Lehrer vs. Youtube-Star
Gute Lehrer zu finden ist schwer. Unter den Abiturienten interessieren sich nur elf Prozent für das Lehramt. Genauso viele wollen Influencer werden
Deutschland fehlen die Lehrer. Allein an den Grundschulen könnten es bis 2025 rund 11.000 Lehrkräfte sein. Die Bertelsmann-Stiftung sprach sogar von 35.000 Lehrern, die bis 2025 fehlen würden. In den höheren Schulstufen sieht es ähnlich aus.
Die Auswirkungen kann man bundesweit erleben. In manchen Schulen Ostsachsens kann den Schülern zum Beispiel Kunstunterricht nur noch fachfremd geboten werden, heißt es zum Beispiel in der Sächsischen Zeitung. In anderen Schulen fallen Mathematik, Biologie oder Deutsch teils monatelang aus. Ähnliche Nachrichten gibt es aus allen Regionen der Republik.
Ein Grund dafür ist, Abiturienten fehlt das Interesse am Lehramt. Das hat der Stifterverband gemeinsam mit der Unternehmensberatung McKinsey in einer Umfrage herausgefunden. Von den "Top-Abiturienten" interessierten sich aber nur elf Prozent für den Lehrerberuf und die anderen wollen demnach lieber Karriere in der Wirtschaft machen. Und unter den elf Prozent seien auch noch die meisten, die nicht für den Lehrerberuf geeignet seien.
Mangel an Selbstvertrauen und Resilienz
Nicht nur, dass der Notenschnitt bei den Interessenten von 2,1 auf 2,5 gesunken ist. Die potenziellen zukünftigen Lehrkräfte interessierten sich nur am Rande für die Digitalisierung, wird in der Studie moniert. Nur jeder Achte habe Spaß, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und nur ein Viertel fühle sich fit für das digitale Arbeiten.
Den Interessenten fehlen demnach auch noch andere Fähigkeiten, die für den Lehrerberuf benötigt werden: Nur zehn bis 13 Prozent der Befragten zählen demnach hohes Selbstvertrauen, Resilienz gegenüber Rückschlägen oder die Fähigkeit, vor Gruppen zu reden, zu ihren besonderen Stärken.
Deutschland brauche "exzellente Lehrkräfte, um alle Schüler und Schülerinnen auf die künftige Arbeits- und Lebenswelt vorzubereiten", sagte Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes. Die Lehrerlaufbahn müsse wieder attraktiver werden. Denn genauso viele, wie sich vorstellen können, Lehrer zu werden, gaben auch als Berufswunsch "Influencer" an. Und das könne der Gesellschaft nicht gefallen, so Meyer-Guckel.
Eine Stellschraube, an der gedreht werden kann, ist das Gehalt. Das ist zwar im Vergleich mit Lehrkräften aus anderen Industriestaaten hoch: Nach Angaben der OECD liegt es in Deutschland etwa 70 Prozent über dem Gehaltsniveau in anderen Ländern. Einem aktuellen Bericht des Handelsblatts zufolge erhalten Lehrer in Deutschland auch bis zu neun Prozent mehr Entgelt als andere Akademiker. Es seien aber vor allem die Gymnasiallehrer, die den Schnitt nach oben zögen.
Mehr Quereinsteiger
Der Stifterverband schlägt auch vor, stärker auf Quereinsteiger zu setzen. Doch das entpuppt sich bislang auch nicht als ausreichend. So wurden im aktuellen Schuljahr in Sachsen mehr als eintausend neue Lehrkräfte eingesetzt, hinzu kamen 166 Quereinsteiger, doch es konnten noch immer nicht alle freien Stellen besetzt werden.
Teilweise liegt das auch an der strukturellen Benachteiligung von Quereinsteigern, die manche dann wieder abspringen lassen. So berichtete die Sächsische Zeitung im letzten Jahr von einem Wirtschaftsingenieur, der gern in seine ostsächsische Heimat zurückkehren wollte. Als er eine Stelle bekommen hatte, zeigte sich dann, dass er nicht nur noch einmal an die zehn Jahre neben dem Beruf studieren müsste. Selbst wenn er alle Abschlüsse gemacht hätte, die ein Lehrer auch hat, würde er trotzdem immer noch schlechter bezahlt werden. Deshalb kündigte er auch schnell wieder und nahm wieder seine Tätigkeit als Wirtschaftsingenieur auf. (Bernd Müller)
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