Klimafreundlich essen im Winter – geht das überhaupt?

Es muss nicht jedes Gemüse zu jeder Jahreszeit sein. Rosenkohl ist ein klassisches Wintergemüse. Foto: Lebensmittelfotos auf Pixabay (Public Domain)

Kurze Transportwege und Regionalität sind gefragt. Traditionelle Kohlgerichte galten aber lange als altmodisch und hausbacken. Dank vielfältiger Arten und Rezepturen feiert das Gemüse nun ein Comeback.

Regional und saisonal sind Schlüsselworte, wenn es um klimafreundliches Essen geht. Neben Wurzelgemüse sind das im Winter verschiedene Kohlsorten, die lange als unmodern galten. Das beginnt sich gerade zu ändern.

Ob Rot- oder Weiß-, Rosen- oder Chinakohl - Kohl ist gesund, nachhaltig, reich an Vitaminen und Heilstoffen. Alle Arten sind kalorienarm und stecken voller Mineral-, Ballaststoffe und Vitamine, aber auch Spurenelemente wie Eisen und sekundäre Pflanzenstoffe. Kohl gehört zur Gattung der Kreuzblütler (Brassica oleracea).

Diese sind verwandt mit Raps, Rüben, Senf, Rettich, Radieschen und vielen weiteren Arten. Sie alle enthalten einen hohen Anteil an Senfölen, die dem Kohl seinen typischen Geschmack geben. Alle europäischen Kohlarten gehen vermutlich auf eine Wildform des Kohls zurück, dessen Blätter locker am Stengel sitzen. Bis heute ist Wildkohl im Mittelmeerraum, aber auch an der Nordsee verbreitet.

Kultiviert wurde Kohl bereits vor mehreren Tausend Jahren. Bereits die Römer bauten ihn in ihren Gärten an. Man aß ihn in Suppen oder eingesäuert. Erst im Mittelalter verbreitete er sich in Richtung Nordeuropa. Im Laufe der Zeit züchtete der Mensch bestimmte Merkmale heraus, die die Grundlage für die heutige Vielfalt an Kohlgemüse lieferten. In Deutschland ließ Karl der Große gegen Ende des 8. Jahrhunderts den ersten Kohl auf den kaiserlichen Gütern anpflanzen.

Insbesondere in Notzeiten oder in besonders strengen Wintern aßen die Menschen Kohl. Deshalb gilt er auch als "Arme-Leute-Essen". Blumenkohl und Brokkoli allerdings sind Teil der Feinschmecker-Küche. Durch Importe aus Übersee im 19. Jahrhundert kam auch der inländische Kohlanbau in Schwung. Nach dem Zweiten Weltkrieg verpassten Amerikaner und Engländer den Deutschen den Spitznamen "Krauts".

In der Nachkriegszeit verloren die Deutschen ihr Interesse am Kohl. Viele kleine Anbaubetriebe gaben auf, stattdessen übernahmen große Betriebe die Produktion. Die alten Kohlsorten, die in Vergessenheit gerieten, werden heute wieder neu entdeckt. Auch in der Gastronomie wird Kohl wieder vielseitig verarbeitet.

Sauerkraut – wichtiger Vitaminlieferant

Hierzulande wird der Weißkohl wohl am häufigsten kultiviert. Kohl liebt nährstoffreiche Böden und braucht eine regelmäßige Wasserversorgung. Deshalb gedeiht er in den deutschen Küstenregionen besonders gut - zum Beispiel in Dithmarschen, Europas größtem zusammenhängendem Kohlanbaugebiet. Weißkohl, Rotkohl und Wirsing - rund 80 Millionen Köpfe werden hier jährlich geerntet.

In Fildern, einer Hochebene im Süden von Stuttgart, wird der Spitzkohl kultiviert, eine besondere Weißkohlart. Aus dem Filderkraut wird vor allem Sauerkraut produziert, das auch ins Ausland exportiert wird. Etwa die Hälfte der deutschen Weißkohl-Produktion wird heute zu Sauerkraut verarbeitet. Sauerkraut ist kalorienarm und fettlos. Es enthält Ballaststoffe, Mineralstoffe, Milchsäure sowie die Vitamine A, B, C, E und K. Sauerkraut hilft, die Darmflora zu regenerieren und tötet Keime ab. Die beste Wirkung entfaltet es, wenn es roh gegessen wird.

Seit Jahrhunderten versorgte Sauerkraut die Menschen im Winter mit Vitaminen. Vor allem Seefahrer ernährten sich während langer Fahrten auf hoher See von ihm. Im 19. Jahrhundert begann der Kohlanbau und die Produktion von Sauerkraut in großem Stil. Außer in Norddeutschland und in Stuttgart sind Anbaugebiete in Bayern, in der Südpfalz und in Nordrhein-Westfalen.

Doch im Zuge der modernen Lebensmittelproduktion und weil alle möglichen Gemüsesorten uns heute ganzjährig zur Verfügung stehen, verlor es mit der Zeit an Bedeutung. Ein erhöhtes Bewusstsein für Gesundheit, Klima und Produkte aus regionalem Anbau machen das Sauerkraut heute wieder interessant.

Kohl in allen Farben

Ob als knackiger Salat oder als feine Beilage zu Fleisch: Rotkohl wird bei uns traditionell zu Weihnachten mit vielen Gewürzen zubereitet und zu Gans oder Ente gegessen. Rotkohl enthält viel Vitamin C, welches seine Wirkung besonders gut entfaltet, wenn er roh verzehrt wird. Die großen runden violett-weißlichen Rotkohlköpfe schmecken sowohl fein geraspelt als Salat als auch gegart in kleinen Streifen als Gemüse.

Zu rohem als auch gekochten Rotkohl passen gut klein geschnittene Äpfel oder auch Pflaumen, wenn es wegen der Regionalität keine Orangen sein sollen, die geschmacklich ebenfalls passen. Die Früchte unterstreichen sein fein-süßliches Aroma.

Je nach pH-Wert des Bodens wird der Kohl eher rot, blau oder lila. Grund dafür sind die Anthocyane (wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe). Je saurer der Boden, desto intensiver ist die rote Farbe. Frühe Sorten werden bereits im Juni geerntet. Doch nur die späten Sorten, die zwischen September und November geerntet werden, sind bei etwa Null Grad im Keller etwa ein halbes Jahr lang haltbar.

Wegen seiner hohen Lagerfähikgeit ist Rotkohl hierzulande fast das ganze Jahr über im Handel erhältlich. Die Inhaltstoffe von Weißkohl und Rotkohl sind nahezu identisch.

Ob vegetarisch oder mit Hackfleisch, ob als Eintopf, Auflauf oder Roulade: Der Wirsing ässt sich auf vielfältige Art zubereiten. Er besteht etwa zu 90 Prozent aus Wasser, doch die übrigen zehn Prozent enthalten viele Vitamine und Mineralien: Neben Vitamin C auch verschiedene B-Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe, Folsäure und Kalium. Besonders gesund ist roher Wirsing, aber auch gegart gehen nicht alle wertvollen Inhaltsstoffe verloren.

Seine gewellten, grob strukturierten Blätter sind sehr dekorativ. Die frühen Sorten mit ihren hellgrünen, fast gelblichen Blättern werden bereits im Mai geerntet. Im Juli folgen die mittleren und von Oktober bis Ende Februar die späten Sorten. Je später Wirsing geerntet wird, desto dunkler färben sich die grünen Blätter, bekommen teils einen weißlichen Belag und der Geschmack wird kräftiger. Ähnlich wie der Rotkohl ist er das ganze Jahr über verfügbar.

Rosenkohl passt als Auflauf, Suppe oder Beilage gut zu deftigen Gerichten. Er liefert etliche Vitamine, darunter Vitamin B und C, zudem Mineralstoffe und Folsäure für die Zellen, Zink für Haut und Haare, Eisen für die roten Blutkörperchen und Kalium zum Entwässern.

Rein an Vitaminen und Vitalstoffen

Geerntet werden nur die Knospen, die sich in den Blattachseln an den bis zu 70 Zentimeter hohen Stängeln bilden. Frühe Sorten können ab September geerntet werden, einige Sorten vertragen Temperaturen bis minus zehn Grad Celsius und stehen bis Dezember. In Wirsing und Rosenkohl steckt viel Vitamin C und B, aber auch reichlich Folsäure sowie Kalium und Eisen, die der Körper für die Blutbildung braucht.

Grünkohl wird traditionell entweder mit Wurst oder mit Schweinefleisch serviert. Er schmeckt aber auch fettarm ohne Fleisch, blanchiert sogar im Salat. Er enthält reichlich Vitamin A und C sowie wichtige Mineralstoffe wie Eisen und Magnesium. Die Inhaltsstoffe bleiben am besten erhalten, wenn der Kohl kurz blanchiert und anschließend klein gehackt und gedünstet. Mit seinem hohen Senfölanteil kann er sogar das Krebsrisiko senken. Frühe Sorten werden bereits ab August geerntet, die späten Sorten können über den Winter bis in den März im Garten überdauern. Die Strünke treiben im Frühjahr neu aus. Die jungen Blätter kann man immer wieder ernten.

Eng verwandt mit dem Grünkohl ist der Palmkohl. Regionale Varianten sind die Lippische Palme oder Friesische Palme.

Der Kohlrabi schmeckt roh oder gekocht. Je nach Sorte sind die Pflanzen grün, weißen oder rötlichviolett gefärbt. Er ist eine ideale Zutat für Eintöpfe, Suppen, zum Überbacken. Die zarten Blätter, die oben an der Knolle wachsen, enthalten besonders viele Vitamine und Mineralstoffe. Die verdickte Sprossachse kann rund 30 Zentimeter hoch werden. Kohlrabi verträgt auch Frost

Für die feine Küche: Blumenkohl und Varietäten

Mild im Geschmack und hochbekömmlich ist der Blumenkohl. Er schmeckt hervorragend als cremige Suppe, überbacken als Gratin, in Gemüseeintöpfen, oder als Beilage, gewürzt mit Salz, Pfeffer und Muskat und mit brauner Butter oder Olivenöl übergossen. Blumenkohl ist reich an Nährstoffen - besonders an Vitamin C, K, B6, und E sowie Folsäure sowie an Magnesium, Kalium und Mangan. Er unterstützt die Verdauung und verlangsamt den Alterungsprozess der Zellen.

Bereits im ersten Jahr bilden sich die Blütenknospen, weiße Röschen. Die sie umgebenden knackig-grünen Blätter schützen den Blumenkohl vor Licht, weshalb dieser weiß bleibt. In Italien und Frankreich gibt es auch grüne oder violett gefärbte Sorten, bei denen die Blätter die Blütenstände nicht vollständig schützen. Freiland-Blumenkohl wächst von Mai bis Oktober.

Der Romanesco mit seinem fraktalen Spitzmuster ist eine natürliche Varietät des Blumenkohls. Jung und frisch geerntet schmeckt er als Rohkost, ausgewachsene Köpfe werden wie Blumenkohl zubereitet. Weil sein Kopf nicht von großen Blättern umgeben ist, färbt sich dieser im Sonnenlicht grün. Der hohe Anteil an Chlorophyll gibt ihm ein besonders intensives Aroma.

Der Brokkoli ist mit dem Blumenkohl verwandt. Er enthält Betacarotin, ist reich an Kalium, Kalzium, Eisen, Kupfer und vor allem an Senfölglycosiden. Zudem enthalten Brokkolisprossen besonders viele wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe. Sie wirken gegen Atemwegs- und Darmerkrankungen, Diabetes, Krebs sowie das Magenbakterium Helicobacter pylori. https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Kohl-Gesundes-Gemuese-fuer-Herbst-und-Winter,kohlgemuese102.html

Gegessen werden die voll entwickelten Blütenstände, die Röschen. Romanesco und Brokkoli gelangten über Italien nach Deutschland. In Europa gibt es rund 150 Sorten, einige vertragen Frost bis zu minus fünf Grad, so dass Brokkoli auch als Spätgemüse verzehrt wird. Blumenkohl und Brokkoli gedeihen am besten auf nährstoffreichen Böden mit viel Wasser.

Rüben – essbar von der Knolle bis zum Stiel

Die Steckrübe oder Kohlrübe (Brassica napus...) ernährte die Menschen in den Hungerzeiten des Zweiten Weltkrieges. Aus den süßlich schmeckenden Rüben stellte man sogar Kaffee und Marmelade her. Noch heute haftet ihnen der Geruch des Arme-Leute-Essens an: Inzwischen ist die Rübe wieder in die deutschen Küchen zurückgehrt. Gewürfelt und in Streifen geschnitten wird sie gedünstet oder gekocht, in Eintöpfen kombiniert mit Kartoffeln, Zwiebeln und Möhren, mit Schweinefleisch und Würsten, aber auch vegetarisch als Steckenrübenmus oder im Ofen gebacken.

Sie schmeckt auch roh: klein geraspelt mit geraspelten Äpfeln, Karotten und gehackten Walnüssen im Salat. Außer Wasser und Kohlenhydraten enthalten die Knollen größere Mengen Vitamin C, Betakarotin und Kalcium. Sie sind nahezu fettfrei und kalorienarm. Steckrüben sind sehr genügsam und gedeihen problemlos im Freiland. Erntereif Mitte September, können frostharten Knollen auch im Winter im Beet bleiben.

Die Speiserübe (Brassica rapa) tritt in vielerlei Varianten auf - zum Beispiel als runde, knollige Mairübe, als schmalerer Teltower Rübchen, als Pfatterer Rübe, als Gatower Kugel, Herbstrübe oder als Bayerische Rübe. Speiserüben schmecken leicht rettichartig, wie eine Mischung aus mildem Radieschen und Kohlrabi. Auch vom Wuchs her sind sie größer, und ihr Inneres ist of gelblich, die Schale grün bis gelblich, manchmal auch rötlich.

Ein typisches Frühjahrsgemüse ist der Rübstiel, (Brassica rapa var rapifera subar. Pabularia), eine aus wilden Rübsen bzw. Stängelkohl gezüchtete Sorte, die keine bzw. nur sehr kleine Rüben ausbildet - nicht zu verwechseln mit dem Mairübchen, bei dem die Blätter auch oft gedünstet als "Rübstiel" gegessen werden. Geerntet werden nur die Blätter, die ähnlich wie Spinat oder Mangold zubereitet werden. Im Rheinland und in Westfalen bereitet man Rübstiel mit Chicoree zu oder auch traditionell in einer hellen Mehlschwitzensoße.

Zu erwähnen ist noch der Chinakohl. Der aus Asien stammende Kohl soll aus einer Kreuzung zwischen Speiserübe und Pak Choi entstanden sein und wird seit einiger Zeit auch in Deutschland angebaut. Die zarten, gekrausten, gelbgrünen Blätter lassen sich in der Küche vielseitig verwenden. Sie können roh oder kurz gedünstet gegessen werden und sind hervorragend geeignet für süße oder pikante Salate, Eintöpfe oder Gemüse.

Sein Verwandter, der Pak Choi (Senfkohl) hat dunkelgrüne Blätter mit weißen Blattrippen und bildet keinen geschlossenen Kopf aus. Die asiatische Kohlsorte wird in Europa vor allem in den Niederlanden angebaut.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.