Mutmaßliche Impfschäden: "Keine Reaktion des Bundesministeriums für Gesundheit"

Kristin Hoffmann: Nach der Impfung stellten sich schwere gesundheitliche Probleme ein. Bild: privat.

Gesundheitsschäden nach Coronaimpfungen waren lange tabu. Beginnt nun ein Umdenken in Medizin und Medien? Ein Interview mit Kristin Hoffmann.

Frau Hoffmann, Sie haben sich im Frühjahr vergangenen Jahres gegen Covid-19 impfen lassen. Seither leiden Sie unter erheblichen gesundheitlichen Folgen. Was ist geschehen?
Kristin Hoffmann: Das Problem war vor allem die zweite Impfung. Da hatte ich zwei Stunden später Herzholperer bekommen …
… also eine Arrhythmie?
Kristin Hoffmann: Ja, genau. Das war schon nach der ersten Impfung aufgetreten, ist dann aber nach circa drei Wochen wieder weggegangen. Seit der zweiten Impfung habe ich sie noch immer. Sie waren auch auf dem EKG sichtbar, sind allerdings laut der Ärzte nicht akut bedrohlich.
Welcher Impfstoff ist Ihnen verabreicht worden?
Kristin Hoffmann: Moderna. Nach der zweiten Injektion mit diesem Impfstoff ist auch mein Arm angeschwollen, ich habe sehr hohes Fieber bekommen und massive Gliederschmerzen – und das über drei Tage. Mein Arm ist immer dicker geworden, von Stunde zu Stunde. Mein Unterarm war so angeschwollen, dass ich das Gefühl hatte, er platzt. Ich konnte meine Hand nicht mehr bewegen.
Drei Tage später bin ich zum Arzt gegangen. Der war überzeugt, dass ich Nebenwirkungen durch die Impfung hatte. In derselben Nacht bin ich dann noch in die Notaufnahme, weil ich Schmerzen in der Achsel hatte, die in den Brustkorb ausstrahlten. Die Rötungen weiteten sich aus und ich konnte meinen Arm nicht mehr bewegen.
Wie war der Befund in der Rettungsstelle?
Kristin Hoffmann: Sie haben mir gesagt, dass es wohl Nebenwirkungen von der Impfung seien, dass das Herzproblem aber nicht so gravierend sei, dass ich dableiben müsse. Ich sollte kühlen und abwarten.
Am nächsten Tag bin ich dann direkt wieder zu meinem Hausarzt gegangen. Der hat dann im Ultraschall festgestellt, dass ich vergrößerte Lymphknoten von anderthalb Zentimetern in der Achsel, am Arm und am Hals habe.
Er hat mich dann ins CT geschickt, um abzuklären, ob noch mehr Probleme vorliegen. Auch, weil sich neurologische Veränderungen eingestellt haben, konkret waren es Wahrnehmungsstörungen.
Das ist jetzt alles schon eine Weile her. Wie geht es Ihnen heute?
Kristin Hoffmann: Diese neurologischen Störungen haben sich auf den ganzen Körper ausgebreitet. Ich habe Schwellungen im Gesicht und am Oberkörper, ich habe Muskelschwäche in den Beinen. Mittlerweile kann ich wieder 40 Minuten lang langsam gehen. Das war die vergangenen Monate nicht möglich, da waren höchstens 20 Minuten drin.
Ich nehme heute Kälte und Wärme als Schmerz wahr. Ich hatte durch Entzündungen angeschwollene Handgelenke. Ich habe noch 20 Prozent der vorherigen Kraft in den Händen. Dazu kommen motorische Veränderungen, also die Feinmotorik ist nicht mehr möglich.
Ich habe auch Konzentrationsprobleme und leide unter Vergesslichkeit. Ich nehme alles in der Umgebung langsamer wahr als vorher. Wenn ich einen Schub habe, dann spreche ich dann auch langsamer.

"Habe noch immer keinen Facharzt gefunden"

Was bedeutet das für Ihr Leben?
Kristin Hoffmann: Ich war vorher gesund, hatte bei Check-ups immer Top-Werte, habe regelmäßig Sport gemacht, bin fast täglich über eine Stunde mit dem Hund herausgegangen, lag niemals zuvor im Krankenhaus und hatte auch keine Operationen, war selten krank, in meiner Familie gibt es auch keine schweren oder chronischen Erkrankungen. Nun habe ich neben den erwähnten Symptomen vor eine ausgeprägte Fatigue entwickelt.
Nun liegt ein Zusammenhang mit der Impfung nahe. Was aber haben die Ärzte gesagt? Lässt sich ein kausaler Zusammenhang überhaupt nachweisen?

Mit der Frage der Kausalität befassen wir uns auch in den Themen des Tages: "Warum eine Debatte über Corona-Impfschäden überfällig ist"

Kristin Hoffmann: Mein Hausarzt hat direkt von Anfang an gesagt – und sagt auch weiterhin –, es seien Nebenwirkungen durch die Impfung. Er hat auch Meldung an das Paul-Ehrlich-Institut gemacht und mich in die Klinik geschickt.
Die Fatigue wurde von einer Neuropsychologin diagnostiziert, zudem hat sie eine kognitive Einschränkung festgestellt und diese in den Zusammenhang mit der Impfung gebracht. Es deutet alles darauf hin, dass es ME/Cfs ist …
Also ein Chronisches Fatigue-Syndrom, eine neuroimmunologische Erkrankung, die mit andauernder Schwäche und weiteren Symptomen einhergeht.
Kristin Hoffmann: Allerdings habe ich noch immer keinen Facharzt gefunden, bei dem ich einen Termin bekomme und mein Termin in Marburg in der Post-Vac-Sprechstunde ist erst Mitte Oktober.
Ein Zusammenhang wurde also von Beginn an festgestellt?
Kristin Hoffmann: Nein, das war schwieriger. In eine Klinik wurde mir zu Beginn zwar gleich gesagt, es seien wohl Nebenwirkungen durch die Impfung. Die haben das aber in den Abschlussbericht nicht so reingeschrieben, sondern haben geschrieben, es sein ein "Zustand nach Impfung".
Ein wichtiger juristischer Unterschied!
Kristin Hoffmann: Das ist ein Unterschied, genau. Dann bin ich nach mehreren Wochen noch mal in die Klinik, weil es immer schlimmer geworden ist. Dort hat man dann halt wieder gesagt, es sei von der Impfung. Im Bericht stand dann wieder drin: "Zustand nach Impfung".
Danach war ich in für sechs Wochen in einer Reha Klinik, aufgrund der neurologischen Beschwerden. Dort hat man gesagt, man habe so etwas noch nie gesehen. Auch das Personal dort sagte, es komme von der Impfung.
Dort bin ich dann arbeitsunfähig entlassen worden, bin dann im September in die Uniklinik Göttingen. Dort hat man mir auch wiederum gesagt, ich hätte wohl eine Small-Fiber-Neuropathie durch die Corona-Impfung. Die haben das aber auch wieder nicht direkt so reingeschrieben, sondern es wieder schwammig umschrieben.
Haben Sie mit den behandelnden Ärzten offen über Ihre Vermutung gesprochen?
Kristin Hoffmann: Ja, aber war manchmal schwer, weil es große Vorbehalte gibt. Der Neurologe, bei dem ich hier in Paderborn war, ist mir sofort ins Wort gefallen, als ich sagte, ich hätte die Beschwerden seit der Impfung.
Er war extrem unfreundlich und sagte nur, die Impfung habe keine Nebenwirkungen. Ich hätte offenbar eine zu große Abneigung gehabt gegen die Impfung, so seien die Symptome zu erklären.

"Lange wollte kein Journalist und keine Zeitung über uns berichten"

Eine Düsseldorfer Anwaltskanzlei hat unlängst einige Klagen eingereicht, vor allem gegen den Impfstoffhersteller Biontech. Einer der mit den Klagen betrauten Anwälte hat beklagt, dass viele seiner Klienten nicht ernstgenommen werden. Sie haben ja auch entsprechende Erfahrungen gemacht, sogar mit dem Bundesgesundheitsministerium. Was ist da passiert?
Kristin Hoffmann: Im Netz habe ich festgestellt, dass es andere Betroffene gibt. Wir haben uns mittlerweile recht gut vernetzt. Die einzige Möglichkeit, die wir sehen, ist, über Facebook oder Instagram über Kommentare Aufmerksamkeit zu bekommen.
Denn lange wollte kein Journalist und keine Zeitung über uns berichten und mit uns reden. Uns wurde immer wieder gesagt, man wolle Schwurblern nicht in die Hände spielen.
Also haben wir uns entschieden, zu kommentieren. An einem Tag dann im vergangenen Sommer wurde mein Kommentar vom Bundesministerium für Gesundheit erwidert. Das war die erste Reaktion von so einer Stelle. Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe Angst bekommen, weil ich sie als Drohung aufgefasst habe.
Wenig kompromissbereit: Gesundheitsministerium.
Sie hatten geschrieben: "Ich wurde bislang gegen alles geimpft. Durch die Corona-Impfung habe ich seit einem Jahr Nebenwirkungen und bin arbeitsunfähig! Und wie mir geht's zu vielen anderen auch! (...)".
Kristin Hoffmann: Es hieß daraufhin: "Bitte unterlassen Sie Falschaussagen wie diese."
Sie hatten zunächst aber auch geschrieben, Medien und Regierung vertuschten die Probleme, diesen Passus dann aber gelöscht. Auf welchen Teil Ihrer Aussage hat das Ministerium denn reagiert, haben Sie das geklärt?
Kristin Hoffmann: Nein, es gab keine weitere Reaktion des Bundesministeriums für Gesundheit. Ich habe die zweite Bemerkung abgeändert, weil ich eben "die Medien" und "die Regierung" geschrieben habe. Denn einige die Medien haben ja im Laufe der Zeit angefangen, über das PostVac-Syndrom zu berichten.
Mich hat dann auch ein Bekannter, der journalistisch tätig ist, darauf aufmerksam gemacht, dass man das so grundlegend über alle Medien nicht sagen kann, dass das falsch ist. Es gab vom Bundesministerium für Gesundheit aber keine weitere Reaktion. Ich habe den Vorwurf der Fake-News daher auf meine komplette Äußerung bezogen.
Sie hatten dem Ministerium angeboten, ihren Fall zu prüfen. Da gab es auch darauf keine Reaktion?
Kristin Hoffmann: Nein, keine.
Was vielleicht aber nur an dem Social-Media-Team des Bundesgesundheitsministeriums liegt.
Kristin Hoffmann: Das glaube ich nicht, denn wir Betroffenen haben unzählige Briefe an Politiker, an das Bundesgesundheitsministerium, an Herrn Lauterbach, Journalisten und viele andere geschrieben. Alles blieb ohne Reaktion oder stieß auf Ablehnung.
Ich selbst habe dreimal mit Journalisten gesprochen und meine Geschichte erzählt. Sie sind dann zurückgerudert und haben die Sachen nicht gebracht. So erging es vielen Betroffenen.

Keine Rückmeldung vom Paul-Ehrlich-Institut

Sie haben gesagt, Ihr Hausarzt habe ihre Beschwerden dem Paul-Ehrlich-Institut gemeldet, dem PEI. Das hatte Ihnen auch das Bundesgesundheitsministerium empfohlen.
Kristin Hoffmann: Ja, aber das funktioniert eben überhaupt nicht. Mein Hausarzt hat Meldung beim PEI gemacht. Er kannte das Prozedere von einem Impfschaden vor mehreren Jahren. Deshalb war er sehr verwundert, dass er keine Rückmeldung erhalten hat.
Daraufhin hat er sich bei seinen MFAs (Medizinischen Fachangestellten, d. Red.) erkundigt, ob das Fax angekommen sei. Das Ganze wiederholte er. Letztlich hat er dreimal Meldung gemacht, ohne vom PEI eine Rückmeldung zu bekommen. Dann hat er mich ans Gesundheitsamt verwiesen.
Ich habe mich dann ans Gesundheitsamt gewendet. Die haben mich über mehrere Wochen aber immer wieder abgeblockt. Ich habe dann einen Artikel aus dem Netz gesucht, aus denen hervorging, dass sie dazu verpflichtet sind.
Danach haben sie dann eben gehandelt und das Paul-Ehrlich-Institut angeschrieben, dreimal und jedes Mal mit einem Ultimatum. Die E-Mails vom Gesundheitsamt ans PEI habe ich vorliegen.
Beim zweiten und dritten Mal hat das Gesundheitsamt dem PEI gegenüber gedroht, den Landrat einzuschalten. Auch da hat das Institut nicht reagiert. Und dann haben sie das an den Landrat weitergegeben.
Irgendjemand im Büro des Landrats hat dann eine Rückmeldung bekommen vom PEI – dass sie keine Rückmeldung geben. Das hat alle sehr verwundert. Denn im Endeffekt weiß man bei solchen Meldungen an das PEI gar nicht, wie der Stand der Bearbeitung und ob das überhaupt angekommen ist.
Auch das Evangelische Krankenhaus in Lippstadt hatte Meldung ans PEI gemacht, als ich dort im Mai vergangenen Jahres stationär aufgenommen worden war. Die Ärztin drückte mir gegenüber ihre Verwunderung aus, dass sie bei der Meldung keinerlei Daten angeben konnte über mich, außer Geschlecht und Alter. Das hatte mir mein Hausarzt auch mitgeteilt und mich um Erlaubnis gebeten, meine Daten mitsenden zu dürfen.
Werden Sie sich den Klagen anschließen?
Kristin Hoffmann: Ich würde gern den Rechtsweg beschreiten. Ich bin allerdings – wie viele andere – in der Situation, dass ich seit jetzt fast anderthalb Jahren Krankengeld bekomme. Ich habe viel bezahlt für Fahrten zu Kliniken, regelmäßige Arztbesuche, Therapien, die ich dringend benötige, Untersuchungen und Supplemente.
Die Krankenkasse hat die Anträge auf Langzeitverordnungen für die notwendigen Therapien abgelehnt. Die Nebenwirkungen durch die Impfung sind nicht im Heilmittelkatalog aufgelistet. Somit erhalte ich künftig nur noch in großen Abständen und nicht ausreichend Therapie. Diese wären aber wichtig, um meinen derzeitigen, ohnehin schon schlechten gesundheitlichen Status zu erhalten.
Ich bin alleinerziehend. Eine Klage kann ich mir im Moment nicht leisten.

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