Kinderschutz-Apps: Wo Überwachung beginnt und Sicherheit endet

Erstauntes Mädchen mit Smartphone - Kinderschutz in der digitalen Welt

Ein junges Mädchen blickt erstaunt auf ihr Smartphone – ein Sinnbild für die Herausforderungen und Gefahren der digitalen Welt, denen Kinder ausgesetzt sind. Eltern setzen zunehmend auf Kinderschutz-Apps, doch nicht alle halten, was sie versprechen.

(Bild: Marina April / Shutterstock.com)

Eltern wollen ihre Kinder im Internet schützen – doch manche Apps machen genau das Gegenteil. Eine Studie zeigt jetzt, dass viele Kinderschutz-Apps in Wahrheit Spionage-Tools sind.

Smartphones und Tablets sind aus dem Leben von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken. Aus dem Blickwinkel der Eltern sind sie allerdings ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bieten sie Zugang zu Wissen und Kommunikation, andererseits lauern im Internet auch viele Gefahren.

Um ihre Kinder zu schützen, greifen bis zu 80 Prozent der Eltern zu speziellen Kinderschutz-Apps. Diese versprechen, die Smartphone-Nutzung der Kinder zu kontrollieren und sie vor ungeeigneten Inhalten zu bewahren.

Doch nicht alle diese Apps halten, was sie versprechen. Eine aktuelle Studie des University College London und der FH St. Pölten hat 40 Kinderschutz-Apps genauer unter die Lupe genommen – mit alarmierenden Ergebnissen. Vor allem sogenannte "Sideloaded Apps", die nicht aus offiziellen App-Stores wie dem Google Play Store stammen, erwiesen sich als problematisch.

Überwachung statt Kinderschutz

Die Forscher verglichen 20 Sideloaded Apps mit 20 offiziellen Apps aus dem Play Store. Dabei zeigte sich: Viele der inoffiziellen Kinderschutz-Apps gehen weit über das hinaus, was für den Schutz nötig wäre. Sie verlangen übermäßige Berechtigungen, um auf persönliche Daten zuzugreifen, übertragen diese teilweise unverschlüsselt und tarnen ihre Präsenz auf dem Smartphone.

Fünf Apps wurden von den Forschern sogar als potenzielle Stalkerware eingestuft: mSpy, FlexiSpy, Hoverwatch, Cocospy und iKeyMonitor. Diese Apps ermöglichen es, heimlich Screenshots zu machen, Anrufe abzuhören und Nachrichten mitzulesen – Funktionen, die für Kinderschutz vollkommen unangemessen sind.

Tarnung als Kinderschutz

Ein besonders perfides Vorgehen ist die sogenannte Obfuskation. Dabei verbergen die Apps ihre Präsenz auf dem Smartphone, indem sie ihr Icon und ihren Namen verschleiern. Für Laien: Die App ist quasi unsichtbar installiert. Dieses Vorgehen ist bei offiziellen Store-Apps verboten, bei den untersuchten Sideloaded Apps aber weitverbreitet.

Leonie Tanczer, Hauptautorin der Studie, warnt: "Sobald man beginnt, die Sicherheitsvorkehrungen zu entfernen, die offizielle Store-Apps haben müssen, ist es ein schmaler Grat zwischen legitimer Nutzung und unethischer Überwachung oder in extremen Fällen häuslicher Gewalt."

Die Forscher vermuten, dass viele dieser Apps ursprünglich als Spionage-Tools entwickelt wurden, etwa um untreue Partner zu überwachen. Als diese Praxis zunehmend geächtet wurde, vermarkten die Entwickler ihre Apps nun als Kinderschutz-Tools.

Massive Eingriffe in die Privatsphäre

Ein weiteres Problem: Viele der untersuchten Apps haben unzureichende oder gar keine Datenschutzrichtlinien. Die Nutzer wissen also nicht, welche Daten gesammelt und wie sie verwendet werden. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeit sich noch entwickelt, sind solche massiven Eingriffe in die Privatsphäre höchst bedenklich.

"Das Hauptproblem bei der umfangreichen Funktionalität dieser inoffiziellen Apps ist die Einwilligung", sagt Eva-Maria Maier, Erstautorin der Studie. "Wenn Eltern eine offene, transparente Beziehung zu ihrem Kind haben, sollten sie diese Apps nicht auf dem Smartphone ihres Kindes verstecken oder auf so viele private Informationen zugreifen müssen."

Offizielle Apps als sicherere Alternative

Im Vergleich zu den Sideloaded Apps schnitten die offiziellen Apps aus dem Google Play Store deutlich besser ab. Sie boten mehr Transparenz, hielten sich an Datenschutzrichtlinien und verzichteten auf verschleierte Überwachungsfunktionen. Wer als Eltern auf Nummer sicher gehen will, sollte also zu Apps aus offiziellen Quellen greifen.

Doch auch hier gilt: Kein technisches Hilfsmittel kann das offene Gespräch mit dem Kind ersetzen. Eltern sollten frühzeitig mit ihren Kindern über die Chancen und Risiken der digitalen Welt sprechen und gemeinsam Regeln für die Smartphone-Nutzung aufstellen. Nur so können Kinder zu einem selbstbestimmten und verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet heranwachsen – der beste Schutz gegen Online-Gefahren.