Nach dem Baumarkt die Sintflut: Werbung für Blackout und Klimakrise

Als gäbe es kein Morgen: Wer es sich finanziell leisten kann, darf vielerorts mit Heizpilzen Energie verballern. Ob es sich für die Gastronomie noch rechnet, ist unklar. Foto: Gertrud K. / Creative Commons

Energieverschwendung mit Heizpilzen und Elektroheizungen scheint beim Blick in die Prospekte eine gute Sache zu sein. Zugleich rühmen sich die Baumarktketten der Nachhaltigkeit. Gesetzgeberisch wird das Problem ignoriert.

Im Licht der sich abzeichnenden Energiekrise – und der nicht zu vergessenden Klimakrise – ist Energiesparen unbestritten das Gebot der Stunde. Wenn es um das Heizen im Winter geht, ist es vor allem das Energiesparen beim Erdgas und bei der Elektrizität das, was derzeit hierzulande breit diskutiert wird.

Heizen mit Strom

Stellen sich nun Millionen von Menschen Ölradiatoren und Heizlüfter in die Wohnzimmer und stellen diese zeitgleich ein, könnte dies zur Überlastung der Stromnetze und zu größeren Ausfällen im kommenden Winter 2022/23 führen. Außerdem könnten die Strompreise dann noch weiter steigen.

Wie kritisch eine solche Situation sein kann, zeigt die Erfahrung in unserem Nachbarland Frankreich, mit dem wir uns in einem Stromnetzverbund befinden. Da die Franzosen fröhlich mit Strom heizen und zwar mit ihren Atomkraftwerken, die nicht hinreichend wetterfest sind, lag der Stromverbrauch in der Vergangenheit im Winter zum Teil dreifach über den Kapazitäten der eigenen Stromerzeugung.

Frankreich wird also gegebenenfalls aus dem europäischen Stromnetzverbund viel importieren müssen, vor allem auch vom derzeitigen Noch-Stromexporteur Deutschland. Daher sollten Stromheizungen im Einzelhandel zur Zeit mit großen Warnhinweisen versehen werden. Das Zuheizen mit Strom kann im Übrigen zusätzlich auch ein großes finanzielles Risiko für Privathaushalte bedeuten.

Heizen des Gartens

Die Winter in Deutschland werden immer wärmer, während Heizanlagen für den Außenbereich immer zahlreicher werden. Könnte man das vielleicht unverantwortlich nennen im Angesicht der Klima- und Energiekrise?

Die Debatte und vereinzelte regionale Verbote von Terrassenheizstrahlern beziehungsweise sogenannten "Heizpilzen" ist nicht einmal neu, aber es gibt sie noch nach wie vor, ungeachtet der massiven Kritik vonseiten der Klima- und Umweltexperten an solchen Auswüchsen.

Jetzt, da der Gashahn aus Russland zugedreht wurde, wird es Tag für Tag absurder, wenn man vor Restaurants und Bars jene Heizkörper für die Troposphäre entdecken muss.

Und was tun die Baumärkte? Vielleicht solidarisch, weitsichtig und nachhaltig handeln? Die bewerben mehrheitlich intensiv das Heizen mit Strom im Wohnzimmer – und das Heizen des Gartens mit fossilem Erdgas. In den Angebotsprospekten des Landes stehen derzeit Stromheizungen, Ölradiatoren oder sogar Baulüfter für das lokale Beheizen von Räumen in Privathäusern mit Elektrizität hoch im Kurs.

Werbung der Baumärkte für kritische Produkte

Die aktuellen Prospekte der Baumärkte des Landes sprechen Bände. Die Baumarktkette Toom bewirbt beispielsweise fünf verschiedene Gartenheizungen beziehungsweise Heizpilze. Die Sonderpreis-Baumärkte setzen derweil auf das Geschäft mit Stromheizungen und Heizlüftern – in einem Prospekt, der ab dem 8. Oktober gültig ist, werden elf verschiedene Modelle beworben, beim Mitbewerber Bauhaus sind es aktuell neun.

Greenwashing-Versprechungen

Besonders Bauhaus und toom spucken allerdings große Töne, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Bei toom etwa heißt es in geschliffenster PR-Sprache:

Unsere Welt braucht uns. Auch dir liegt Nachhaltigkeit am Herzen? Auf dieser Seite erfährst du, in welchen Bereichen sich toom Baumarkt für den Umwelt- und Klimaschutz engagiert – und warum auch du dabei mithilfst. Das fängt bei nachhaltigen Produkten an.


Toom Baumarkt

Eine von vier "Säulen der Nachhaltigkeit" bei toom seien "Grüne Produkte". Außerdem erzählt man viel übers Energiesparen ("Jetzt in jedem Raum Energie sparen. Mit den passenden Produkten und Expertentipps").

Was das mit Sparen zu tun haben soll – und wie grün solche Produkte sind, mit denen man mit einer fossilen und knappen Energiequelle den Garten vor dem Haus heizt, bleibt ein Geheimnis der PR-Abteilung.

Aber auch die anderen Baumärkte nehmen den Mund voll. Bei Obi heißt es "Energie sparen – Tipps rund um Haus und Garten", denn "Unsere Umwelt ist uns wichtig".

Und Bei Bauhaus mit neun energiefressenden Stromheizungen im Prospekt, heißt es: "Unser Fokus: Ihre Energiekosten". Ist ja klar, denn "Verantwortung für Menschen & Umwelt: Nachhaltig handeln heißt Zukunft bauen"

Wir sehen: Der Gesetzgeber schläft seit Jahren – zumindest auf Bundesebene – bezüglich derlei destruktiver und überflüssiger Produkte wie Gartenheizungen. Entsprechend dem Vorschlag zur gestaffelten Mehrwertsteuer könnten solche Produkte zumindest mit einer Strafsteuer belegt werden.

Im Fall der Stromheizungen muss in der jetzigen Situation wenigstens die Zulässigkeit von Werbung für solche Produkte infrage gestellt werden.

Es geht schließlich um die Gefahr eines Blackouts, wenn alle möglichen Privathaushalte mit Baulüftern und Ölradiatoren die Stromnetze im Winter überlasten und Gas verschwendet wird, als gebe es kein Morgen.

Und die Baumärkte? Folgen natürlich der turbokapitalistischen Marktlogik, im Rahmen derer sie sich jeglicher Verantwortung für Energiesicherheit und Klimawandel entziehen. Indem sie die schnelle Kohle mit der Angst der Menschen machen, was die Stromheizungen betrifft – und die Ignoranz der Gartenheizer befeuern.

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