Neue US-Zölle: Wenn China nichts mehr zu verlieren hat

Schachfiguren auf China und US Flagge

China hat im Handelsstreitt mit den USA nichts mehr zu verlieren und zeigt sich unnachgiebig.

(Bild: fukomuffin/Shutterstock.com)

US-Präsident Trump droht China mit Zöllen bis zu 50 Prozent. Beijing gibt sich entschlossen: Ökonomen sehen China gerade am Rande des "Punktes ohne Wiederkehr".

Die Handelsspannungen zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften erreichen eine neue Eskalationsstufe: China hat Vergeltungsmaßnahmen gegen die erneute Zolldrohung von US-Präsident Donald Trump angekündigt.

"Die Drohung der USA, die Zölle gegenüber China zu erhöhen, ist ein Fehler auf Basis eines anderen Fehlers", erklärte das chinesische Handelsministerium am Dienstag. "Wenn die USA auf ihrem eigenen Weg beharren, wird China bis zum Ende kämpfen", zitiert die Finanznachrichtenagentur Bloomberg aus einer Stellungnahme des Ministeriums.

Die Reaktion aus Beijing erfolgte nur wenige Stunden nachdem Trump gedroht hatte, zusätzliche Zölle von 50 Prozent auf chinesische Importe zu erheben, sollte China seine bisherigen Vergeltungszölle nicht zurückziehen. Die Volksrepublik gibt sich entschlossen, im Handelsstreit nicht nachzugeben – und sieht sich dabei am längeren Hebel.

Chinesische Behörden signalisieren Entschlossenheit

Um die Märkte zu stützen, haben die chinesischen Behörden bereits Maßnahmen ergriffen. Die Zentralbank lockerte ihren Griff um den Yuan, um die Attraktivität der Exporte zu steigern.

Eine Gruppe staatsnaher Fonds, bekannt als "Nationalteam", kaufte zudem Vermögenswerte an den Finanzmärkten auf. Regierungsvertreter versprachen Kredite zur Marktstabilisierung. Auch eine Vorziehung bestimmter Konjunkturmaßnahmen wurde offenbar erwogen.

Der Yuan rutschte am Dienstag im Onshore-Handel auf den tiefsten Stand seit September 2023 ab. Der Hang Seng China Enterprises Index sprang nach den größten Verlusten seit der Finanzkrise am Vortag um bis zu 3,7 Prozent in die Höhe.

Mit den angekündigten Zollerhöhungen würde sich der kumulative US-Zollsatz auf chinesische Importe in diesem Jahr laut Angaben des Weißen Hauses auf 104 Prozent belaufen – und damit faktisch eine Verdopplung der Einfuhrpreise bedeuten.

Trotz Trumps Warnung, dass "alle Gespräche mit China" über ein Treffen beendet würden, wenn Beijing nicht handele, rief das chinesische Handelsministerium in seiner Erklärung auch zum Dialog auf, um die Streitigkeiten beizulegen. Doch der scheint immer unwahrscheinlicher.

"Nichts mehr zu verlieren"

China nähert sich dem Punkt, an dem das Land in dem sich immer weiter zuspitzenden Handelskrieg mit den USA "nichts mehr zu verlieren hat", schreibt die in Hongkong erscheinende South China Morning Post.

Die Gewinnspanne für Chinas Exportsektor liege derzeit bei rund 30 bis 40 Prozent, so Dan Wang von der Eurasia Group gegenüber der Zeitung. "Wenn die USA Zölle von mehr als 35 Prozent verhängen, würde dies die meisten Gewinne aufzehren – ob der Zollsatz dann 70 Prozent oder sogar 1.000 Prozent beträgt, macht kaum einen Unterschied, da er den direkten Handel Chinas mit den USA im Wesentlichen blockiert."

Alicia Garcia-Herrero, Chefvolkswirtin für den asiatisch-pazifischen Raum bei der französischen Investmentbank Natixis, erklärte, der US-Markt sei für chinesische Produkte ohnehin bereits verschlossen, zumindest für den Direktimport aus China in die USA. Die zusätzliche Zollerhöhung um 50 Prozent sei daher keine wirkliche Drohung mehr.

Stattdessen spiegele sie wider, wie sehr die USA versuchten, China mehr als alle anderen einzudämmen. Dies sei auch schon vor der chinesischen Vergeltung der Fall gewesen, so Garcia-Herrero.

China habe aus zwei Gründen Gegenzölle verhängt: Erstens, weil China von den USA gezielt ins Visier genommen wurde. Zweitens, weil China den Hebel habe, zurückzuschlagen.

Neue Realität für chinesische Exporteure

Trotz der neuen Realität eines dauerhaften Anstiegs der Exportkosten bedeute dies nicht, dass die Ausfuhren aufhören werden, erklärte Wang. Die Ökonomin geht davon aus, dass die Maßnahmen Exporteure motivieren werden, neue Märkte zu erschließen.

"Solange der Yuan stabil bleibt, was derzeit einen Aufwärtsdruck gegenüber dem US-Dollar bedeutet, werden die US-Verbraucher am Ende höhere Kosten tragen als die chinesischen Exporteure", so Wang weiter.

Sollte Trumps jüngste Zollerhöhungsdrohung Realität werden, würde dies den gesamten US-Zollsatz für chinesische Waren auf rund 115 Prozent anheben, sagte Su Yue, Chefvolkswirtin für China bei der Economist Intelligence Unit. Die neuen Zölle kämen zu den bereits bestehenden Sätzen hinzu.

Angesichts der schneller als erwartet eintreffenden Zölle werde die chinesische Regierung ihre dringend benötigten Maßnahmen zur Stärkung des Binnenkonsums verdoppeln, erwartete Su. "Ich habe den Eindruck, dass sich China einer Mentalität des 'Nichts-mehr-zu-verlieren-Habens' nähert", sagte sie. "Wenn sich Beijing wirklich zum Umbau seiner Wirtschaft verpflichten kann, könnte dies möglicherweise sogar kein schlechtes Ergebnis sein."