Mehr als eine Posse: Finnischer Fahrradkrieg an der Grenze zu Russland

Finnisch-russische Grenze in Paljakka, Kuusamo, Finnland. Bild: Fanny Schertzer / CC BY-SA 3.0 Deed

Finnland bekämpft radelnde Migranten. Mit neuen Restriktionen geht es gegen Russen, die in die EU wollen. Wie letzte Einreisemöglichkeiten für sie verloren gehen.

Für Russen ist die Ostgrenze der EU schon lange eine immer schwerer zu durchdringende Barriere. Autos mit russischen Nummernschildern können wegen der Gefahr einer Beschlagnahme durch die Behörden nicht mehr in die EU fahren.

Die baltischen Staaten, Polen und Finnland haben für Russen mit Schengen-Visa eigene Einreiseverbote erlassen. Nur noch ausgewählte Gruppen mit stärkeren Einreiseberechtigungen kommen überhaupt ins Land.

Visa für die EU sind in vielen Schengen-Staaten für russische Staatsbürger nur mit großen bürokratischen Hürden oder in vielen Staaten gar nicht zu bekommen. Das hat auch dazu geführt, dass, mit der Putin-Politik nicht einverstandenen Russen, vor allem viele junge Fachkräfte, 2022 in großer Mehrheit nicht in die EU, sondern in Staaten des Kaukasus und Mittelasiens ausgewandert sind.

Flüchtlinge als neue Grenzgänger nach Finnland

Mit dieser pauschal restriktiven Politik schottet sich die EU zwar erfolgreich gegen russische Reisende und Migranten ab, nicht jedoch gegen Flüchtlinge aus anderen Staaten, die zunehmend Russland als Durchgangsland in die EU nutzen.

Sie bekommen, auch wenn sie meist aus afrikanischen Fluchtstaaten stammen, aktuell ein russisches Visum und machen sich von dort auf den Weg zur EU-Grenze. Von der Ausreise aus Russland in Richtung EU halten sie russische Grenzer nach dem Ende jeder Zusammenarbeit mit EU-Staaten generell nicht mehr ab.

Russische Regionalzeitungen sind voll von Begegnungen mit Migranten, die verschiedenste Wege wählen. Die Sankt Petersburger Onlinezeitung Fontanka berichtet aktuell immer wieder, wie deren Journalisten Somaliern und Syrern auf Fahrrädern begegnen oder sie in Sankt Petersburger in Taxis zwischen der Metropole und der Grenze zwischen Russland und Finnland antreffen.

Die Taxis bringen die Flüchtlinge unmittelbar in die Grenzregion, wo die Migranten dann auf alte Fahrräder umsteigen, um die letzten Kilometer zurückzulegen. Die Taxifahrer lassen sich dabei gut bezahlen.

Den Tarif für einen somalischen Vierpersonentransport von Petersburg an die Grenze (ca. 700 Kilometer) beziffert ein örtlicher Reporter auf 1.000 Euro bzw. 1.000 US-Dollar. Der Transport finde gemäß Fontanka auch mit Kraftfahrzeugen mit finnischen Nummernschildern statt.

Die Fahrräder werden ebenfalls nicht unentgeltlich überlassen, obwohl es sich durchweg um klapprige Schrottmodelle handelt.

Somalier "ohne Fahrradlicht und Helm"

Die EU-Grenzstaaten reagieren auf diesen neuen Reiseweg von Flüchtlingen mit weiteren Restriktionen. Finnland schließt am Wochenende vier der acht Grenzübergänge nach Russland. Es handelt sich um diejenigen Kontrollstellen, die am weitesten im Süden liegen und damit von Rad fahrenden Somaliern und Syrern am leichtesten erreichbar sind.

Bereits einige Tage zuvor wurde die Einreise per Drahtesel aus Russland von den Finnen generell verboten. Als Grund gaben die Finnen die fehlende Mitarbeit der russischen Kollegen bei der Ausreise in die EU an, die zu einer starken Zunahme des Radfahrverkehrs durch Migranten geführt habe.

Weiterhin zitiert Fontanka den finnischen Grenzschutzkommandeur Lukkari, der, befragt nach dem Grund des Radverbots, sagte, dass die Fahrrad-Migranten "mit unvollständigen Papieren, ohne funktionierende Fahrradbeleuchtung und ohne Helm" nach Russland einreisten.