Mehr Migranten aus Tunesien
Seite 2: Tunesien: Sehr oft die Augen zugedrückt
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Andere Schwierigkeiten ergeben sich aus einer ambivalenten Haltung des Herkunftslandes bei der Migration. Im erwähnten Bericht von Le Monde erzählen die Harragas davon, dass die tunesische Küstenwache sie zwar gesehen, aber nicht aufgehalten habe.
Dazu berichte die Zeitung von einem "Gerücht", wonach bestimmte Regierungsstellen Augen zudrücken würden, weil die Auswanderungswelle auch sozialen Druck aus dem Land nimmt.
Auch ein anderes Problem, das Tunesien derzeit beschäftigt, verweist darauf, dass das Land mit der Kontrolle große Schwierigkeiten hatte. Es geht um die Ausreise von zigtausenden Dschihadisten nach Syrien, Irak oder Libyen. Tunesien stellte in der Nachhut des Aufstandes gegen die Herrschaft von Ben Ali ein enormes Kontingent an Dschihadisten; manche sprechen von bis zu zehntausend, die 2011 in den Dschihad gezogen sind. Die UN beziffert sie auf etwa 5.000.
Mit dem Niedergang des IS in Syrien und im Irak und auch in Libyen sind geschätzt 800 Dschihadisten wieder zurück nach Tunesien gekommen und unter Aufsicht gestellt.
Die Rückkehrer sind, wie das der französische Experte David Thomson ins einem Buch "Revenats" einprägsam darstellt, ein großes Problem. Thomson ist im Übrigen durch seine Zeit als Korrespondent in Tunesien in den Jahren 2011 und folgende auf das Dschihad-Phänomen aufmerksam geworden.
Eine TV-Sendung in Tunesien stellte Mitte Mai einige IS-Rückkehrer vor und was als eine Quintessenz ihrer Aussagen auffällt, ist die Achtlosigkeit für die Gefahr, die von den Radikalen ausgeht, die damals in Tunesien kennzeichnend war.
Welche Verantwortung und Rolle dabei der islamistischen Partei Ennahda konkret zugewiesen werden kann, ist noch nicht völlig klar. Unzweideutig zeigt sich aber, dass sie die Verbreitung eines Salafismus, der dem Dschihad sehr nahesteht, in Tunesien ermöglicht und unterstützt hat. Damals wurden von tunesischen Behörden sehr viel und sehr oft die Augen zugedrückt.