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Lindner: "Viele Menschen hÀtten sich mehr erwartet als einen frischen Haarschnitt"

Peter MĂŒhlbauer

Grafik: TP

Merkel verteidigt die Lockdown-Fortsetzung im Bundestag als "ein paar Tage lÀnger warten"

Heute Vormittag verteidigte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ihre gestern zusammen mit den Regierungschefs der deutschen BundeslĂ€nder beschlossene Fortsetzung des Corona-Lockdowns bis vorerst 7. MĂ€rz (vgl. "Ewig-Endlos-Lockdown"? [1]). Ihren Worten nach ist die "notwendige Trendumkehr" mit den aktuellen Inzidenzwerten zwar "gelungen", aber nun gebe es mit den "aggressiveren" Virusvarianten aus Großbritannien, SĂŒdafrika und Brasilien die erneute Gefahr eines "exponentiellen Wachstums".

Merkel: "auch in Zukunft weitere unerfreuliche Entwicklungen" möglich

Sie wisse zwar, "wie viele Menschen in Not sind", "wie sehr der Einzelhandel leidet" und was fĂŒr eine "schwere persönliche Belastung [die] gravierenden EinschrĂ€nkungen der Freiheit" sind, aber sie glaube auch, dass ein erneutes Schließen wegen so eines "exponentiellen Wachstums" durch die Mutationen nach einer zeitweiligen Öffnung belastender wĂ€re als "ein paar Tage lĂ€nger zu warten". Allerdings könne es durch weitere Mutationen "auch in Zukunft weitere unerfreuliche Entwicklungen geben".

Außer der VerlĂ€ngerung verteidigte Merkel auch ihre Impfpolitik. Dass viele BĂŒrger davon "enttĂ€uscht" seien, liege an den damit verbundenen "großen Erwartungen". Bei den ÜberbrĂŒckungshilfen fĂŒr lockdowngeschĂ€digte Unternehmen habe man trotz der erst gestern freigeschalteten Möglichkeit zum Stellen von AntrĂ€gen "das eingehalten, was versprochen wurde". Mit Geld könnten die GeschĂ€digten aber erst im MĂ€rz rechnen.

Kubicki: "offener Rechtsbruch" und "evident verfassungswidrig"

Aus den Reihen der Opposition kritisierte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner die BeschlĂŒsse, zu denen sich das Parlament erst nach geschaffenen Fakten Ă€ußern durfte, unter anderem mit dem Satz: "Viele Menschen hĂ€tten sich mehr erwartet als einen frischen Haarschnitt". Seiner Ansicht nach ist die Exekutive zu sehr auf das Instrument Lockdown fixiert und lĂ€sst Alternativen dazu außer Acht.

Lindners Stellvertreter Wolfgang Kubicki hatte sich kurz vor der Rede gegenĂŒber der Presse weniger ZurĂŒckhaltung auferlegt [2] und den Regierungschefs wegen der "nahezu unverĂ€nderten" Beibehaltung von fĂŒr eine 200er-Inzidenz eingefĂŒhrten Maßnahmen bis zu einem Inzidenzwert von 35 einen "offenen Rechtsbruch" vorgeworfen. Auch, "dass plötzlich die MinisterprĂ€sidentenkonferenz ĂŒber die Impfreihenfolge befinden soll", ist seinen Worten nach "evident verfassungswidrig", weil dies "eindeutig in die ZustĂ€ndigkeit des Bundestages" gehöre.

Bartsch: Merkel pflegt "PapstattitĂŒde der Unfehlbarkeit"

Merkel hatte in ihrer RegierungserklĂ€rung dazu nur kurz gemeint, "alle Maßnahmen" seien "gemĂ€ĂŸ den Regeln der Demokratie" beschlossen worden. FĂŒr Dietmar Bartsch, den Fraktionschef der Linken, ist das "inakzeptabel". Er warf der Kanzlerin darĂŒber hinaus "SelbstgefĂ€lligkeit" und eine "PapstattitĂŒde der Unfehlbarkeit" vor, die auch angesichts des Impfversagens und des massenhaften Sterbens in den Pflegeheimen "unangebracht" sei. Inhaltlich Ă€hnlich Ă€ußerte sich Alice Weidel von der AfD, die von einer "dreisten Zurschaustellung der Arroganz der Macht" sprach.

Sehr viel weniger oppositionelle Töne kamen aus den Reihen der GrĂŒnen. FĂŒr sie rief Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt die Regierung auf: "Lassen Sie uns das zusammen machen ohne sich gegenseitig anzumeckern". Die "BeschrĂ€nkungen" haben fĂŒr die Theologiestudiumsabbrecherin auch den Effekt, "dass wir sehen, was uns was bedeutet". Außerdem glaubt sie, "dass uns diese Pandemie noch lange beschĂ€ftigen wird".

Dobrindt stellt "angespanntere Stimmung" bei "persönlichen Begegnungen" fest

Sprecher der drei Regierungsparteien flankierten Merkels Aussagen und BeschlĂŒsse. Alexander Dobrindt von der CSU konstatierte zwar eine "angespanntere Stimmung", die er bei "persönlichen Begegnungen" feststelle - aber das Verschieben umfangreicherer Lockerungen auf den neuen Inzidenzwert 35 hĂ€lt er trotzdem fĂŒr richtig, weil "50 nur Zahl des Einstiegs in den Lockdown" sei und deshalb "nicht die Zahl des Ausstiegs aus dem Lockdown sein" könne. Da mĂŒsse eine "deutlich niedrigere Zahl" her.

Bei seiner Feststellung, dass Merkel und die MinisterprĂ€sidenten mit der 35 eine "klare Perspektive fĂŒr den Einstieg in den Ausstieg aus dem Lockdown gegeben" haben, hatte sich der Oberbayer mit dem ostpreußischen Namen möglicherweise nicht mit seiner Fraktionskollegin Nadine Schön abgesprochen. Die CDU-Abgeordnete mit dem hinreißendem moselfrĂ€nkischen Akzent schien nĂ€mlich mit dem Satz, Perspektiven seien "nur dann gut, wenn sie wirklich tragfĂ€hig sind", das Gegenteil zu behaupten.


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