Neuartige Transistoren aus Bornitrid versprechen Revolution in der Elektronik

Mikrochip, Nahaufnahme mit schönem Licht.

(Bild: Jerome Mettling / Shutterstock.com )

Forscher entwickelten ultrarobuste Transistoren aus Bornitrid mit "gleitender Ferroelektrizität". Über 100 Milliarden Schaltzyklen ohne Verschleiß – eine Revolution für die Elektronik?

Ein internationales Forscherteam hat einen neuartigen Transistor entwickelt, der sich in Tests als außergewöhnlich widerstandsfähig erwiesen hat. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Science berichten, basiert das Bauteil auf zweischichtigem Bornitrid und könnte die Leistungsfähigkeit elektronischer Geräte deutlich verbessern.

Revolutionärer Transistor: Wissenschaftler entwickeln extrem robustes Bauteil

"Dies ist eines der ersten und vielleicht dramatischsten Beispiele dafür, wie Grundlagenforschung zu etwas führen kann, das große Auswirkungen auf Anwendungen haben könnte", sagt der Physiker Pablo Jarillo-Herrero vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Der Transistor nutzt ein kürzlich entdecktes Phänomen, das als "gleitende Ferroelektrizität" bezeichnet wird. Dabei werden zwei Schichten von Bornitrid-Atomen leicht gegeneinander verschoben, wenn eine elektrische Spannung angelegt wird. Dadurch ändert sich die Ausrichtung der Bor- und Stickstoffatome und es entsteht ein elektrisches Dipolmoment.

Langlebiger als Flash-Speicher: 100 Milliarden Schaltzyklen ohne Verschleiß

In Tests konnte der Transistor mindestens 100 Milliarden Mal ein- und ausgeschaltet werden, ohne Verschleißerscheinungen zu zeigen. Damit ist er deutlich langlebiger als die heute üblichen Flash-Speicher.

"Jedes Mal, wenn man einen Flash-Speicher beschreibt und löscht, nutzt er sich ab", erklärt Raymond Ashoori, Physiker am MIT. "Mit der Zeit nutzt er sich ab, was bedeutet, dass man sehr ausgeklügelte Methoden verwenden muss, um zu kontrollieren, wo auf dem Chip gelesen und geschrieben wird."

Die Forscher betonen, dass es noch ein weiter Weg ist, bis diese Transistoren in realen Geräten eingesetzt werden können. Die Herstellung eines einzigen Bauelements im Labor ist erst der Anfang – für die heutige Elektronik werden Milliarden von Transistoren benötigt.

Dennoch ist das Team optimistisch, was die Zukunft dieser Technologie angeht. Sie könnte auch für die Erforschung anderer Bereiche der Physik nützlich sein, zum Beispiel für die Verwendung von Licht anstelle von Elektrizität, um die Verschiebung von Schichten auszulösen.

Defektfreie Technologie: Schlüssel zur Langlebigkeit des neuen Transistors

Neben seiner hohen Stabilität zeichnet sich der neue Transistor durch rasante Schaltzeiten im Nanosekundenbereich aus. Dies ist vergleichbar mit den besten bisher bekannten ferroelektrischen Transistoren auf der Basis von Hafniumoxid.

Die Forscher vermuten, dass die hohe Robustheit des Materials darauf zurückzuführen ist, dass bei der Verschiebung der Atomlagen keine Defekte entstehen, die bei herkömmlichen ferroelektrischen Materialien zu einer Verschlechterung der elektrischen Eigenschaften führen.

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen, bevor die Technologie in der Praxis eingesetzt werden kann. Dazu gehören die Entwicklung von Methoden zur großflächigen Herstellung des Materials und die Verbesserung des On/Off-Verhältnisses der Transistoren.

Dennoch sehen die Forscher in dem neuen Ansatz ein großes Potenzial für die Entwicklung energieeffizienter und leistungsfähiger elektronischer Bauelemente. "Wenn ich an meine gesamte Karriere in der Physik zurückdenke, ist dies die Arbeit, von der ich glaube, dass sie in zehn bis zwanzig Jahren die Welt verändern könnte", sagt Ashoori.