Mali: Ende einer gescheiterten Militärpräsenz?
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Wie die Bundeswehr sowie andere westliche Streitkräfte und deren Verbündete seit Jahren die Souveränität und Stabilität Malis gefährden, die vorgeblich Ziel des UN-Einsatzes ist.
Am Montag, dem 15. August 2022, hat der Generalstab der französischen Streitkräfte nüchtern bekanntgegeben, dass die letzten französischen Einsatzkräfte der Operation Barkhane Mali verlassen hätten. Kurz darauf informierte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr die Obleute des Verteidigungsausschusses, dass höchstwahrscheinlich russische Soldaten nun auch am Flughafen der nordmalischen Stadt Gao gesichtet worden seien, in dessen unmittelbarer Nähe sich das größte Feldlager der Bundeswehr in Mali befindet.
Drei Tage zuvor hatte die deutsche Verteidigungsministerin bereits erklärt, dass das dortige deutsche Kontingent der UN-Mission Minusma seine Operationen weitgehend einstelle – und nannte als Grund Unstimmigkeiten mit der malischen Regierung über Überflugrechte. Vieles spricht dafür, dass die Bundeswehr Mali in den kommenden Monaten verlassen wird müssen, obwohl die Bundesregierung sicherlich lieber mit einer kleineren Präsenz vor Ort bleiben würde.
Aussichtslose Militarisierung
Seit 2013 ist die Bundeswehr offiziell mit zwei Missionen in Mali präsent. Bereits kurz nach der französischen Militärintervention "Serval", welche damals den Auftakt sowohl zur UN-Mission Minusma als auch der EU-Ausbildungsmission EUTM bildete, warnten renommierte Institutionen (wie die International Crisis Group (ICG)), die Region einfach nur weiter zu militarisieren, werde die vielfältigen Probleme vor Ort nicht lösen, sondern vielleicht sogar verschärfen.
Anfang 2017 betitelte das Magazin des deutschen Reservistenverbands mit dem vielsagenden Namen "loyal" seine Beiträge zur Bundeswehr in Mali mit der Überschrift "Mission impossible" und zitierte einen damals 28-jährigen Hauptfeldwebel der Bundeswehr vor Ort mit den Worten: "meinen Verwandten daheim kann ich nicht erklären, warum ich in Mali bin und was wir hier erreichen wollen."
Das war bevor die Lage immer weiter eskalierte und sich im August 2020 und dann erneut im Mai 2021 das von Deutschland und EU ausgebildete Militär an die Macht putschte und sich gegen den Widerstand aus Europa an Russland annäherte.
Die EU-Ausbildungsmission EUTM war schon mit dem Beginn der Corona-Pandemie weitgehend ausgesetzt und nie wirklich wieder aufgenommen worden – nun soll sie in die benachbarte Republik Niger verlegt werden. Seit einigen Tagen ist nun auch der deutsche Beitrag zu Minusma – dessen Mandat noch im Mai 2022 vom Bundestag auf 1.400 Kräfte erhöht wurde – ausgesetzt. Beide Kontingente sind also noch präsent, aber auf Selbstschutz und Selbstbeschäftigung beschränkt.
Der aktuelle Zustand steht damit geradezu symbolisch für eine westliche "Sicherheitspolitik", der es jenseits von Aufrüstung und halbherzigen Truppenstationierungen an tragfähigen Konzepten mangelt. Er veranschaulicht damit zugleich, dass es der Politik – trotz andauernder Erfahrungen in genau diese Richtung – auch an Strategien mangelt, wie mit dem Scheitern ihrer Interventionen umzugehen ist.
Freilich ist die Lage in Mali sehr verschieden von jener in Afghanistan. Man muss aber daran erinnern, dass auch jener Bundeswehreinsatz jahrelang wieder und wieder mit hochtrabenden Reden von hehren Zielen im Bundestag verlängert wurde, obwohl längst feststand, dass sich diese militärisch nicht erreichen lassen würden.
Der Abzug der Nato war bereits seit Jahren mit den Taliban ausgehandelt und terminiert gewesen, bevor er dann im Sommer 2021 völlig chaotisch und unter Verlust zahlreicher Menschenleben vollzogen wurde. Heute sitzen die Taliban fester im Sattel als je zuvor – nachdem 2001 der Westen auf dem Bonner Petersberg eine andere Regierung installiert und 20 Jahre militärisch abgesichert hatte.
Trotz offenkundigem Scheitern war dieses bis zuletzt in der Berliner Politik und auch der militärischen Führung nicht wahrgenommen worden. Das ist die entscheidende Analogie zu den aktuellen Einsätzen der Bundeswehr in Mali.
EUTM und Minusma
Konkreter Gegenstand der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali, bei der Deutschland häufig größter Truppensteller war, war die Ausbildung der malischen Streitkräfte. Bis heute jedoch sind Bundesregierung und EU nicht in der Lage anzugeben, wie viele Soldaten dabei ausgebildet wurden, wie viele davon noch im Dienst sind, wie viele davon aktiv an den vergangenen Putschen beteiligt waren und wie groß diese Streitkräfte überhaupt sind.
Die immer wieder als Drohung gegenüber der Putschregierung gedachte Ankündigung, die Ausbildungsmission bei fehlendem Wohlverhalten weiter zu reduzieren oder auszusetzen, verhallte wirkungslos. Denn in der Praxis erwies sich die europäische Ausbildung als wenig hilfreich für die konkreten militärischen Auseinandersetzungen oder sogar hinderlich.
Die malische Armeeführung hat ohnehin Schwierigkeiten, ihre mit verschiedenen "internationalen Partnern" gegen Dschihadisten und Aufständische kämpfenden Truppen zusammenzuhalten und den Überblick zu bewahren – da ist die wochen- und monateweise Verlegung kleiner Kontingente ins EU-Trainingscamp nahe der Hauptstadt und deren anschließende Reintegration in die kämpfenden Truppen selbst dann eine besondere Herausforderung, wenn die angebotenen Ausbildungsinhalte tatsächlich mal mit der Ausrüstung und Truppengattung der abkommandierten malischen Soldaten übereinstimmen sollten.
Die flankierend im Rahmen der "Ertüchtigungsinitative" gelieferten Fahrzeuge, Ausrüstungsgegenstände und die von EU und Bundeswehr aufgebaute militärische Infrastruktur nahm man natürlich gerne. Allerdings hat Russland in den vergangenen Wochen und Monaten mit der Lieferung von Kampfhubschraubern und Flugzeugen bewiesen, dass solche Ausstattungshilfe auch anderswo, billiger und robuster zu bekommen ist.
Wenn in den hiesigen Medien von der Bundeswehr in Mali die Rede war, dann ging es jedoch meist um die UN-Mission Minusma, bei der die Bundeswehr zumindest unter den westlichen Staaten zu den größten und kontinuierlichsten Truppenstellern zählt. Deren offizielle Aufgabe ist die "Stabilisierung" des Landes und die Unterstützung bei der Umsetzung eines Friedensabkommens, was dann auch gerne ohne weitere Erklärungen zur Lage von den Medien so übernommen wird.
Es waren auch deutsche Soldaten dieses Kontingents, die bei einem Hubschrauberabsturz im Juli 2017 starben und bei einem Anschlag im Juni 2021 teilweise schwer verletzt wurden.
Die Masse der über 250 Gefallenen dieser Mission jedoch stammt aus dem globalen Süden: der Tschad etwa hat dort bereits 75 Soldaten verloren, die Nachbarstaaten Burkina Faso und Guinea jeweils 25 bzw. 26. Diese offiziellen Zahlen der UN sind jedoch nur begrenzt aussagekräftig, denn sie erfassen zum Beispiel nicht all jene privaten "Contractors", die z.B. in den vierteljährlichen Berichten des UN-Generalsekretärs zur Lage in Mali immer wieder als Opfer von Anschlägen und Gefechten angegeben werden.
Auf der anderen Seite kämpften gerade Soldaten aus dem Tschad, aber auch anderer Staaten der Region, immer wieder außerhalb des UN-Mandates an der Seite der französischen Anti-Terror-Mission Barkhane, wobei ihre formale Zugehörigkeit zur Minusma häufig unklar war. Auch in Deutschland tauchten mehrfach Hinweise auf, dass die Spezialkräfte des KSK im Rahmen des Minusma-Mandates eingeflogen seien, um dann aber jenseits des Mandates verdeckte Operationen durchführten.