In Deutschland und USA schwindet Unterstützung für Ukraine
Umfragen zeigen Stimmungswandel. Russland ist nicht mehr Top-Bedrohung. Man will keine schweren Waffen mehr liefern. Man verlangt etwas anderes umso mehr.
Während es zunehmend schwierig wird für die Unterstützerstaaten der Ukraine im Westen die notwendigen militärischen und finanziellen Hilfen für das Land zu mobilisieren, ist vor allem in den USA, aber auch in Europa ein Stimmungswandel zu beobachten.
Munich Security Index 2024
Das zeigt sich auch an dem gerade während der Münchner Sicherheitskonferenz veröffentlichten Munich Security Index 2024, der Menschen und verschiedenen Staaten befragt, welche Gefahren sie wie hoch einschätzen. Während Russland beim letzten Index vor einem Jahr noch als Bedrohung Nummer eins in Deutschland wahrgenommen wurde, rutscht das Land auf der aktuellen Liste der Gefahren auf den siebten Platz ab.
Dieser Trend durchzieht die gesamte G7-Ländergruppe. Dort wurde die von Russland ausgehende Bedrohung vor einem Jahr noch als die dringlichste und größte Sorge betrachtet und stand an der Top-Position. Jetzt fällt Russland als Bedrohung auf den vierten Platz zurück.
Ganz oben auf der Liste der G7 stehen nun Extremwetter und Waldbrände, Cyberattacken und die Zerstörung natürlicher Lebensräume.
Mehrheit: Militärhilfe an Ukraine zu groß
Fast alle Indikatoren im Kontext des Kriegs Russlands gegen die Ukraine sind nach Angaben der Security-Studie gesunken, einschließlich des Einsatzes von Atomwaffen und eine Unterbrechung der Energieversorgung.
Für die Schwellenländer China, Brasilien, Iran und Südafrika landet Russland auf der Bedrohungsskala mit 32 Einzelpunkten unten auf Platz 29, noch hinter den USA und knapp vor der Europäischen Union.
Was die Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression angeht, ist ebenfalls ein Wandel zu verzeichnen. So lässt sich eine zunehmende Skepsis gegen Waffenlieferungen an die Ukraine erkennen, auch in Deutschland.
So findet nach einer Meinungsumfrage von YouGov, die vom 2. bis 6. Februar 2024 durchgeführt wurde, eine Mehrheit, 39 Prozent der Deutschen, dass die deutsche Militärhilfe zu groß ist. Es seien zu viele Waffen an die Ukraine geliefert worden.
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Demgegenüber sagen 18 Prozent, dass noch mehr militärische Ausrüstung geliefert werden sollte. 26 Prozent halten das derzeitige Maß für angemessen.
Gegen schwere Waffen
Vor allem schwere Waffen sieht man in Deutschland kritisch. Schon vor der geplanten Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern Anfang letzten Jahres sagten 44 Prozent der Befragten in einer Erhebung, dass das falsch sei. Demgegenüber hielten 41 Prozent es für richtig.
Noch klarer lehnen Deutsche die Bereitstellung von Kampfjets ab. 56 Prozent der Deutschen sind dagegen, nur 27 Prozent dafür.
Zugleich sagen nur noch 25 Prozent der Deutschen in einer aktuellen Umfrage, dass sie bereit seien, mehr Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine als bisher aufzunehmen. Knapp ein Drittel (32 Prozent) spricht sich dagegen aus. Im Mai 2022 waren noch 46 Prozent dafür.
Auch in den USA sinken die Werte
In Bezug auf Sanktionen gegen Russland sind die Zustimmungswerte ebenfalls gesunken, wenn auch immer noch eine (kleiner werdende) Mehrheit sie netto unterstützt, wie bei der humanitären Hilfe. Das gilt für Waffen und Flüchtlingsaufnahme jedoch nicht mehr.
Auch in den USA zeigen Studien, dass eine Mehrheit der Ansicht ist, dass die Regierung zu viele Waffen an die Ukraine sendet, es sind 31 Prozent. Demgegenüber stehen 16 Prozent, die die Hilfen für nicht ausreichend empfinden, während 29 Prozent sie als genau richtig einschätzen.
Interessant ist auch, dass eine Befragung vom Quincy Institute herausgefunden hat, dass erstaunliche 70 Prozent der Amerikaner:innen der Überzeugung sind, dass die Biden-Regierung die Ukraine dazu drängen sollte, Friedensverhandlungen mit Russland aufzunehmen.
Amerikaner:innen wollen Diplomatie, die Deutschen auch
Das Votum für Verhandlungen änderte sich zudem praktisch nicht, wenn den Befragten gesagt wurde, dass ein solcher Schritt Kompromisse von allen Parteien beinhalten würde. Zwei von drei Befragten sagten weiter, dass die USA die Gespräche trotz möglicher Nachteile fortsetzen sollten.
Zum Vergleich: Ende 2022 waren es noch 57 Prozent der befragten Wähler in den USA, die sich für Verhandlungen aussprachen, die Kompromisse enthalten würden. Das ist eine Differenz von neun Prozent zu heute.
Auch in Deutschland stehen diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Kriegs hoch im Kurs. In einer Umfrage von Anfang Januar dieses Jahres erklärten 51 Prozent der Befragten, dass ihnen die Bemühungen der deutschen Politik in diesem Punkt nicht weit genug gehen. Nur sechs Prozent finden sie zu weitgehend, 29 Prozent halten sie für angemessen.