Methode Laschet: Der Herrgott wird‘s richten

Wenn diese Augen nicht lügen können, glaubt Armin Laschet wirklich, dass ein Platz im Himmelreich auf ihn wartet. Foto: Olaf Kosinsky / CC BY-SA 3.0 DE

Den Grünen wird Realitätsferne vorgeworfen, weil sie ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht wollen. Dem Unions-Kanzlerkandidaten verhilft sein Glaube zur Gelassenheit

Armin Laschet ist also nicht ehrlicher als seine Mitbewerberin Annalena Baerbock? Wer hätte das gedacht! Jetzt, wo auch der Kanzlerkandidat der Unionsparteien mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert ist, geht es endlich wieder um Inhalte. Die zuvor wegen Abschreibens gescholtene Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock hat es geschafft, dass für ihre politischen Gegner rechts von der Mitte wieder die angeblichen Pläne für den "Aufbau einer Ökodiktatur" im Vordergrund stehen, wenn sie die Grünen kritisieren.

Seit Baerbock und ihr Ko-Parteichef Robert Habeck am Dienstag ankündigten, im Fall einer Regierungsbeteiligung ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht zu schaffen, geht es nicht nur in neurechten Blogs wie der "Achse des Guten" und Kommentarspalten verschiedener Medien rund.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dessen Zukunftsvision unter anderem Flugtaxis sind, ließ erwartungsgemäß kein gutes Haar an dem Vorschlag. "Mit einem Vetoministerium kann man nicht die Zukunft gestalten", erklärte er laut einem Spiegel-Bericht und verwies auf die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Auch altgediente SPD-Granden erteilten dem Vorschlag eine klare Absage. Ex-Parteichef Sigmar Gabriel sprach von "Volksverdummung": Auf so eine Idee könne nur kommen, wer keine Ahnung von Politik habe, sagte er der Rheinischen Post.

Wochenlang war Baerbock vor allem wegen der Fehler in ihrem aufgehübschten Lebenslauf und der Copy-and-Paste-Stellen in ihrem eilig zusammengeschusterten Buch "Jetzt. Wie wir unser Land erneuern" kritisiert und attackiert worden. Dann kam heraus, dass auch ihr Hauptkonkurrent im Rennen um die Kanzlerschaft, der CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, es mit dem Urheberrecht nicht so genau genommen hatte, als er 2009 "Die Aufsteigerrepublik: Zuwanderung als Chance" veröffentlichte. Und das auch nicht nur an einer Stelle, deren ursprünglicher Autor spontan bestritt, "jemals etwas so Dummes geschrieben zu haben", sondern offenbar an mindestens einer weiteren Stelle, wie der Plagiatsgutachter Stefan Weber in seinem Blog feststellte.

Bühne frei für den Richtungswahlkampf

Ob noch weitere Stellen gefunden werden - im Fall Baerbock erstreckten sich die Plagiatsmeldungen über mehrere Tage - und ob es dafür einen vergleichbaren "Shitstorm" gibt, wird sich zeigen. Da nun aber geklärt ist, dass beide Kandidaten nur mit Wasser kochen und sich im Zweifel größer machen als sie sind, bleibt wieder mehr Raum für den politischen Richtungswahlkampf. Denn die Grünen wollen nicht nur ein "Vetoministerium", sie schlagen in ihrem Klimaschutz-Sofortprogramm für die nächste Bundesregierung auch konkrete Schritte in Sachen Energie- und Verkehrswende vor.

Ob sie die Umsetzung dieses Sofortprogramms tatsächlich zur Bedingung machen oder dieses weitgehend "wegverhandeln" lassen, wenn nach der Bundestagswahl am 26. September Koalitionsangebote auf dem Tisch liegen, ist eine andere Frage. In aktuellen Umfragen sind die Grünen bundesweit "nur" die zweitstärkste Kraft. Aber auf dem Papier sind sie zumindest von den drei Parteien, die Kanzlerkandidaten aufgestellt haben, die zukunftsfähigste.

Die Unionsparteien wollen Klimaneutralität angeblich bis 2045 erreichen und in der kommenden Legislaturperiode noch nicht viel ändern - in ihrem Wahlprogramm entschuldigen sie dies mit der Corona-Krise und dem Satz "Damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt und wir gemeinsam neuen Wohlstand schaffen können, dürfen Unternehmen keine neuen Belastungen auferlegt werden." Die notwendigen Schritte zur Begrenzung des menschengemachten Klimawandels müssten also mit ihnen später erfolgen und in einem noch viel engeren Zeitfenster geschafft werden. "Das Wahlprogramm der Union grenzt an Arbeitsverweigerung", kommentierte eine Spiegel-Redakteurin im Juni.

Das Diesseits als Beute

Die Mentalität dahinter ist entweder mehr Glaube als Denken - oder kalte Berechnung einer privilegierten Minderheit innerhalb der Generation Laschet, die den christlichen Glauben instrumentalisiert, um Ausbeutung und Umweltzerstörung im Diesseits zu rechtfertigen. Die Evangelische Nachrichtenagentur Idea und das österreichische Portal Glaube.at zitierten anlässlich seiner Wahl zum CDU-Chef Anfang des Jahres vielsagende Sätze des späteren Kanzlerkandidaten:

"Der Glaube an Gott ist prägend für mein Verständnis der Welt", schrieb Laschet einmal, "wenn man daran glaubt, dass es nach dem Tod irgendwie weitergeht, macht man auch Politik anders als zum Beispiel ein Kommunist, der bis zum Lebensende dringend mit allen Mitteln das Paradies auf Erden schaffen will."

Das erklärt natürlich sowohl den Versuch, die Umwelt- und Klimakrise einfach auszusitzen, als auch die Akzeptanz sozialer Ungerechtigkeiten, solange sie einen nicht selbst betreffen.