Medienreale Skandale: Wer kann mit wem, in welchem Format sprechen?
Seite 2: "Wer aber den Esel nicht schlagen kann, der schlägt den Sack"
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Vor allem offenbar Positionen aus dem ersten Teil des Gespräches, die zumindest nicht in Richtung "weitere Eskalation von Waffenlieferungen an die ukrainische Armee" deuten. Es gibt die Redewendung "Wer aber den Esel nicht schlagen kann, der schlägt den Sack (im Sinne von "den Sattel")", die schon der römische Satiriker Petronicus geäußert haben soll.
Der Sack "Aufwertung eines relativ rechtsgerichteten Formates" wird, siehe oben, z.B. auf Twitter geschlagen, gemeint ist aber offenkundig der Esel "spezielle Äußerungen jenseits des medialen und politischen Mainstreams mit Blick auf den Krieg in der Ukraine".
Beim Talk in der ARD bei Anne Will am Tag darauf war der SPD-Politiker auch dabei, vielleicht nicht zuletzt wegen der Auseinandersetzungen und der direkt-medialen Aufmerksamkeit mit Blick auf seinen Auftritt bei Schuler. Dort kam Stegner, auch dem Format geschuldet, nur deutlich weniger ausführlich zu Wort.
Viel Lärm um nichts also nach dem Gespräch von Ralf zu Ralf, Schuler und Stegner?
Im Sinne des Offenhaltens von Themen- und Meinungskorridoren gibt es derzeit wahrscheinlich deutlich Skandalöseres als den Auftritt eines als eher links geltenden SPD-Politikers bei einem als vergleichsweise rechts zu verortenden Medium.
Auch der renommierte Sprachwissenschaftler sowie im besten Sinne linksliberale Medien- und Gesellschaftskritiker Noam Chomsky bezieht sich gerne auf ein Voltaire zugeschriebenes Argument, demzufolge man nicht teilen müsse oder sogar verabscheue, was eine andere Person sage, um dennoch rhetorisch zuspitzend zu behaupten: "Aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie es sagen können."
Vielleicht hat Voltaire diesen Satz so nie gesagt, aber die Aussage scheint dessen aufklärerische und ur-liberale Einstellung prägnant zusammenzufassen.
Schuler fragt gegen Ende seines Interviews Stegner, ob es "so schlimm" gewesen sei, bei einem laut Schuler von SPD, Grünen und Linken eher gemiedenen Medium (52:10) aufzutreten. Stichwort "Berührungsängste". Stegner antwortet "nein", man solle sich als Politiker immer trauen, seine Positionen zu begründen. Als streitbarer Mensch möge man Debatten doch bitte nicht aus dem Weg gehen.
Das erscheint nun sogar schon fast skandalös selbstverständlich, ja langweilig. Der österreichische Sprachkünstler Karl Kraus schrieb 1909, "der Skandal fängt an, wenn die Polizei ihm ein Ende macht". Nicht zuletzt, ließe sich aktuell ergänzen, auch eine Sprach- oder Sittenpolizei.