Krieg und Notlagen: EU rät Bürgern zu Lebensmittelvorrat für 72 Stunden

Draufsicht auf notwendige Produkte für die Zeit der Pandemie oder Hungersnot oder Quarantäne und Isolierung.

(Bild: pundapanda / Shutterstock.com)

EU-Kommission warnt: Bei Krisen wie Krieg, Cyberangriffen oder Überschwemmungen drohen Versorgungsengpässe. Jeder Bürger solle einen Vorrat für 72 Stunden anlegen.

Die Europäische Union bereitet sich auf mögliche Notlagen vor. In einem Strategieentwurf, über den das Magazin Politico berichtet, rät die EU-Kommission jedem Bürger, einen Lebensmittelvorrat anzulegen, der im Krisenfall für mindestens 72 Stunden ausreicht. Denn bei Katastrophen wie Krieg, Cyberangriffen, Pandemien oder Überschwemmungen ist die Anfangsphase laut dem Papier "die kritischste".

Was ist eine Notlage?

Eine Notlage ist eine schwierige, bedrohliche Situation, in der eine unmittelbare Gefahr für Menschen, Tiere oder Sachen besteht. Zum Beispiel, wenn die kritische Infrastruktur nicht mehr funktioniert; wenn es zu andauernden Stromausfällen kommt; die Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet ist; oder – wie in der Coronapandemie – das Gesundheitssystem an seine Grenzen kommt.

Auf welche Notlagen sollen sich EU-Bürger vorbereiten?

Wie Politico berichtet, listet die EU-Kommission in ihrem Strategieentwurf eine Vielzahl möglicher Notlagen auf: von Krieg über Cyberangriffe und tödliche Krankheiten bis zu klimabedingten Überschwemmungen.

"Keine der großen Krisen der letzten Jahre war isoliert oder kurzlebig", warnt das Papier demnach. Vor allem hybride Bedrohungen wie Cyberangriffe durch Russland, China, Iran und Nordkorea seien zu einem "festen Bestandteil der heutigen Realität" geworden. Auch Naturkatastrophen werden als wachsende Gefahr gesehen.

Wie soll sich der einzelne Bürger vorbereiten?

Jeder EU-Bürger – und damit auch jeder deutsche Haushalt – soll laut dem Plan einen Vorrat an Lebensmitteln anlegen, der im Notfall für mindestens 72 Stunden ausreicht. Auch Wasser, Medikamente und andere Güter des täglichen Bedarfs sollten für diesen Zeitraum bevorratet werden.

Viele Menschen wüssten nicht, was sie im Katastrophenfall machen sollen, sagt laut Bericht die Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission, Roxana Mînzatu. "Für all diese Arten von Krisen benötigt man eine Reihe grundlegender Fähigkeiten, ein gewisses Verständnis und Wissen darüber, was zuerst zu tun ist."

Nur ein kleiner Teil der europäischen Bevölkerung, die sogenannten Prepper, dürfte bereits über diese grundlegenden Fähigkeiten und das notwendige Wissen verfügen. Wie viele Menschen sich in Deutschland schon mit dem Gedanken angefreundet haben, dass auf Wohlstand und vermeintliche Sicherheit vielleicht nur bis zur nächsten Überschwemmung Verlass ist, ist nicht bekannt. Die Schätzungen gehen weit auseinander und reichen von 10.000 bis 200.000 Personen.

Vielleicht bildet sich mit der EU-Initiative jetzt aber auch eine Szene heraus, wie sie längst in den USA existiert. Dort bereiten sich nach Schätzungen bis zu 3,7 Millionen Menschen auf die große Katastrophe vor. Und weil richtiges Handeln in Notlagen gelernt sein will, hat sich in den USA eine Prepping-Industrie herausgebildet, die Milliarden-Umsätze erwirtschaftet.

Welche institutionellen Veränderungen plant die EU?

Die EU-Kommission will eine europaweite Bevorratungsstrategie, um den Zugang zu kritischen Ressourcen zu verbessern. Dazu zählen Notfall- und Katastrophenhilfe, medizinische Ausrüstung, Rohstoffe, Energieanlagen und eventuell Lebensmittel und Wasser. Zentrale EU-Reserven sollen mit Beiträgen der Mitgliedsstaaten kombiniert werden.

Zudem ist ein "europäisches Warnsystem für Cybersicherheit" geplant sowie ein neues "Krisenkoordinierungszentrum", das die Reaktion auf sektorübergreifende Krisen steuern soll. Auch ein EU-Vorbereitungsgesetz mit verbindlichen Standards wird erwogen. Die Vorsorge soll in alle Bereiche der Gesetzgebung und Politik integriert werden.

Deutschland hat die Notwendigkeit der Vorsorge erkannt

Auch in Deutschland ist das Thema Bevölkerungsschutz und Krisenvorsorge zuletzt stärker in den Fokus gerückt. Ereignisse wie die Coronapandemie, die Flutkatastrophe im Ahrtal oder der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben gezeigt, wie wichtig Vorbereitung ist.

Experten warnen schon lange, dass z. B. ein großflächiger Stromausfall eine ernste Bedrohung wäre. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) rät seit Jahren, einen Notvorrat anzulegen. Doch bisher folgen nur wenige Deutsche diesem Rat. Die EU-Initiative könnte das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Vorsorge nun europaweit schärfen.