Monarchie-Proteste: Ist Großbritannien auf dem Weg zum Polizeistaat?

Seite 2: Aushöhlung der freien Meinungsäußerung durch drakonisches Gesetz

Kritik kommt auch von Menschenrechtsorganisationen. Human Rights Watch spricht von "unglaublich alarmierenden" Festnahmen, die man eher in Moskau als in London erwarten würde. Sacha Deshmukh, der Geschäftsführer von Amnesty International UK, sagte:

Wir müssen abwarten, welche Details zu diesen Vorfällen bekannt werden, aber der bloße Besitz eines Megafons oder das Mitführen von Plakaten sollte niemals ein Grund für eine Verhaftung durch die Polizei sein. Friedliche Proteste stehen eindeutig unter dem Schutz der internationalen Menschenrechtsgesetze, und es ist besorgniserregend, dass die Polizei vorab zahlreiche Erklärungen über ihre "geringe Toleranz" gegenüber Störungen bei der Krönung veröffentlichte. Die Krönung sollte nicht zu einem weiteren Vorwand werden, um elementare Menschenrechte der Bürger in diesem Land zu untergraben.

Der Leiter der Polizeioperation verteidigte die Festnahmen am Samstagnachmittag und lobte die Arbeit der 11.500 Polizisten, die während der Krönung im Einsatz waren.

Im letzten Jahr wurde in Großbritannien ein Gesetz eingeführt, dass äußerst drakonische Rechtsvorschriften enthält. Danach sind "störende" oder "laute" Proteste verboten. Damit erhält die Polizei eine weitreichende Verfügungsgewalt, die Willkür Tür und Tor öffnet, was das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ernsthaft gefährdet.

Das war schon zu beobachten bei der zehntägigen Trauerphase um die im September letzten Jahres verstorbene Queen Elizabeth II.

Kritiker der Monarchie wurden in Schottland und London verhaftet, festgehalten, gezwungen, öffentliche Plätze zu verlassen, und von Polizeibeamten eingeschüchtert, als der Sarg von Königin Elizabeth zusammen mit Mitgliedern der königlichen Familie, darunter König Charles III., vorbeizog.

Ein Demonstrant, der ein handgefertigtes Schild mit der Aufschrift "Not My King" in der Hand hielt, wurde dabei gefilmt, als er von der Polizei aus dem Palace of Westminster in London abgeführt wurde. In einem anderen Fall berichtet der Klimaschützer und Anwalt Paul Powlesland, dass ein Polizeibeamter auf ihn zuging, als er auf dem Parlamentsplatz ein leeres Blatt Papier hochhielt.

Der Polizist warnte Powlesland, dass er, wenn er "Not My King" auf das Papier schreiben würde, verhaftet werde, "weil sich jemand beleidigt fühlen könnte".

Der Vorfall wurde mit der Verhaftung einer Frau im März 2022 in Russland verglichen, die von der Polizei weggezerrt wurde, weil sie ein leeres Schild bei einer Razzia bei einer Demonstration gegen die Ukraine-Invasion hochhielt.