Linkskonservative gegen Linksliberale

Hier steht zusammen, wer nicht zusammengehört, meint unser Autor: Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine und Susanne Hennig-Wellsow. Bild: Die Linke, CC BY 2.0

Von unterschiedlicher Seite werden Spaltungstendenzen in der Linkspartei befördert. Dabei gibt es in der Auseinandersetzung keine wirklich linke Seite. Das ist verheerend, wie der Blick nach Italien zeigt.

"Kommt jetzt die Wagenknecht-Partei?", heizte das Boulevardblatt Bild Anfang Oktober den "Krimi um mögliche Abspaltung" von der bestehenden Linkspartei an. Doch auch hinter der Bezahlschranke bleibt es bei Geraune, wie eine mögliche Spaltung aussehen könnte.

Die Bild hat dabei noch angebliche Umfragen beigesteuert, die einer Wagenknecht-Partei mindestens zehn Prozent zusichert. Weil sich in den letzten 14 Tagen die Spaltungsgerüchte nicht konkretisierten, legte das Blatt dieser Tage nach.

"Gründet Wagenknecht ihre eigene Partei, könnte dies die AfD halbieren, die Linke komplett wegputzen", wird ein Mitarbeiter des Meinungsforschungsinstituts Insa zitiert. Der Mann wird immer wieder von dem Boulevardblatt bemüht, wenn es darum geht, mit vielleicht gar nicht so repräsentierten Umfragezahlen Politik zu machen.

Denn natürlich ist das vorrangige Interesse von Bild an der noch gar nicht existierenden Wagenknecht-Partei ein Versuch, in die Innenpolitik einzugreifen. Wenn dann tatsächlich die "Linke" verschwunden und die AfD halbiert wäre, bliebe das als Nebeneffekt. Dafür würde sich dann aber eine populistische Bewegung etablieren, die von BILD hoch- oder runtergeschrieben werden könnte.

Wie wenig das Springerblatt auch in dieser Auseinandersetzung die Fakten ernst nimmt, zeigt sich schon daran, dass die Redaktion Wagenknecht zur beliebtesten Politikerin hinter CSU-Chef Söder hochstilisiert.

Nicht erwähnt wird, dass in anderen Umfragen Wagenknecht am neunten Platz steht, nur noch AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel wurde schlechter benotet.

Der ganze Hype um die imaginäre Wagenknecht-Partei, die angeblich für ein innenpolitisches Beben sorgen würde, soll vor allem den Druck in der Linkspartei erhöhen. Dort wird durchaus registriert, dass Wagenknecht und ihr Umfeld sich nicht mehr so deutlich von den Bild-Fantasien distanzieren. Es heißt dann immer nur, dass Wagenknecht aktuell Mitglied der "Linken" ist. Eine eindeutige Absage an Trennungstendenzen sieht anders aus.

"Die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der Linken erfordert, die Koexistenz mit dem Linkskonservatismus in der Partei zu beenden", heißt es indes in einer Erklärung der "Initiative Solidarische Linke".

Sie gehört zur Reformlinken, speist sich allerdings aus verschiedenen Flügeln, die bisher meist getrennt agierten. Darunter sind auch mehrere ehemalige oder aktuelle Politikerinnen und Politiker der Gruppierung. Das macht sich auch in dem Passus der Erklärung der Initiative fest, in der es heißt, man strebe eine Partei an …

… die an positive Erfahrungen mit Regierungsbeteiligungen anknüpft und aus negativen Erfahrungen lernt. Die im Programm der Partei fixierten Ziele, die Wahlprogramme und Koalitionsverträge sind für uns Leitlinie des Handelns. Das gilt auch beim Regieren. Sollen dort zentrale Grundsätze der Partei aufgegeben werden, führt der Weg in die demokratische Opposition. Ein für Wähler:innen glaubwürdiger und von Aktivist:innen geschätzter "Gebrauchswert" bei der Vertretung unserer Ziele, ihrer gesetzlichen Formulierung sowie ihrer konkreten Durchsetzung in den Kommunen, den Unternehmen, im Parlament, in der Regierung ist jedoch immer nötig.

Aus der Gründungserklärung der "Initiative zur programmatischen und strategischen Erneuerung der Partei Die Linke"

Dabei ist auffallend, dass hier sämtliche staats- und parlamentskritischen linken Ansätze völlig ausgeblendet werden, die die Problematik benennen, im Staat des Kapitals mitregieren zu wollen.

Selbst der Begriff des Staates des Kapitals kommt in dieser Initiative sowenig vor wie der Terminus Klassenkampf. Dagegen ist viel von Respekt und vom Kampf gegen Diskriminierung die Rede. Dass ist nicht verwunderlich, wendet sich doch die Initiative gegen den Linkskonservatismus, der bei ihr gleichbedeutend ist mit der Traditionslinken.

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