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Neue Partei von Sahra Wagenknecht: Welches Programm sie sich geben sollte

Die Grundlagen einer Partei für Gerechtigkeit und Frieden müssen geklärt werden, meint unser Autor. Was er von der neuen Kraft erwartet.

Die Gründung einer neuen Partei mit Sahra Wagenknecht als zentraler Person steht Anfang 2024 bevor [1]. Ich halte eine solche Partei für nötig und für eine Chance, die politische Landschaft in Deutschland neu in Bewegung zu bringen, soziale und friedenspolitische Positionen zu stärken und insbesondere auch der AfD etwas entgegenzusetzen.

Es muss eine Partei sein, die in populärer und verständlicher Weise die Menschen anspricht und für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, Frieden und internationale Zusammenarbeit, Freiheit und Demokratie sowie Verantwortung gegenüber der Natur und künftigen Generationen steht.

Das politische Spektrum, das eine neue Partei ansprechen und dem sie eine neue politische Vertretung geben muss, ist anders und breiter als das der bisherigen linken Parteien. Ulrich Reitz hat dazu Richtiges geschrieben [2]. Der Begriff "links" wird mittlerweile in erheblichem Maße mit Positionen und Haltungen verbunden wird, die viele dieser Menschen abschrecken, ähnliches gilt für "sozialistisch".

Es ist daher klar, dass sich eine neue Partei nicht als "links" oder auch als "sozialistisch" öffentlich präsentieren sollte, wenn sie erfolgreich sein will. Zugleich muss sie aber die linke und sozialistische Tradition der Arbeiterbewegung in sich aufheben und darf sich davon nicht distanzieren. Sie muss in der Sache im traditionellen Sinne sozial-links sein. So war es ja auch bei der WASG.

Viele, die auf die neue Partei warten, sie aktiv unterstützen wollen oder dafür ansprechbar sind, verstehen sich weiterhin als Linke und als Sozialistinnen oder Sozialisten und waren oder sind noch in der Partei Die Linke oder in anderen linken Parteien politisch aktiv.

Viele haben den "Aufruf für eine populäre Linke" unterstützt. Ich halte für notwendig, dass möglichst viele vernünftige Leute mit fundierten, auch marxistisch qualifizierten Positionen und politischen Erfahrungen aus der Linken und anderen sozial orientierten Parteien, den Gewerkschaften und anderen Verbänden und Vereinen sowie aus Kultur, Medien und Wissenschaften in einer neuen Partei mitmachen oder sie in ihrem Umfeld unterstützen.

Ohne einen "harten Kern" solcher Personen in Funktionen und möglichen Mandaten der Partei und ohne ihre Verbindungen und Wirkung als Multiplikatoren in den gesellschaftlichen Strukturen und der Öffentlichkeit ist eine erfolgreiche und politisch vernünftig orientierte Partei auf die Dauer nicht zu machen.

Sahra Wagenknecht hat selbst in Veröffentlichungen und Gesprächen mehrfach politische Schwerpunktsetzungen, Positionen und Orientierungen geäußert, die mir sinnvoll erscheinen. Vier Politikfelder sollten zentral für das politische Profil der neuen Partei sein:

Ralf Krämer war Mitinitiator der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) und später im Parteivorstand der Linkspartei.

1. für wirtschaftliche Vernunft und die Verteidigung der industriellen Basis und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands. Das ist die Basis für hohen Wohlstand für möglichst viele, sichere Arbeitsplätze und steigende Löhne. Es ist auch die Grundlage für einen erfolgreichen Umbau in Richtung Klimaneutralität.

2. für einen handlungsfähigen und effizienten Staat, der soziale Sicherheit und Arbeitnehmerrechte gewährleistet, soziale Gerechtigkeit anstrebt und Armut bekämpft. Nötig sind Investitionen in die Zukunft, leistungsfähige und bezahlbare Infrastrukturen im Verkehr, Energieversorgung, gute Bildung. Es geht um die Interessen der breiten Mehrheit der Bevölkerung und um gleiche Rechte und Chancen für alle, die dauerhaft hier leben.

3. für Freiheit und offene Rede, Schutz vor Bevormundung, gegen Überwachung, Kontrolle und Manipulation, sei es durch Regierungen, Massenmedien oder Konzerne. Nur so und wenn die politische Macht und Einflussnahme der großen Unternehmen beschränkt wird, kann Demokratie gedeihen.

4. eine Politik für Frieden, Diplomatie, internationale Zusammenarbeit, Interessenausgleich und Entspannung, gegen das Schüren von Konflikten, gegen Krieg und Wirtschaftskrieg, Aufrüstung und neue Blockkonfrontationen.

Gegen Versuche der Diffamierung als "rechts"

Um die notwendige Breite, Ausstrahlungskraft und Verankerung zu erreichen ist es erforderlich, dass diese politischen Zielsetzungen mit verschiedenen Ausprägungen und Konkretisierungen vorgetragen werden, um verschiedene Gruppen anzusprechen und einzubinden. Zugleich muss Versuchen, die neue Partei als "rechts" oder "AfD-nah" zu diffamieren, entgegenwirkt werden.

Die AfD muss klar und sachlich als rechtsextreme, antisozialstaatliche, militaristische und menschenfeindliche Partei kritisiert werden. Die hauptsächliche Abgrenzung sowohl von rechtsextremen wie von anderen rechten und neoliberalen Positionen muss sich allerdings durch die inhaltlichen Positionen der neuen Partei und ihre politisch-inhaltliche Auseinandersetzung mit anderen ergeben, dazu unten mehr.

Es ist erforderlich, dass auch traditionelle Anliegen linker, sozialistischer und marxistischer Kräfte und eine grundsätzliche Kapitalismuskritik in dieser Partei aufgegriffen und aufgehoben werden. Die daran orientierten Personen müssen sich in ihrem Rahmen betätigen und sie mitgestalten können.

Die neue Partei muss eine Verbindung mit der linken und sozialistischen Tradition der Arbeiterbewegung herstellen und den von dort kommenden oder sich neu bewusst dort einordnenden Menschen eine neue politische Heimat bieten. Dies ist auch unverzichtbar um eine starke Verankerung unter gewerkschaftlich Aktiven zu erreichen.

Inhaltlich und bei der öffentlichen Darstellung von Positionen der neuen Partei treten vor dem Hintergrund des hier Dargestellten eine Reihe von politisch-inhaltlichen Widersprüchen auf, mit denen sinnvoll umgegangen werden muss. Teils sind Gratwanderungen erforderlich. Einige möchte ich hier kurz ansprechen:

• Schutz der Industrie und wirtschaftlichen Grundlagen muss abgegrenzt werden von neoliberalen oder anderen kapitalorientierten Forderungen etwa nach ungezielten Steuersenkungen oder Subventionen für Unternehmen oder Schwächung von Schutzregelungen für Arbeitnehmer oder die Umwelt unter dem Label des "Bürokratieabbaus" und der Wirtschaftsförderung. Es geht um eine öffentlich und sozial regulierte Industrie- und Dienstleistungspolitik, im Zentrum stehen öffentliche Investitionsinitiativen.

Und vernünftige und erfolgreiche Wirtschaftspolitik muss sich um die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge und Bedingungen kümmern, ausreichende private und öffentliche Nachfrage, eine vernünftige Zinspolitik, die die Wirtschaft nicht abwürgt, und Regulierung der Finanzmärkte usw.

• Sicherung der Industrie darf nicht bedeuten, deren Behauptungen und Forderungen von deren Lobby kritiklos gegenüberzustehen und das problematische deutsche Entwicklungsmodell der übermäßigen Exportüberschüsse, die zu Lasten anderer Länder Europas gehen, erhalten zu wollen. Es ist und bleibt ökonomisch und sozial sinnvoll, einen allmählichen und gesteuerten Abbau übermäßiger Industrie- und Exportorientierung zu vollziehen.

In den öffentlichen und privaten Dienstleistungen liegen wichtige Bedarfs-, Beschäftigungs- und Wertschöpfungsfelder, die auszubauen sind. Zugleich muss international solidarisch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in anderen Ländern unterstützt werden, Zusammenarbeit zum Nutzen aller gestärkt und dürfen nicht andere Ländern als Gegner behandelt und mit Sanktionen überzogen werden.

• Die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren, und die Einbeziehung von Unternehmern und Mittelstand im Rahmen der neuen Partei, darf nicht die grundsätzliche Parteilichkeit für die abhängig Beschäftigten und ihre Familien untergraben. Auch wenn der Hauptfokus gegen das Finanzkapital und internationale Großunternehmen, vornehmlich US-basierte Fonds und Digitalkonzerne, gerichtet ist, besteht ein allgemeiner Klassengegensatz zwischen Kapital und Arbeit, auch in KMU.

Auf diese Forderungen muss die neue Partei beharren

Die Unterstützung gewerkschaftlicher Forderungen und Kämpfe für höhere Löhne und gute Arbeitsbedingungen, geregelte und kürzere Arbeitszeiten, sozialen Schutz, möglichst flächendeckende Tarifbindung und Mitbestimmung ist unverzichtbar. Vernünftige Wirtschaftspolitik kann nur eine zugleich sozial und ökologisch nachhaltige sein.

• Schutz der industriellen Grundlagen, Schutz der sozialen Interessen und Beachtung der Mobilitäts- und Energiebedürfnisse der Bevölkerung darf nicht bedeuten, dass Klimapolitik abgelehnt oder gering geschätzt wird. Die Notwendigkeit von Klima- und Umweltschutz und einer Politik des Umbaus in Richtung Klimaneutralität darf nicht bestritten, sondern muss grundsätzlich unterstützt werden.

Auch die Gewerkschaften haben erkannt, dass auch nur so die Industrie in Deutschland dauerhaft zu sichern sein wird. Pipelinegas aus Russland ist die bessere Alternative zu LNG- und Frackinggas sowie zu Kohle und Atom als Energiequelle für den Übergang, die längerfristige und grundsätzliche Perspektive sind aber nur die regenerativen Energien.

• Forderungen nach einer Entlastung der arbeitenden Bevölkerung und ihrer Familien mit kleinen und mittleren Einkommen von Steuern und Abgaben sind grundsätzlich sinnvoll. Sie dürfen aber nicht in einer Weise formuliert und überzogen werden, dass sie neoliberalen Parolen von pauschaler Abgabensenkung ("mehr netto") und neoliberaler Politik von Sozialstaatsabbau in die Hände spielen.

Die neue Partei muss sich von dieser klar unterscheiden und abgrenzen, indem sie zugleich die Wichtigkeit öffentlicher und sozialer Leistungen und von deren Stärkung betont. Deren Abbau ist von der Verteilungswirkung her immer noch weit unsozialer als es Abgaben sind, auch wenn diese von der breite Masse gezahlt werden.

Es ist von den finanziellen Dimensionen her unvermeidbar, dass ein entwickelter Sozialstaat überwiegend von den Beschäftigten selbst bezahlt werden muss. Es muss deutlich gemacht werden, dass die Belastung der unteren und mittleren Einkommen dann am meisten gesenkt werden kann, wenn alle ihren angemessenen Beitrag leisten und insbesondere die Reichen und die Unternehmen angemessen hohe Steuern zahlen und bei ihnen Schlupflöcher geschlossen werden.

Forderungen nach einer Vermögensteuer und gerechteren Erbschaftsteuer, die auch große Betriebsvermögen erfasst, sind unverzichtbar. Die Partei muss m.E. klar eine sein, die den Sozialstaat schützen und stärken will. Es sollte deutlich werden, auch als Aufklärung über deren tatsächlich antisoziale und neoliberale Ausrichtung, dass in der Finanz- und Sozialpolitik die grundsätzlichsten Gegner die FDP und die AfD sind.

• Förderung von Bildung und auch Leistungsorientierung in Schulen auch als Bedingung für künftigen Wohlstand durch eine leistungsfähige Wirtschaft darf nicht als verstärkte Eliteorientierung und Selektion verstanden werden, sondern muss auf gleiche Chancen und die Entfaltung der Fähigkeiten möglichst aller gerichtet sein.

Die Betonung der Arbeit und einem darauf gerichteten Leistungsprinzip ist richtig und unterscheidet uns von weiten Teilen der Linken, aber sie muss abgegrenzt werden von einem neoliberalen Verständnis, das bloßen Markterfolg gleich Leistung setzt, Legenden von "jeder ist seines Glückes Schmied" erzählt und den Abbau von Sozialleistungen fordert.

Weiterhin gilt, dass extremer Reichtum nie auf eigener Arbeit beruht, sondern auf der Aneignung der Arbeit anderer, und die Einkommens- und Vermögensungleichheit innerhalb der Länder wie weltweit krass ungerecht und viel zu groß ist.

• Die von bürgerlich-akademisch Linksliberalen betriebene Politik des "Wokeismus", der überzogenen Sprach- und Verhaltensvorschriften und einer "Cancel-Culture" ist abzulehnen, aber zugleich muss wirklichem, absichtsvollen, im schlimmsten Fall gewalttätigem Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder Feindlichkeit gegen anderen Religionen oder Volksgruppen, Sexismus, Queerfeindlichkeit, jeder Art von Menschenfeindlichkeit und Benachteiligung von Menschen aufgrund persönlicher Merkmale klar entgegengetreten werden

Humanistische und linke Positionen

Es gilt der Kern einer humanistischen und linken Position: Alle Menschen haben im Grundsatz gleiche Würde und Rechte, ungleiche Behandlung und soziale Ungleichheit müssen sachlich begründet sein. Aus Kulturkämpfen sollte sich die neue Partei weitgehend heraushalten und weder in die eine noch die andere Richtung besonders profilieren. Sie kann da immer nur mehr verlieren als gewinnen.

• Eine unreflektiert und rein moralisch getriebene Einwanderungspolitik, die "offene Grenzen für alle" propagiert und von den realen negativen Folgen unkontrollierter Massenmigration in den Zielländern wie in den Herkunftsländern nichts wissen und nicht darüber reden will, ist verantwortungslos.

Eine Politik, die Tausende im Mittelmeer ertrinken oder in Lagern verelenden lässt und nichts wirksam gegen Fluchtgründe tut, sondern sie oft durch Sanktionen und das Schüren von Konflikten bis hin zu Kriegen sogar vergrößert, ist menschenverachtend. Eine vernünftige und verantwortungsvolle Migrationspolitik muss beide genannten Herangehensweisen ablehnen und sich den Problemen stellen und sie möglichst human und sozial zu bewältigen versuchen.

Auch kann ein drohender oder bereits bestehender Mangel an Arbeitskräften nicht durch eine massive Fachkräfteeinwanderung gelöst werden, sondern muss vor allem durch Qualifizierung und bessere Bedingungen zur Integration von bisher Erwerbslosen und unfreiwillig nicht oder nur wenig Erwerbstätigen in die Arbeitswelt angegangen werden.

Gleichzeitig wird aber wie bisher auch Einwanderung einen Beitrag leisten müssen, um den Rückgang der einheimischen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zu mildern, sie muss von besserer Integrationspolitik begleitet werden. Rechter und rassistischer Propaganda für ein vermeintlich reines deutsches Volk und gegen Eingewanderte und ihre Nachkommen muss entgegentreten werden.

• Die Nationalstaaten bzw. Territorialstaaten sowie ihre Regionen und Kommunen bleiben die zentrale Ebene demokratischer politischer Gestaltung. Vorstellungen einer Überwindung der Nationalstaaten zugunsten einer "Republik Europa" oder gar einer Weltbürgerschaft haben keine reale Grundlage. Die Europäische Union muss klar kritisiert werden, weil sie einen neoliberalen Kapitalismus befestigt, Aufrüstung und Konfrontationspolitik gegen Russland, China und andere betreibt, und weil sie undemokratisch funktioniert und politische Gestaltungsmöglichkeiten in den Mitgliedstaaten einschränkt.

Deshalb müssen ihre Vertragsgrundlagen und Politik grundlegend umgestaltet werden. Forderungen nach einer Auflösung der EU oder einem Austritt Deutschlands sind aber nicht sinnvoll, sie würden die Basis einer neuen Partei spalten und verkleinern.

• Eine Politik für Frieden und gegen Militarismus und Imperialismus muss gegen die herrschende Politik im eigenen Land, in der EU, aber insbesondere auch gegen die Nato und ihre Führungsmacht USA vertreten und durchgesetzt werden.

Es muss daher eine deutliche Kritik an der westlichen internationalen Politik und an den USA und der Nato vorgetragen werden, aber sachlich und argumentativ. Forderungen nach einem Austritt aus den Militärstrukturen der Nato und einem Abzug der USA und aller ausländischen Truppen aus Deutschland sind richtig, ob und wie sie von der neuen Partei programmatisch und in Wahlkämpfen vertreten werden sollten, muss diskutiert werden, um die notwendige Breite der Partei nicht zu gefährden.

Ganz klar muss sein, aber die Orientierung für sofortige Beendigung von Kriegen durch Verhandlungen, für Abrüstung, Entspannung und Zusammenarbeit statt Konfrontationspolitik und gegen westliche Heuchelei und Doppelstandards.

• Die Positionen müssen möglichst in populärer, nachvollziehbarer und zugespitzter Form vorgetragen und vertreten werden, sie müssen Verstand und Emotionen der Menschen ansprechen. Zugleich ist aber nötig, dass sie sachlich und fachlich fundiert, seriös und grundsätzlich realisierbar sind und dass auf persönliche Abwertung Andersdenkender möglichst verzichtet wird. Überzogener Moralismus und Anforderungen an Einzelne sind abzulehnen, aber zugleich sind ethisch-moralische Grundlagen und Kriterien und die Vermittlung von Orientierungen für das vor allem politische Handeln der Einzelnen wichtig.

Neben der medienvermittelten oder der Ansprache der Öffentlichkeit auf größeren Veranstaltungen ist es auch wichtig, dass Positionen der Partei, bzw. die mit ihr verbunden werden, in fachlichen, wissenschaftlichen, gewerkschaftlichen und Bewegungsdiskursen vertreten werden und dass eine auch theoretisch fundierte Diskussion in der Partei stattfindet. Das sind verschiedene Ebenen und Sphären der politischen Diskussion und Kommunikation, die nicht gegeneinander gestellt werden dürfen, sondern die eine Partei alle bedienen und miteinander kombinieren muss.

Es gibt noch weitere Punkte, bei denen politische Widersprüchlichkeiten auftreten. Sie können nicht einseitig aufgelöst werden, weder in die eine noch die andere Richtung, sondern müssen diskutiert und bearbeitet werden, Abwägungen und ein Spektrum von Antworten sind nötig.

Sahra Wagenknecht wird in der neuen Partei und insbesondere für ihre Darstellung in der Öffentlichkeit eine zentrale Rolle einnehmen. Daneben sind aber auch etliche weitere Personen notwendig, um die Partei nach außen und in verschiedenen Zusammenhängen zu vertreten, um das ganze politische Spektrum und die verschiedenen sozialen Gruppen und Diskursebenen anzusprechen. Viele weitere Personen sind zudem nötig, um die Partei zu organisieren, zu leiten und die vielen praktischen Anforderungen vor Ort zu erledigen.

Es ist unvermeidbar und auch sinnvoll, um verschiedene Gruppen anzusprechen, dass dabei von verschiedenen Personen der Partei auch im Einzelnen andere oder anders betonte Positionen öffentlich vertreten werden, so wie das in allen Parteien der Fall ist.

Auch Widerspruch und sachlich, respektvoll und inhaltlich fundiert ausgetragene kontroverse Diskussionen müssen innerhalb der Partei möglich sein und sind auch erforderlich. Die neue Partei muss sich von der Linken auch dadurch unterscheiden, dass sie das verwirklicht.

Zugleich ist aber erforderlich, dass die in diesen verschiedenen Sphären und Diskursen und von den verschiedenen Personen vertretenen Positionen nicht unvereinbar sind, sondern in einem gemeinsamen Rahmen zusammenpassen. Deshalb ist neben den in der Satzung festzuschreibenden allgemeinen politischen Grundlagen ein Programm der Partei erforderlich.

Zudem sind Programme zu den Wahlen erforderlich, an denen sich die Partei beteiligt. Diese Programme sollten nicht übermäßig lang und detailliert sein, sondern sich auf Schwerpunkte und zentrale Aussagen und möglichst populäre Botschaften konzentrieren und in einer allgemein verständlichen Sprache abgefasst werden.

Ralf Krämer war 2004 einer der Initiatoren der Bildung der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit WASG, die sich 2007 mit der PDS zur Partei DIE LINKE vereinigt hat. Er war viele Jahre im Parteivorstand und hat in der Programm- und Redaktionskommission am Erfurter Parteiprogramm der LINKEN mitgeschrieben. 2022 trat er aus der Partei aus. Weiteres dazu findet sich auf seiner Website [3].


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[1] https://www.telepolis.de/features/Showdown-zwischen-Wagenknecht-und-Partei-Erste-Linke-nehmen-Stellung-9340922.html
[2] https://www.focus.de/politik/deutschland/analyse-von-ulrich-reitz-nur-sahra-wagenknecht-kann-die-afd-jetzt-noch-stoppen_id_197555951.html
[3] https://www.ralfkraemer.de/