Kann der Amazonas-Regenwald überleben?

Amazonas-Regenwald in Ecuador. Bild: Jay / CC BY 2.0 Deed

Der Fortbestand des Amazonaswaldes ist akut bedroht. Sein Verschwinden wäre eine Bedrohung für die Welternährung. Warum das so ist.

Der südamerikanische Monsun ist das erste Glied einer Kette von Prozessen, die große Mengen Wasser von der Karibik über das Amazonasbecken bis nach Paraguay und in den Norden Argentiniens bringt. Nicht nur der weltgrößte tropische Regenwald, sondern auch die Landwirtschaft größerer Teile Brasiliens, Boliviens, Paraguays, Uruguays und zum Teil auch Argentiniens hängt von ihm ab.

Und da dies wichtige Exportländer sind, hat der südamerikanische Monsun letztlich auch einen nicht unwesentlichen Einfluss auf den Weltmarkt für Sojabohnen, Reis und einige andere Grundnahrungsmittel.

Zentrales Glied in diesem Regen-Fließband ist das Amazonasbeckens mit seinem gigantischen Regenwald, in dem sich der Monsun abregnet, und in dem sich so viel Feuchtigkeit sammelt, die dort wiederum zur Bildung neuer Wolken und Niederschlagsgebiete führt, die den Regen sozusagen recycelt, bis er das Pantanal, das größte Feuchtgebiet der Erde, und die Regionen südlich davon erreicht.

Doch der Amazonas-Regenwald wird von verschiedenen Seiten massiv bedroht: Von den globalen Klimaveränderungen und von rücksichtslosen Eingriffen gewinnsüchtiger Menschen: von Agrarindustriellen, die mit Brandrodung neues Acker- und Weideland gewinnen, von Goldsuchern, die die Flüsse mit Quecksilber vergiften, von Bergbauunternehmen, die Eisenerz und anderes abbauen wollen, von Staudammprojekten, die große Flächen unter Wasser setzen.

Aktuell sind zahlreiche von indigenen Völkern bewohnte Gebiete durch Bergbauunternehmen und Holzfäller bedroht, und die mörderische Gefahr, der Menschen in Brasilien ausgesetzt sind, die sich dem entgegenstellen, wurde auf Telepolis schon mehrfach thematisiert.

Dass der Wald aufgrund dieser zahlreichen Wunden, die ihm zugefügt werden, aufgrund seiner reduzierten Fläche, irgendwann seine wichtige Funktion verlieren und das ganze Amazonasbecken umkippen und zu einer Steppe werden könnte, ist schon länger bekannt. Nun haben Nils Bochow von der Universität in Tromsø, Norwegen, und Niklas Boers vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) mit einem nichtdynamischen Modell einmal genauer geschaut, wie der zunehmende Waldverlust den Monsun auf dem Kontinent beeinflusst.

Ihre Ergebnisse sind letzte Woche im Fachmagazin Science Advances erschienen und „schockierend“, wie die Autoren gegenüber der britischen Zeitung Guardian äußerten. Sie würden „auf eine bevorstehende Verschiebung im Amazonas-Ökosystem hin(deuten), wenn die Abholzung und die globale Erwärmung nicht gestoppt werden“, so Nils Bochow.

Ein großer Teil des Regens in den westlichen Teilen des Amazonasgebiets und im südlichen Südamerika stammt aus der Verdunstung durch die Bäume des Regenwaldes, heißt es beim PIK. Wichtig sei für das Funktionieren des Feuchtigkeitstransports das östliche Amazonasgebiet, indem allerdings die Entwaldung in den letzten Jahren besonders stark gewesen ist. Brasiliens rechtsextremer Ex-Präsident Jair Bolsonaro hatte alle Beschränkungen für Holzfäller und Agrarindustrielle aus dem Weg geräumt, sodass der Waldverlust wieder erheblich zugenommen hatte.

Damit steigt die Gefahr der Unterbrechung des Regen-Fließbandes, und die beiden Autoren konnten unter anderem zeigen, dass die Stabilität des südamerikanischen Monsunsystems in den letzten Jahrzehnten tatsächlich bereits abgenommen hat.