Nach Konferenz in der Schweiz: China fordert erneut Dialog zwischen Moskau und Kiew

Delegationen vonChina und der Ukraine an einem Tisch

Gespräche zwischen China und der Ukraine in Beijing. Bild: fmprc.gov.cn

Chinesischer UN-Diplomat für Gespräche mit Russland. Streit mit USA über Rolle im Krieg. Beijing pocht auf Vermittlerrolle.

China hat an den internationalen Beratungen in der Schweiz über die Perspektiven des Ukraine-Krieges am Freitag und Samstag nicht teilgenommen. Doch zum Start der "Hochrangige Konferenz zum Frieden in der Ukraine" meldete sich Beijing doch noch zu Wort.

Ein hochrangiger Diplomat sprach sich für direkte Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine "so bald wie möglich" aus. Der Einladung zum Treffen auf dem Schweizer Bürgenstock war China nicht gefolgt. Der Grund liegt auf der Hand: Man wollte die Veranstaltung, die die ukrainische Position stärken sollte, angesichts des Bündnisses mit Moskau nicht aufwerten.

Und so war es kein Zufall, dass Geng Shuang, der stellvertretende ständige Vertreter Chinas bei den Vereinten Nationen, das Wort ergriff. Er forderte am Freitag vor dem UN-Sicherheitsrat direkte Gespräche zwischen den Kriegsparteien.

Chinas Abwesenheit bei dem zweitägigen Treffen werfe Fragen bezüglich der von China behaupteten Neutralität im Ukraine-Krieg auf, schreibt die in Hongkong erscheinende South China Morning Post.

Absage aus Beijing an die Schweiz

Die Ukraine hatte China bereits im Januar zum Gipfel eingeladen, aber Beijing, das erst kürzlich seine "grenzenlose" Partnerschaft mit Moskau bekräftigt hatte, bestand darauf, dass jeder Friedensprozess die Teilnahme Russlands erfordere.

Gengs Aufruf deckt sich weitgehend mit Chinas eigenem Friedensvorschlag von vor einem Jahr, der von Russland begrüßt, von den USA und ihren Verbündeten jedoch weitgehend abgelehnt wurde.

Schlagabtausch zwischen China und den USA

Während der Sicherheitsratssitzung am Freitag verteidigte Geng Chinas "Objektivität und Unparteilichkeit" und beschuldigte die USA, "die Lüge zu verbreiten, dass China Russland in seinen Kriegsbemühungen unterstützt habe".

Diese Anschuldigungen seien inakzeptabel und ein Versuch, die Aufmerksamkeit vom Konflikt abzulenken und Differenzen zu schaffen.

US-Sicherheitsberater kritisiert China

Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, sagte am Rande des Gipfels am Samstag, Chinas Abwesenheit sei wahrscheinlich auf russischen Druck zurückzuführen und stehe im Einklang mit Beijings "Versorgung der russischen Kriegsmaschinerie".

"Ich nehme an, sie sind nicht hier, weil (Wladimir) Putin sie gebeten hat, nicht zu kommen, und sie sind Putin gefolgt", sagte Sullivan zu Reportern am Rande der Konferenz in der Schweiz. "China hat gesagt, dass es für Frieden in der Ukraine steht. Ein guter Weg, das zu zeigen, wäre gewesen, hierherzukommen."

90 Länder auf Konferenz vertreten

Nach Angaben der Schweizer Regierung waren mehr als 90 Länder der Einladung zu dem zweitägigen Gipfel gefolgt, der am Sonntag endete. Staats- und Regierungschefs aus 57 Ländern nahmen teil, darunter Frankreich, Deutschland und Japan sowie Argentinien, Fidschi und Katar, während US-Präsident Joe Biden nach dem G-7-Gipfel am Freitag absagte und stattdessen Vizepräsidentin Kamala Harris schickte.

Auch Indien, Südafrika, die Philippinen, Indonesien, Singapur und Thailand schickten Delegationen, Brasilien nahm lediglich als Beobachter teil.

Präsident Selenskyj begrüßt Teilnehmer

Präsident Wolodymyr Selenskyj, der auf dem G-7-Gipfel große Unterstützung erhalten hatte, begrüßte die Teilnahme an der Schweizer Veranstaltung und sagte, dies sei der Beginn eines Prozesses, um Russland zu zwingen, seine Aggression zu beenden und den Frieden zu sichern.

"Auch wenn sie heute beim ersten Gipfel nicht hier sind, haben wir es geschafft, der Welt zu zeigen, dass gemeinsame Anstrengungen den Krieg stoppen und Frieden schaffen können", sagte er Reportern zu Beginn des Treffens.

Disput um Abschlusserklärung

In einem Abschlusskommuniqué, das von der Mehrheit der teilnehmenden Länder unterstützt wurde, hieß es: "Wir glauben, dass die Erreichung des Friedens die Einbeziehung und den Dialog aller Parteien erfordert". Außerdem wurde die Achtung der "territorialen Integrität aller Staaten, einschließlich der Ukraine" gefordert. Die umstrittene Erklärung wurde jedoch nicht von den Staaten des Globalen Südens unterstützt, die Selenskyj umworben hatte.

Experten wie Alexander Gabuev, Direktor des Berlin Center for Russia Eurasia der Carnegie Endowment for International Peace, und Ryan Hass, China-Experte der Brookings Institution in Washington, äußerten sich auf X (ehemals Twitter) zu Chinas Haltung und Erwartungen an den Gipfel.

Die Einschätzung von Un-Beobachter

Gabuev schrieb, dass Beijing keine klaren Ergebnisse von der Veranstaltung erwarte und das Scheitern des Schweizer Gipfels China ermöglichen könnte, sich als zentraler Akteur in den diplomatischen Bemühungen zu positionieren – oder zumindest so zu tun.

Ryan Hass, China-Experte bei der Brookings Institution in Washington, twitterte, Beijing sei überzeugt, dass der Ukraine-Konflikt "weit entfernt von einer für beide Seiten verletzenden Pattsituation und daher bisher nicht reif für eine Lösung" sei. Sie betrachten die Schweizer nicht als neutral. Und sie werden sich nicht in Verhandlungen verwickeln lassen, die Moskau ablehnt.

China: Kühle Erklärung zu Ukraine, Konsens mit Brasilien

Ein Treffen der stellvertretenden Außenminister von China, Sun Weidong, und der Ukraine, Andrii Sybiha hatte in Beijing unlängst ernüchternd geendet. "China ist bereit, mit der Ukraine zusammenzuarbeiten", sagte Sun. Man sei bemüht, "den Austausch zwischen den beiden Ländern auf allen Ebenen weiter zu verbessern, sagte Sybiha.

In einer gemeinsamen Erklärung Chinas und Brasiliens hingegen heißt es:

Beide Seiten sind der Ansicht, dass Dialog und Verhandlungen die einzige praktikable Lösung für die Ukraine-Krise sind. Alle Parteien sollten die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines direkten Dialogs schaffen und auf eine Deeskalation der Lage bis zur Verwirklichung eines umfassenden Waffenstillstands drängen. China und Brasilien unterstützen eine internationale Friedenskonferenz, die zu einem angemessenen, sowohl von Russland als auch von der Ukraine anerkannten Zeitpunkt abgehalten wird und an der alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen sowie eine faire Diskussion über alle Friedenspläne stattfindet.