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Irak: 100.000 Christen auf der Flucht

Dschihadisten der IS haben nach Angaben von Vertretern der chaldäisch-katholischen Kirche Städte und Dörfer in der Ninive-Ebene erobert, kurdische Peshmerga konnten den Ansturm nicht verhindern

Etwa 100.000 Christen seien vor den IS-Milizen aus Städten und Dörfern in der Ninive-Ebene [1] geflüchtet - ein "echter Exodus", die meisten seien zu Fuß unterwegs, in der Gluthitze des irakischen Sommers, um die kurdischen Städte Erbil, Dohuk oder Sulaimanija zu erreichen, ist in einem dringendem Hilferuf [2] des Patriarchen der chaldäisch-katholischen Kirche, Louis Sako, zu lesen. Tage zuvor mussten Mitglieder der Religionsgemeinschaft der Jesiden vor den muslimischen Fanatikern die Flucht ergreifen [3], auch sie benötigen dringende Hilfe.

Kurdische Peshmerga-Milizen hätten dem Ansturm von IS-Kämpfern nicht standhalten können und Positionen in Bakhdida [4] - auch bekannt als Qaraqosh, das mit 50.000 Einwohnern als Hauptstadt der Christen im Irak [5] gilt - in Karamlish, Bartalla, Ba'ashika, Tel Kaif, Al Qosh, Tel Eskof und Batnaya aufgegeben [6], heißt es. Laut Kurd.net haben die Peshmerga-Truppen mit ihrem Rückzug aus drei Arealen im Norden Mosuls Tausende Einwohner in Panik zurückgelassen [7].

IS-Media

Der Erzbischof der chaldäisch-katholischen Kirche von Kirkuk and Sulaimanija, Joseph Thomas, appellierte an den UN-Sicherheitsrat, angesichts der Katastrophe einzugreifen, die oben genannten Orte seien von Christen geräumt und unter Kontrolle der IS-Miliz. Auch der Vorsitzende der französischen Organisation Fraternité en Irak, Faraj Benoît Camura, forderte [8] humanitäre Hilfe und ein Mandat der UNO für einen militärischen Einsatz gegen IS-Milizen.

Bakhdida/Qaraqosh liegt im Südwesten Mosuls, nicht ganz 30 Kilometer entfernt, und war seit der Eroberung Mosuls durch die Dschihadisten im Juni zu einem zentralen Zufluchtsort der Christen geworden; sie glaubten sich durch die kurdischen Peshmerga gut geschützt, auch wenn der islamische Staat durch seine Kontrolle über die Wasserzufuhr großen Druck [9] ausübte. Da es nicht genug Brunnen gibt, wurde die Wasserversorgung mit großem Aufwand über Lastwagen aus dem nahe gelegenen Kurdengebiet aufrecht erhalten.

Nach Informationen von Kurd.net nähern sich die Kämpfe zwischen IS-Milizen und Peshmerga-Truppen immer mehr der Kernzone des irakischen Kurdistan, so soll es mittlerweile auch Kämpfe in der Nähe von Erbil [10] gegeben haben. Nach Angaben aus der Peshmergaführung habe man allerdings die Taktik geändert und sei von der "Verteidigung auf den Angriff übergegangen".


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3366782

Links in diesem Artikel:
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Ninive-Ebene
[2] http://www.lavie.fr/images/2014/08/07/55361_lttre-sako-7-aout-2.png
[3] https://www.heise.de/tp/features/Kurden-wollen-vom-IS-kontrollierte-Gebiete-zurueckerobern-3366766.html
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/Bakhdida
[5] http://www.bbc.com/news/world-middle-east-28686998
[6] http://www.katholisch.de/de/katholisch/themen/news/page_news.php?id=37303
[7] http://www.ekurd.net/mismas/articles/misc2014/8/kurdsiniraq244.htm
[8] http://fraternite-en-irak.org/2014/08/07/les-populations-fuient-la-plaine-de-ninive-sos-de-mgr-sako/
[9] http://www.businessweek.com/articles/2014-07-22/iraqs-waterless-christians-the-campaign-to-expel-a-religion
[10] http://www.ekurd.net/mismas/articles/misc2014/8/state8275.htm