sein.

WHO: Neue Impfstoffe schnell auf den Markt bringen

Für die Einwohner dieser Regionen fehlt es jedoch noch immer an verfügbaren Impfstoffen. Daher fordert die WHO, dass neue Impfstoffe möglichst schnell genehmigt und in ausreichendem Maß und zu bezahlbaren Preisen auf den Markt gebracht werden.

Weltweit größter Hersteller von Cholera-Impfstoffen mit einem Marktanteil von 80 Prozent in 2023 ist die 2010 gegründete koreanische EuBiologics [15], die eine Lizenz für den Vertrieb von Euvichol-Plus [16] außerhalb Südkoreas hat.

Es kommt vorwiegend in Entwicklungs- und Schwellenländern zum Einsatz. Dieser wird über die WHO organisiert, die dafür von der Global Alliance for Vaccines and Immunizations (GAVI) finanziell unterstützt wird.

Die nach der Werkserweiterung im vergangenen Jahr verfügbare Fertigungskapazität von 50 Millionen Impfdosen deckt jedoch mitnichten den weltweiten Bedarf.

Daher fordert die WHO, dass neue Impfstoffe möglichst schnell genehmigt würden und in ausreichendem Maß und zu bezahlbaren Preisen auf den Markt gebracht werden können.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9668409

Links in diesem Artikel:
[1] https://mt-portal.de/im-fokus/von-indien-in-die-ganze-welt/
[2] https://twitter.com/DrTedros/status/1770734963001848303
[3] https://www.mpg.de/18052700/dem-ursprung-von-cholera-pandemien-auf-der-spur
[4] https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/cholera-impfstoff-1.6475835
[5] https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/cholera-afrika-ausbruch-100.html
[6] https://www.mayotte.gouv.fr/Actualites/Communiques-de-presse/Communique-de-presse-2024/Identification-d-un-premier-cas-de-cholera-a-Mayotte
[7] https://www.midilibre.fr/2024/03/24/deux-cas-suspects-de-cholera-identifies-a-la-reunion-et-a-mayotte-faut-il-sinquieter-11842648.php
[8] https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/krankheiten/cholera
[9] https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/cholera/cholera-node.html
[10] https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2009/2009032555648/anx_55648_de.pdf
[11] https://valneva.com/
[12] https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2023/20230922160546/anx_160546_de.pdf
[13] https://www.bavarian-nordic.com/
[14] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/Ausgaben/14_23.pdf?__blob=publicationFile
[15] http://eubiologics.com/eng/sub1_1.php
[16] http://eubiologics.com/eng/sub2_1.php