Ist die deutsche Corona-Politik gescheitert?

Bild: NIAID/CC BY-2.0

Seit fast drei Monaten sterben immer mehr Menschen an Covid-19

Nach und nach trudeln die über die Feiertage verzögerten Zahlen ein. Nicht nur stramme Corona-Leugner ahnen schon: Die Bilanz ist nicht erfreulich. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, lag die Zahl der Sterbefälle in der zweiten Dezemberwoche um 23 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Dies entspricht 4.289 zusätzlichen Toten. Im November befanden sich die Sterbefallzahlen noch um 11 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen vier Jahre.

Während sich im Frühjahr des letzten Jahres viele Beobachter wunderten, dass eine Erkrankung an Covid-19 hierzulande anscheinend weniger tödliche Konsequenzen hatte als anderswo, spricht von einem deutschen Corona-Wunder schon lange keiner mehr. Ein Dreivierteljahr später, in Pandemiezeiten eine kleine Ewigkeit, steht fest, dass Sars-CoV-2, das neue Coronavirus, Deutschland fest im Griff hat.

Eine Übersterblichkeit setzte in Deutschland mit einem Schub der Zahl aller Sterbefälle etwa seit Mitte Oktober ein. Ebenfalls seit Mitte Oktober stieg die Zahl der Corona-Fälle und bald darauf auch die Zahl der Corona-Toten stark an. In der ersten Novemberwoche (45. KW) gab es 1.175 gemeldete COVID-19-Todesfälle. In der ersten Dezemberwoche (49. KW) waren es 2.997, in der Woche darauf (50. KW) bereits 3.595 Todesfälle. Die Gesamtzahl der bestätigten Corona-Toten hat sich seit Oktober vervierfacht. Sie liegt nun bei fast 39.000. Die Dunkelziffer ist unbekannt.

Die zusätzlichen Sterbefallzahlen seien fast ausschließlich auf eine Zunahme der Sterbefälle von über 80-Jährigen zurückzuführen, so das Statistische Bundesamt. In dieser Altersgruppe würden Todesfälle durch Covid-19 gehäuft auftreten. Wie ferner mitgeteilt wird, ist die Übersterblichkeit "über alle Novemberwochen hinweg angewachsen". Es steht zu befürchten, dass der nächste Bericht, mit dem Befund für die Entwicklung im Monat Dezember, nicht sehr viel besser ausfallen wird.

Seit Tagen verkündet das Robert-Koch-Institut (RKI) fast täglich neue Rekorde an Corona-Toten. Am Samstag wurden 1.083 weitere Todesfälle gemeldet. Tags zuvor war mit 1.188 ein Tageshöchststand erreicht worden. In Sachsen ist die Zahl sowohl der coronapositiven Fälle als auch der Sterbefälle besonders hoch. Mit weniger als fünf Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung hat Sachsen derzeit zehn Prozent der Todesfälle.

Deutschland nähert sich somit kontinuierlich der Situation seiner ehemals bemitleideten Nachbarn, wie Italien, Frankreich oder Spanien, an. Anfang Mai verzeichnete Italien circa 28.000, Deutschland ungefähr 6.700 Covid-19-Todesfälle. Ende der ersten Januarwoche 2021 liegt die Sterbefallzahl in Italien bei etwa 77.000, in Deutschland bei 39.000. Deutschland hat weiter aufgeholt und sich sicherlich nicht von der allgemeinen Bewegungsrichtung der Pandemie entkoppelt.

Laut einer Sonderveröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zu den Sterbefallzahlen im Jahr 2020 ergaben sich hierzulande zwischen Ende März und Anfang Mai "durchgehend und deutlich erhöhte" Sterbefallzahlen im Vergleich zu den Vorjahren, mit einer Übersterblichkeit in der Spitze von bis zu 15 Prozent. Zeitgleich erreichte die Zahl der gemeldeten Covid-19-Todesfälle einen Höchststand.

Dieses Muster wiederholte sich mit der zweiten Pandemiewelle ab Mitte Oktober. Bereits seit fast drei Monaten ist eine signifikante Übersterblichkeit in Deutschland festzustellen.