Militärische Lage der Ukraine: "Können Volk und Partner nicht ewig belügen"
- Militärische Lage der Ukraine: "Können Volk und Partner nicht ewig belügen"
- Klitschko zu Selenskyj-Gegenspieler Saluschnyj: "Er hat die Wahrheit gesagt"
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Präsident Selenskyj stößt auf heftigere Kritik. Militärische Lage erscheint aussichtslos. Wie das in Europa wahrgenommen, in Deutschland aber oft ignoriert wird.
Die Winteroffensive der Ukraine ist bislang erfolglos geblieben, ein Scheitern zeichnet sich ab. Während dieser Umstand in den politischen Diskurs Deutschlands kaum Eingang findet, stellt sich die Erkenntnis im europäischen Ausland ein.
"Der politische Waffenstillstand in der Ukraine ist beendet", schreibt der spanische Journalist Cristian Segura in der Tageszeitung El País. Die Ukraine, fügt Segura an, "blickt einer düsteren Zukunft auf dem Schlachtfeld entgegen".
Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, erhebt schwere Vorwürfe gegen Präsident Selenskyj und beschuldigt ihn, zu viel Macht an sich zu ziehen und das Land auf einen autoritären Weg zu führen. El País verweist auf ein selten kritisches Interview im deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel: Man würde sich nicht mehr von Russland unterscheiden, wenn alles von der Laune eines einzigen Mannes abhänge.
Die politische Landschaft der Ukraine, bereits durch die russische Invasion am 24. Februar 2022 erschüttert, stehe vor neuen Umbrüchen, schätzt der Ukraine-Kenner Segura ein. Klitschko, der seit neun Jahren Kiews Bürgermeister ist und einst als Präsidentschaftskandidat antrat, habe in zwei Interviews eine neue kritische Phase im politischen Leben des Landes eingeläutet.
Klitschko nutze die wachsende Unzufriedenheit in der Gesellschaft und kritisiere Selenskyj dafür, dass er das Land nicht angemessen auf die russische Invasion vorbereitet habe. In einem Interview mit dem Schweizer Nachrichtenportal 20min.ch äußerte Klitschko: "Die Leute fragen sich, warum wir nicht besser auf diesen Krieg vorbereitet waren, warum Selenskyj bis zum letzten Moment geleugnet hat, dass er kommen würde (...) oder (wie) die Russen so schnell nach Kiew kommen konnten."
Isoliert Selenskyj das Parlament?
Der ehemalige Schwergewichtsboxchampion und Oppositionsführer beklagte auch, dass Selenskyj die Macht monopolisiere und die Regierung sowie die Rada, das ukrainische Parlament, in dem seine Partei die absolute Mehrheit hat, in den Hintergrund dränge. Klitschko betonte, dass in der zunehmend zentralistisch geprägten Ukraine die einzige Gegenmacht die Stadträte seien.
Der Spiegel, dessen Berichterstattung sich in diesem Punkt zuletzt sichtlich geändert hat, führte ebenfalls ein Gespräch mit dem Abgeordneten Oleksiy Honcharenko, der prominentesten Stimme der Europäischen Solidarität, der größten Oppositionspartei der Ukraine.
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Honcharenko kritisierte Selenskyj für seine unritterliche Kontrolle über die Medien, insbesondere über die Nachrichtensendungen, die nach Beginn des Krieges geschaffen wurden: "Der Anführer fühlt sich wohl damit, dass es keine Kritik gibt und er einen Großteil der Medien kontrolliert."
Inmitten des für die Ukraine nicht gut laufenden Krieges mehren sich zudem die Anzeichen dafür, dass es zu einem ernsthaften Zerwürfnis zwischen der Selenskyj-Führung und der Armee gekommen ist. Es verdichteten sich die Hinweise, dass es zu einem Vertrauensbruch zwischen Präsident Selenskyj und seinem Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj gekommen ist, schrieb die Ukrainska Pravda unlängst.
Schon seit einiger Zeit schien das Verhältnis belastet. Doch nach offener Kritik Saluschnyjs an politischen Entscheidungen der Regierung scheint der Bruch nun immer offenkundig.
Ukraine: Verteidigungsminister Saluschnyj kritisiert Selenskyj
Gegenüber dem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe Saluschnyj beklagt, das Präsidialamt mische sich zunehmend in seine Kompetenzen ein. Die Zeitung zitierte mehrere Vertraute des Generals, denen zufolge Saluschnyj von der politischen Führung übergangen werde. Statt mit ihm als Oberbefehlshaber kommuniziere Präsident Selenskyj derzeit direkt mit dem Kommandeur der Landstreitkräfte, Oleksandr Syrskyi, und mit dem Chef der Luftwaffe, Mykola Oleshchuk.
Im November vergangenen hatte der General gegenüber The Economist erklärt, es gebe keine Anzeichen dafür, dass sich die Lage an der Front zugunsten der Ukraine verändern würde und sich das Land auf einen langfristigen Krieg einstellen müsse.