Neue EU-Sanktionen gegen Russland: Banken, Militärs, Exporte und Journalisten

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Welche Wucht wird das zehnte Maßnahmen-Paket gegen den Kriegswillen der russischen Führung entfalten? Bisher ist die Wirkung laut britischen und US-amerikanischen Experten gering. Das könnte sich im laufenden Jahr aber ändern.

Am 24. Februar jährt sich die Invasion der Ukraine durch russische Truppen. Bis dahin will EU-Kommissionspräsident von der Leyen, dass das nächste, zehnte Sanktionspaket gegen Russland in Kraft tritt.

Ihr Stabschef Björn Seibert hat am vergangenen Wochenende EU-Botschafter über die Pläne informiert. In den nächsten Tagen sollen sie von EU-Wirtschafts- und Finanzministern besprochen werden. Laut Diplomaten und Offiziellen, die mit dem Magazin Politico gesprochen haben, stehen neue Finanz-Sanktionen gegen vier russische Banken auf der Liste.

Als einzige wird dort die Alfa Bank, die größte Bank in Privatbesitz in Russland, namentlich genannt, die bereits von den USA und Großbritannien sanktioniert wird, was dann mittelbar auch Sparer in Deutschland betraf.

Die EU listet bisher Sanktionen gegen den Hauptaktionär der Alfa-Group, German Borissowitsch Chan, in ihren Maßnahmen vom März letzten Jahres. Zudem gibt es ein Verbot zum Handel mit "Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten", das schon länger in Kraft ist, bei dem auch die Alfa Bank genannt wird.

Welche neuen Finanzsanktionen gegen die Banken nun im Detail geplant sind, lässt sich den Äußerungen der Diplomaten und anderen Eingeweihten nicht entnehmen.

An weiteren Maßnahmen geplant ist deren Aussagen zufolge, dass es russischen Staatsangehörige verboten wird, in Vorständen von Unternehmen mit kritischer Infrastruktur in der EU zu sitzen. Speziell genannt werden Strom- oder Gasversorger.

Zudem listet das neue Paket offenbar 130 Unternehmen und Personen auf, die mit Sanktionen bedacht werden. Namen werden auch dazu noch nicht veröffentlicht. Es heißt, dass russische Militärs auf der Liste stünden, Beamte, die von Russland in der Ukraine eingesetzt werden wie auch Journalisten von Russia Today, russischen Staatsmedien und "Propagandasender". Das könnte sich dann auch auf deutsche und EU-Journalisten, die in Russland tätig sind, auswirken.

Auch "Unternehmen und Personen in anderen Ländern mit Verbindungen zu Russlands Kriegsanstrengungen oder der Söldnergruppe Wagner - namentlich in Mali und im Iran" stehen auf der Sanktionsliste. Polen, die baltischen Länder, Deutschland und Frankreich nennt Politico namentlich als federführend für die Zusammenstellung der Liste.

Handelsverbote

Des Weiteren sind auch Handelsverbote für die Einfuhr von russischem Kautschuk und Asphalt bzw. Bitumen in die EU beabsichtigt. Sowie das Exportverbot aus EU-Ländern nach Russland von "Lastkraftwagen, anderen schweren Fahrzeugen, Baumaschinen, Pumpen und anderen im Bausektor verwendeten Maschinen". Auch der Export von elektronischen Bauteilen, die für die Herstellung von Waffen geeignet sind, steht auf der Verbotsliste.

Diskutiert wird darüber hinaus, dass ein Schiffsunternehmen, das in Dubai ansässig ist, auf die Liste kommt. Es wird verdächtigt, dass es Russland bei der Umgehung von Sanktionen auf Ölexporte unterstützt. Doch rühren sich dagegen anscheinend noch Widerstände.

"Besser überstanden, als es viele erwartet haben"

Geht es nach Einschätzungen, die Adam Tooze, Volkswirt und Wirtschaftshistoriker, Mitte vergangener Woche übermittelte, so hat Russlands Wirtschaft den Krieg und die Sanktionen besser überstanden, "als es viele erwartet haben".

Bekräftigt wird die Aussage von einer Reihe Analysen aus westlichen Publikationen wie dem Economist, der Financial Times oder Bloomberg, die nicht im Ruf stehen, die Lage in Russland aus propagandistischen Gründen schönzureden. Es fehlt auch nicht an kritischen Ausblicken für das laufende Jahr.

Für 2022 sieht die Bilanz nicht schlecht aus, so Tooze:

"Die offiziellen Daten zeigen einen Rückgang im Jahr 2022 von knapp über zwei Prozent und eine Vorhersage für zumindest ein gewisses Wirtschaftswachstum im Jahr 2023, nicht schlechter als das, was für Deutschland erwartet wird, und besser als die Aussichten für Großbritannien."

Experten waren laut Economist im Frühjahr 2022 "von einem jährlichen Rückgang von 10 Prozent oder mehr" ausgegangen. Der beobachtete Rückgang, so das Fazit der britischen Publikation von Anfang Februar dieses Jahres, reiche bei weitem nicht, "um Wladimir Putins Kriegsanstrengungen zu vereiteln".

Auch die Arbeitslosigkeit bleibe bisher niedrig, auch wenn viele Menschen weniger Lohn erhalten. Es gebe auch bei den Immobilienpreisen keine Anzeichen für einen Absturz.

Die Verbraucherausgaben bremsen die Wirtschaft, aber nicht sehr stark. Für das Jahr 2023 sagt der IWF sogar ein Wachstum von 0,3 Prozent für Russland voraus - eine bessere Leistung als in Großbritannien und Deutschland und nur geringfügig schlechter als in der EU.

Economist

Als wichtigen Faktor dafür, dass die Wirtschaft in Russland in einer stabileren Verfassung ist, als vorhergesagt (auch in Russland gab es Warnungen), nennt Tooze eine kluge Politik der russischen Zentralbank. Dazu nennt er Elvira Nabiullina, die mit kühlem Kopf agiert habe.

Doch, so das Resüme, Russland stünden 2023 schwierigere Zeit bevor, da der Energiesektor zum Dreh- und Angelpunkt einer völlig unausgewogenen politischen Wirtschaft werde, die Investitionen in die Entwicklung neuer Wirtschaftszweige zurückdränge. Auch könne eine zurückgehende Gesamtnachfrage zum Problem werden wie auch die zunehmenden Abhängigkeit von China.