Marx, dieser Linksextremist!
Seite 2: Redaktionelle Verantwortung neu gefordert
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Ich jedenfalls sehe mich durch diese offiziellen Auskünfte direkt in die Verantwortung genommen und habe mich in diesem Sinne an verschiedene Redaktionen gewandt, zum Beispiel im Bereich der (außerschulischen) politischen Bildung, für die ich mitunter Texte verfasse. Zuletzt war das die Rezension des Buches Ungleichheit in der Klassengesellschaft (Köln 2020) des Politologen und Armutsforschers Christoph Butterwegge für die Zeitschrift Außerschulische Bildung (Nr. 1/21).
Ich habe die Redaktion jetzt darauf hingewiesen, dass ich gelegentlich in der jungen Welt veröffentliche, zuletzt einen Essay über Heideggers Sein zu Faschismus und dass Professor Butterwegge ebenfalls in dem Blatt veröffentlicht, nämlich zuletzt im September 2020 eine Kurzfassung seiner Studie zur sozialen Ungleichheit.
Nach den Klarstellungen des Innenministeriums müssen Redaktionen jetzt in doppelter Weise auf der Hut sein. Formal wären Butterwegge und sein Rezensent als Autoren ein Fall der vom Verfassungsschutz inkriminierten Strategie des Blattes, auf die Öffentlichkeit einzuwirken; sie vertreten dort "eine bestimmte inhaltliche Linie", die die "Meinungsbildung der Bevölkerung" beeinflussen will, so dies die vom BMI benannten linksextremistischen Merkmale. Sie tragen dies sogar in andere Medien.
Inhaltlich würde das ebenfalls zutreffen, denn Butterwegges letzte Publikation bezieht sich explizit auf die Diagnose der Klassengesellschaft, der aktuelle Relevanz zugesprochen wird. Der Autor greift auf die Theorie von Karl Marx zurück und kritisiert auf dieser Basis unter anderem die moderne Armutsforschung, die die unterschiedliche Stellung der Menschen im marktwirtschaftlichen Produktionsverhältnis und damit den Gegensatz von Kapital und Arbeit ignoriere.
Als Rezensent habe ich dies zustimmend aufgenommen und festgehalten, dass sich der Befund vom grundlegenden Klassencharakter der bundesdeutschen Gesellschaft in der gegenwärtigen pandemischen Krisenlage wie unter einem Brennglas zeige.
Laut der neuesten Aufgabenbestimmung des Verfassungsschutzes, wie sie in der Bundestagsdebatte zur Sprache kam und aus dem Regierungslager verteidigt wurde, wären demnach der Autor Butterwegge wie auch der Rezensent Schillo und die verantwortlichen Redakteure der betreffenden Fachzeitschriften den verfassungsfeindlichen Bestrebungen, wie sie von der Tageszeitung jung Welt ausgehen sollen, tendenziell zuzuordnen.
Angesichts der neu definierten Extremismuslage müssten sie sich jedenfalls, um diesen Verdacht auszuräumen, von solchen Bestrebungen distanzieren.
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