Ist das der Anfang vom Ende des Ukraine-Kriegs?

Seite 2: Die Sorgenliste der US-Regierung: Nachdenken über Auswege

Saluschnyj sagte, dass der Ukraine in einem längeren Krieg die "notwendige Menge" an Raketen und Munition ausgehen werde, während Russland trotz der Sanktionen seine Produktionskapazitäten ausbaut. Und selbst wenn der Ukraine die Waffen nicht ausgingen, fügte er hinzu, würden Soldaten fehlen.:

Ein Zermürbungskrieg führe dazu, dass die Ukraine nicht mehr in der Lage sei, eine Überlegenheit gegenüber dem Feind über in Reserve gehaltenen Truppen zu erreichen, indem man die Zahl erhöht. Ein enger Vertrauter Selenskyjs erklärte gegenüber der Time, selbst wenn die Vereinigten Staaten der Ukraine alle benötigten Waffen gäben, verfüge Kiew "nicht über die Männer, um sie einzusetzen".

Selenskyjs Büro zensierte Saluschnyj, indem man sagte, er "erleichtere die Arbeit" Russlands und schüre "Panik" unter den westlichen Partnern der Ukraine. Die New York Times nennt die Zensur "eine auffällige öffentliche Zurechtweisung, die eine sich abzeichnende Kluft zwischen der militärischen und der zivilen Führung signalisiert".

Neben dem Druck aus Selenskyjs innerem politischen und militärischen Kreis erhält er auch diplomatischen Druck von den internationalen Partnern der Ukraine.

In einem Artikel von NBC News vom 3. November hieß es, dass "US-amerikanische und europäische Beamte begonnen haben, im Stillen mit der ukrainischen Regierung darüber zu sprechen, was mögliche Friedensverhandlungen mit Russland zur Beendigung des Krieges beinhalten könnten".

In dem Artikel heißt es weiter unter Berufung auf einen amtierenden und einen ehemaligen hochrangigen US-Beamten, die mit den Gesprächen vertraut sind, dass "die Gespräche sehr grobe Umrisse dessen enthielten, was die Ukraine möglicherweise aufgeben müsste, um eine Einigung zu erzielen."

Die Gespräche im Stillen deuten darauf hin, dass die USA und ihre europäischen Verbündeten mit Saluschnyj darin übereinstimmen, dass die Ukraine ihre Ziele auf dem Schlachtfeld möglicherweise nicht erreichen kann, die Verwirklichung ihrer Absichten bei längeren Kämpfen weiter infrage gestellt wird und möglicherweise einige Zugeständnisse gemacht werden müssen.

Es gibt eine bemerkenswerte Übereinstimmung in der Sprache der US-amerikanischen und europäischen Offiziellen und der Sprache von Saluschnyj und Selenskyjs Beratern. NBC berichtet, dass die Gespräche "inmitten der Besorgnis US-amerikanischer und europäischer Regierungsvertreter begannen, dass der Krieg eine Pattsituation erreicht hat". NBC berichtet, dass, wie Saluschnyj, "einige US-Militärbeamte privat begonnen, den Begriff 'Patt' zu verwenden, um die aktuelle Schlacht in der Ukraine zu beschreiben".

Wie Saluschnyj und Selenskyjs Berater sind auch Beamte der Biden-Regierung besorgt, dass der Ukraine die Kräfte ausgehen. Nach Angaben von Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind", berichtet NBC, hat sich Präsident Joe Biden intensiv mit den schwindenden Streitkräften der Ukraine beschäftigt. "Manpower", so wird eine dieser Quellen zitiert, "steht derzeit ganz oben auf der Sorgenliste der Regierung".

In Anlehnung an den in der Time zitierten "engen Berater von Selenskyj" sagte dieselbe Quelle: "Die USA und ihre Verbündeten können die Ukraine mit Waffen versorgen, aber wenn die nicht über kompetente Kräfte verfügt, um sie einzusetzen, nützt das nicht viel."

Diese Bedenken, so berichtet NBC, haben US-Beamte dazu veranlasst, privat zuzugeben, dass "die Ukraine wahrscheinlich nur noch bis zum Ende des Jahres oder kurz danach Zeit hat, bevor dringendere Gespräche über Friedensverhandlungen beginnen sollten."

Damit bleiben nur noch ein paar Monate. Da sich die Entwicklung auf dem Schlachtfeld trotz Selenskyjs unbeirrbarem "Glauben an den Endsieg der Ukraine über Russland" gegen die Ukraine wendet, scheint sich der Druck auf Selenskyj sowohl von innen als auch von außen zu verstärken, sich den diplomatischen Forderungen zuzuwenden und dem Beginn eines Kriegsendes ins Auge zu schauen.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Magazin Responsible Statecraft und findet sich dort im englischen Original. Übersetzung: David Goeßmann.