Nach Absturz von F-16: Jetzt will Selenskyj mehr westliche Kampfjets
Der Verlust des Jets ist ein Rückschlag für Kiew. Nun drängt Selenskyj auf schnelle Lieferung weiterer Maschinen. Was ist die Perspektive?
Die Ukraine wurde vergangene diese Woche von der Nachricht des Absturzes eines der lang erwarteten F-16-Kampfflugzeuge erschüttert. Dabei war ein ukrainischer Top-Pilot an Bord getötet worden.
Es gibt keine Hinweise darauf, dass das in den USA gebaute Flugzeug von russischen Streitkräften abgeschossen wurde – obwohl bis zuletzt unklar blieb, was genau geschehen ist. Offizielle Stellen bestätigten, dass das Flugzeug inmitten eines der massiven russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf die Ukraine zu Boden gegangen ist.
Wie das Wall Street Journal am Donnerstag berichtete, erklärte das ukrainische Militär, der Pilot Oleksiy Mes sei "bei der Abwehr des Raketenangriffs am Montag im Kampf gefallen".
Mes war einer der ersten Piloten in Kiew, die auf der F-16 ausgebildet wurden. Er war einer der bekanntesten ukrainischen Piloten, der häufig in den Medien auftrat und nach Washington reiste, um dafür zu werben, dass die Ukraine die Kampfflugzeuge erhält.
MIt Zustimmung der USA haben sich die Nato-Mitgliedsstaaten im August letzten Jahres darauf geeinigt, der Ukraine 60 F-16 zu liefern, die zwischen 2024 und 2028 ausgeliefert werden sollen.
Die Flugzeuge, die von Lockheed Martin hergestellt werden, kosten rund 63 Millionen US-Dollar pro Stück. Die ukrainischen Piloten wurden im vergangenen Jahr in den USA ausgebildet, und erst diese Woche wurde bekannt, dass die Flugzeuge mit der modernsten elektronischen Kampfführung ausgestattet wurden. Ende Juli erhielt die Ukraine schließlich eine "kleine Anzahl".
F-16 reichen wohl nicht aus
Und das geschah keinen Moment zu früh. Nach dem Einmarsch der Ukraine in die russische Region Kursk Anfang August hat Russland diese Woche Ziele in der gesamten Ukraine massiv bombardiert, und die Ukraine hat mit der neuen Feuerkraft der F-16 geantwortet.
Dennoch wächst das Gefühl, dass dies nicht ausreichen wird. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert eine Beschleunigung der Lieferungen. Der Grund: Sein Militär brauche die vorhandenen Raketenabwehrvorräte auf.
Lage der Ukraine verzweifelt
"Die Angriffe unterstreichen ein verzweifeltes Problem der Ukraine: Wie kann sie ihr Territorium mit einer begrenzten Anzahl von Luftabwehrsystemen und einem schwindenden Vorrat an Abfangraketen schützen", schrieben Isabel Coles und Nikita Nikolaienko Anfang der Woche im Wall Street Journal.
Indes rücken die Ukrainer weiter auf russisches Territorium vor. Das Militär brüstete sich am Donnerstag damit, 500 Quadratkilometer unter Kontrolle gebracht und 600 russische Kriegsgefangene gemacht zu haben. Damit verstärkt sich das Gefühl, dass Selenskyj dies als eine Möglichkeit sieht, seine Position in etwaigen Verhandlungen mit Russland zu stärken.
Ende des Krieges wird diskutiert
Ukrainische Regierungsvertreter scheinen häufiger über die Aussichten auf ein Ende des Krieges zu sprechen. In der vergangenen Woche bestand Selenskyj darauf, dass die Invasion Teil eines umfassenderen Plans zur Beendigung des Krieges sei und dass er diesen Plan mit den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris besprechen werde.
"Der wichtigste Punkt … ist, Russland zu zwingen, den Krieg zu beenden", sagte Selenskyj. "Wir wollen wirklich Gerechtigkeit für die Ukraine. Und wenn dieser Plan angenommen wird – und wenn er auch umgesetzt wird – glauben wir, dass das Hauptziel erreicht sein wird", sagte er auf einer Pressekonferenz mit hochrangigen Funktionären am Dienstag.
Experten warnen jedoch davor, dass sich das Zeitfenster für diesen Schachzug schließen könnte, da die Russen sich zu verschanzen scheinen und Kiews Andeutungen über mögliche Gespräche und Friedenspläne zunehmend ablehnend gegenüberstehen.
"Es ist nicht das erste Mal, dass wir solche Erklärungen von Vertretern des Kiewer Regimes hören", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow Reportern auf die Frage nach dem Plan. "Wir setzen unsere besondere Militäroperation fort und werden alle unsere Ziele erreichen."
Zuvor hatte Russland in der vergangenen Woche Berichte dementiert, wonach beide Seiten an indirekten Gesprächen über den Konflikt teilnehmen wollten, diese aber wegen der ukrainischen Invasion abgebrochen wurden.
Kelley Beaucar Vlahos ist Chefredakteurin von Responsible Statecraft und Senior Advisor am Quincy Institute. Ihr Artikel erschien zuerst auf Englisch bei unserem Partnerportal Responsible Statecraft.