Nach Ende des Getreidedeals mit der Ukraine: Krieg im Schwarzen Meer

Seite 2: Getreidedeal zu Ende: Russland verärgert China und Türkei

So ist der größte Abnehmer des nun vorerst ausbleibenden ukrainischen Getreides ausgerechnet China, auf dessen Wohlwollen Russland in Zeiten eines offenen Sanktionskrieges mit dem Westen angewiesen ist.

Schon die Verlängerung des Getreidedeals im März fiel nicht zufällig mit dem Besuch des chinesischen Staatschefs Xi Jinping in Russland zusammen, glaubt die Wirtschaftsanalystin Alexandra Prokopenko. Nicht umsonst sind Getreidelieferungen ein wichtiger Punkt im chinesischen Friedensplan für die Ukraine.

Weitere wichtige Abnehmer ukrainischen Getreides sind Spanien und die Türkei. Auch mit Blick auf die Türkei "kann sich Russland eine Verschlechterung der Beziehungen derzeit nicht leisten", meint der russische Türkei- und Nahostexperte sowie Telepolis-Autor Ruslan Suleimanov in einer Analyse für das Carnegie Center Russia-Eurasia.

Sie sei de facto der einzige wirkliche Vermittler in den Beziehungen Moskaus zum Westen und von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Auch die letzte Aufkündigung des Getreidedeals durch die Russen endete im Herbst 2022 mit einer Rückkehr des Kremls nach einer Kontaktaufnahme Erdoğans, erinnert Suleimanov.

Doch diesmal sind die Fronten zwischen dem Westen und Russland verhärteter als im vergangenen Herbst. Das liegt neben der ukrainischen Gegenoffensive auch am Angriff auf die russische Krim-Brücke durch ukrainische Drohnen – beides führt Moskau auf die massive westliche Militärunterstützung für Kiew zurück.

Dabei darf freilich nicht übersehen werden, dass es natürlich die russische Invasion der Ukraine selbst ist, die die harten geopolitischen Probleme verursacht, von denen hier die Rede ist.

Kompromissvorschlag der UNO

Die UNO hat einen Kompromissvorschlag erarbeitet, der die Abwicklung der russischen Getreidegeschäfte über eine Tochter der russischen Agrarbank ermöglichen soll. Deren Status wäre dann vergleichbar mit dem der Gazprombank, die wegen der rückläufigen Rohstoffgeschäfte Russlands mit dem Westen noch an das SWIFT-System angeschlossen ist.

Sollte es trotz solcher Vorschläge nicht zu einer Einigung kommen, will Moskau bedürftigen Ländern in Afrika kostenlos Getreide liefern. "Wahrscheinlich geht es um die Mengen, die Afrika im Rahmen des UN-Nahrungsmittelprogramms erhält, also um rund eine Million Tonnen", schätzt Alexandra Prokopenko.

Angesichts einer Rekordernte ist das für Russland kein Problem. So kann der Kreml auch die moralische Keule aus dem Westen, arme Afrikaner müssten wegen Moskaus Verhalten hungern, wirkungsvoll entkräften.

Den Unmut in Ankara und Peking kann er damit allerdings nicht besänftigen. Im August wird Erdoğan Putin zu einem Staatsbesuch empfangen. "Der türkische Staatschef verfügt über große Hebel, um Russland zu überzeugen, zur Umsetzung des Getreideabkommens zurückzukehren", meint Alexandra Prokopenko.

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